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Ein Kantenspektrum ist ein farbiger Saum der an einer kontrastreichen Kante entsteht wenn diese durch ein Prisma betrachtet wird Bei Schwarz Weiss Kontrast wird entweder ein rot gelber oder ein violett blauer Farbsaum gesehen Bei ersterem befindet sich die brechende Kante des Prismas auf der weissen Seite des Schwarz Weiss Ubergangs das Ergebnis wird auch warmes Kantenspektrum genannt 1 beim anderen Farbsaum befindet sich die brechende Kante des Prismas auf der schwarzen Seite man spricht auch von einem kalten Kantenspektrum 1 Kantenspektrum eines dunklen Streifens auf hellem Hintergrund links bzw eines hellen Streifens auf dunklem Hintergrund rechts Als Kantenspektrum wird auch das Ergebnis bezeichnet wenn zwei solcher entgegengesetzter farbiger Saume zusammenrucken und sich teilweise uberlagern sodass zwischen den bisherigen Farben eine weitere Farbe entsteht Bei Betrachtung eines schmalen dunklen Streifens vor hellem Hintergrund entsteht das sogenannte Goethe Spektrum Dieses enthalt das von Goethe Pfirsichblut 2 genannte Magenta bzw Purpur 3 eine Farbe die unter den Spektralfarben nicht vorkommt Wenn ein schmaler heller Streifen betrachtet wird ist Grun die funfte Farbe Newton Spektrum Kantenspektren wurden schon im 17 Jahrhundert beschrieben Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Das Phanomen 3 Die Erklarung 3 1 Kantenspektrum eines Spaltes oder weissen Balkens 3 2 Kantenspektrum eines schwarzen Balkens 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenKenelm Digby beschrieb 1644 im Kapitel Of luminous or apparent colours Von Licht und Korperfarben seines Werks Two Treatises 4 dass er das Phanomen farbiger Saume bei einem Prismen Experiment festgestellt hat Dieses Experiment ware im Grunde bereits etwa ein halbes Jahrhundert fruher von Thomas Harriot angestellt worden 5 Zur Erklarung im Speziellen des rot gelben Saums bezog sich Digby noch auf Aristoteles und schrieb dass die Bilder der weissen Licht und der schwarzen Seite Finsternis verschieden abgelenkt und teilweise ubereinander fallen die Entstehung der Farben sich gleichsam auf das Vermischen von Licht und Finsternis reduziert 4 Die Erklarungsversuche Digbys bewertet die Kunsthistorikerin Karin Leonhard so dass diese Farberscheinungen selbst wenn sie bereits als Ergebnis einer prismatischen Streuung verstanden wurden in einem Zwischenbereich zwischen der aristotelischen Farbmischungslehre und zeitgenossischen korpuskularen Lichtkonzeptionen etwa im Farbsystem des Franciscus Aguilonius verblieben 5 Dass weisses Licht die Summe aller Spektralfarben ist die unter anderem mit Hilfe eines Prismas einzeln sichtbar gemacht werden konnen wurde etwa 1700 von Isaac Newton erkannt und beschrieben 6 Statt des direkten Blicks durch ein Prisma erzeugte er das Lichtspektrum aller im weissen Sonnenlicht enthaltenen Farben auf einem Schirm 7 Die beiden Farbsaume konnte er getrennt sichtbar machen indem er den Lichtspalt vor dem Prisma bis fast auf dessen Breite offnete 8 Fast ein Jahrhundert spater blickte Johann Wolfgang von Goethe im Rahmen seiner Arbeit Zur Farbenlehre durch ein Prisma Als er durch ein Fenster in den lichtgrauen Himmel sah nahm er unterschiedlich farbige Saume beidseits der Fenstersprossen wahr Bei Betrachtung aus grosserer Entfernung war das Dunkel zwischen den Saumen verschwunden und ein geschlossenes Farbspektrum zu sehen In diesem Moment sei ihm klar geworden so Goethe dass Newton Unrecht habe Goethes Auffassung nach entstunden Farben nicht durch Teilung des weissen Lichtes sondern nur durch Zusammenwirken von Licht und Finsternis Die Randfarben seien das Resultat einer Bewegung von weisser und schwarzer Flachen ubereinander Das Phanomen Bearbeiten nbsp Abbildung 1 Blick und Fotografie durch ein Prisma nbsp Abbildung 2 Kantenspektren links an dunklem Streifen Balken Goethe Spektrum rechts an hellem Streifen Spalt Newton Spektrum Das subjektiv wahrnehmbare Phanomen lasst sich fotografisch dokumentieren Die Funktion des Auges Linse und Netzhaut wird vom Fotoapparat Objektiv und Fotofilm oder digitaler Bildsensor ubernommen Abbildung 1 Abbildung 2 zeigt Fotos schwarzer auf weisses Papier geklebter Papierstreifen Balken linke Spalte und weisser auf schwarzes Papier geklebter Papierstreifen rechte Spalte Sie sind ohne und mit Prisma aufgenommen und untereinander gestellt erste und zweite Reihe Die Reihen zwei bis vier enthalten Bilder von nacheinander schmaleren Streifen Die gleiche Anderung des Eindrucks wird auch bei sukzessiver Vergrosserung des Abstands zwischen Objekt und Beobachter erreicht Die farbigen Saume bestehen im Gegensatz zum Lichtspektrum nur aus zwei bis drei Farben Es sind dies die langwelligen Farben Rot und andere wenn unterhalb der Kante Weiss ist Lage des Prismas wie in Abbildung 1 Ist Weiss oberhalb der Kante besteht der Saum aus kurzwelligen Farben Violett und andere Beide Saume eines Streifens rucken zusammen wenn dieser schmaler wird Schliesslich fliessen beide Saume zu einem einzigen Farbbild zusammen Das beim Spalt entstandene Farbbild ahnelt dem Lichtspektrum und wird trotz geringeren Farbreichtums gelegentlich Newton Spektrum genannt Abbildung 2 unten rechts 9 Dementsprechend wird das beim Balken entstandene Farbbild gelegentlich Goethe Spektrum auch Umkehrspektrum 10 Abbildung 2 unten links genannt 9 Die Erklarung BearbeitenDie von Goethe gesehenen Kantenspektren widerlegen die Teilung des weissen Lichtes nicht sondern sind als Folge seiner Spektralzerlegung erklarbar 11 12 Kantenspektrum eines Spaltes oder weissen Balkens Bearbeiten Der bei einem Spektroskop verwendete Spalt muss schmal sein damit sich die mit je einer Spektralfarbe erzeugten Spaltbilder nicht wesentlich uberlappen sodass das Farbspektrum aufgelost bleibt Daher konnen die Versuche nur bei starkem Kontrast zwischen Lichtquelle und Umgebungslicht beziehungsweise in der dunklen Kammer 13 durchgefuhrt werden Die Spalt Bilder Balken Bilder vieler unterschiedlicher Farben 12 sind beim Kantenspektrum wegen des relativ breiten Spaltes weissen Balkens so breit dass sie sich grosstenteils uberlappen und in der Addition ein vorwiegend weisses Bild ergeben Nur die Farben Rot und Violett in den beiden Spektrums Randern bleiben satt in den beiden Saumen erhalten Ihre Nachbarfarben Orange und Gelb beziehungsweise Blau und Cyan werden zunehmend heller und verlieren sich in der weissen Mitte Wird der Spalt schmaler so verschwinden das rot orange und das blaue Spalt Bild aus der Mitte Man nahert sich dem ublichen mit einem Spektroskop gesehenen Spektrum bei dem in der Mitte statt Weiss Grun auftritt 12 Die vorher vorhandene totale Mischung weisses Licht wird ruckgangig gemacht es findet eine Entmischung statt Kantenspektrum eines schwarzen Balkens Bearbeiten Bei dunner werdenden Balken uberlappen sich je ein Saum von den beiden ihn einschliessenden unendlich breiten Spalten sogenannte Halbspalte vom Balkenrand aus gesehen Auf die bisher schwarze Mitte fallen zuerst je ein rotes und ein violettes Teilbild Es wird Magenta sichtbar was sich leicht als das Ergebnis einer additiven Farbmischung der beiden ubereinanderfallenden reinen Saum Rand Farben Rot und Violett erklaren lasst Im Unterschied zum Grun beim weissen Balken wird das Magenta zunehmend heller wenn der Balken schmaler wird Es treten alle anderen farbigen Teilbilder hinzu empfunden wird schliesslich nur noch eine weisse Flache Die anfanglich erkennbare Zerlegung des weissen Lichtes in Farben durch das Prisma ist aufgehoben Die Farben sind wieder total gemischt worden Literatur BearbeitenJohann Wolfgang von Goethe Zur Farbenlehre Tubingen 1810 Online Maurice Martin Die Kontroverse um die Farbenlehre Novalis Verlag 1979 ISBN 3 721 40055 0 Ingo Nussbaumer Zur Farbenlehre Entdeckung der unordentlichen Spektren edition splitter wien 2008 ISBN 978 3 901190 38 4 Einzelnachweise Bearbeiten a b Aus Olaf L Muller Mehr Licht Goethe mit Newton im Streit um die Farben Auszugsweise Online auf www farbenstreit de Zur Zeit Goethes wurde das spatere Purpur heute vorwiegend Magenta Pfirsichblut genannt Sabine Schimma Asthetik und Experiment in Goethes Farbstudien Bohlau Verlag 2013 S 399 doi 10 7788 boehlau 9783412216184 a b Digby Kenelm Two Treatises in One of Which the Nature of Bodies in the Other the Nature of Man s Soul is Looked Into in Way of Discovery of the Immortality of Reasonable Souls Paris 1644 und in diversen Nachdrucken z B Online bei biodiversitylibrary org a b Karin Leonhard Bildfelder Stilleben und Naturstucke des 17 Jahrhunderts Oldenbourg Akademieverlag 2013 ISBN 978 3050063256 S 384 f Isaac Newton Opticks or a treatise of the reflections refractions inflections and colours of light London 1704 Das durch einen engen Spalt anfallende Lichtspektrum ist farbreicher als das bei Betrachtung eines schmalen weissen Streifens entstehende Spektrum Es ist ebenfalls farbreicher als das bei Betrachtung eines schmalen schwarzen Streifens entstehende Goethe Spektrum Isaac Newton Optik Thun und Frankfurt M 1996 und 1998 S 104 06 Prop VIII Aufg 3 Vgl Ingo Nussbaumer Zur Farbenlehre Entdeckung der unordentlichen Spektren edition splitter wien 2008 ISBN 978 3 901190 38 4 S 62 a b Ingo Nussbaumer Uber die Eigenart komplementarer Spektren Memento vom 1 Februar 2014 im Internet Archive Vortragsmanuskript bei Arbeitstagen fur Physiker und Physiklehrer der Anthroposophischen Gesellschaft Freien Hochschule fur Geisteswissenschaft Naturwissenschaftliche Sektion Dornach ab S 4 PDF 768 kB Die entstehenden Farben sind zu denen des Newton Spektrums komplementar Hermann von Helmholtz Ueber Goethe s naturwissenschaftliche Arbeiten a b c Lutz Wenke Friedrich Zollner Manfred Tettweiler Hans Joachim Teske Sonne und Wahrheit frei nach Goethe Carl Zeiss Vision GmbH PDF Memento vom 25 Februar 2014 im Internet Archive ein von Goethe verwendeter polemisch gemeinter Begriff fur die Arbeitsweise Newtons Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kantenspektrum amp oldid 243157479