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John Payne Collier 11 Januar 1789 in London 17 September 1883 in Maidenhead war ein englischer Shakespearekritiker Er ist auch fur eine Reihe von Manuskriptfalschungen des beruhmten Dramatikers bekannt John Payne Collier Inhaltsverzeichnis 1 Reporter und Anwalt 2 Umstrittener Shakespearegelehrter 3 Moderne Sichtweisen 4 Literatur von und uber Collier 5 EinzelnachweiseReporter und Anwalt BearbeitenSein Vater John Dyer Collier 1762 1825 war ein erfolgreicher Journalist Seine Verbindungen zur Londoner Presse ermoglichten seinem Sohn eine Position als leitender Redakteur Kritiker und Reporter am Morning Chronicle einer Zeitung die zwischen 1769 und 1862 in London aufgelegt wurde und fur die u a auch Charles Dickens ab 1834 schrieb Dort blieb er bis 1847 fur einige Zeit war er auch als Reporter fur The Times tatig Er wurde 1819 vor das Unterhaus zitiert weil er einen verzerrten Bericht uber eine Rede von Joseph Hume geschrieben hatte Er trat zwar schon 1811 in die Anwaltskammer Middle Temple ein wurde aber erst 1829 in den Anwaltsstand berufen Diese Verzogerung war zum Teil auf die Indiskretionen bei der Veroffentlichung seines justizkritischen Buches Critisism on the Bar 1819 unter dem Pseudonym Amicus Curiae zuruckzufuhren Umstrittener Shakespearegelehrter BearbeitenIn seiner Freizeit beschaftigte er sich mit Shakespeare und dem fruhen englischen Drama Nach einigen kleineren Veroffentlichungen produzierte er 1825 1827 eine Neuauflage von Robert Dodsleys Old Plays und 1833 einen Zusatzband mit dem Titel Five Old Plays 1831 erschien sein dreibandiges Werk History of English Dramatic Poetry to the Time of Shakespeare and Annals of the Stage to the Restoration 1 eine schlecht zusammengestellte aber akzeptable Arbeit 2 Es verschaffte ihm den Posten eines Bibliothekars bei William Cavendish 6 Duke of Devonshire und spater den Zugang zu den zentralen Sammlungen der fruhen englischen Literatur im ganzen Konigreich insbesondere zu den Schatzen von Bridgewater House in Westminster 1847 wurde er zum Sekretar der Koniglichen Kommission fur das British Museum berufen welches drei Jahre spater in sein heutiges Domizil ziehen sollte 3 Collier nutzte diese Gelegenheiten um eine Reihe literarischer Erfindungen hervorzubringen In den folgenden Jahren behauptete er einige neue Dokumente entdeckt zu haben die Shakespeares Leben und Arbeit betrafen Nachdem Arbeiten wie New Facts New Particulars und Further Particulars respecting Shakespeare erschienen waren und einer Uberprufung so weit wie moglich standgehalten hatten produzierte Collier 1852 das beruhmte Perkins Folio Hierzu nutzte er eine Kopie des Second Folio von 1632 vergl Shakespeares Folio und fugte handschriftliche Anmerkungen ein und erfand auch den Namen Perkins den er auf die Titelseite schrieb In diesem Buch so behauptete Collier befanden sich zahlreiche Manuskriptausgaben Shakespeares aus der Hand eines alten Lektors Er veroffentlichte diese angeblich neu entdeckten Korrekturen 1852 als Notes and Emendations to the Text of Shakespeare Notizen und Korrekturen zu den Texten Shakespeares und nahm sie ein Jahr spater kuhn in seine nachste Ausgabe Shakespearescher Werke auf 4 Die Echtheit wurde sogleich von Samuel Weller Singer 1783 1858 in seiner noch im selben Jahr erschienenen Schrift The Text of Shakespeare vindicated from the Interpolations and Corruptions advocated by John Payne Collier esq in his notes and endations 5 angezweifelt und ebenso von Andrew Edmund Brae in Literary Cookery with Reference to Matter Attributed to Coleridge and Shakespeare 1855 welcher auch interne Beweise anfuhrt 6 1859 wurde der Foliant von seinem Eigentumer dem Duke of Devonshire Experten des British Museum ubergeben die angefugten Korrekturen erwiesen sich unbestreitbar als Falschungen der Neuzeit Collier wurde 1860 von Nicholas Hamilton in seiner Untersuchung entlarvt 7 Der Punkt ob Collier betrogen habe oder selber getauscht worden sei wurde offen gelassen aber seine unstreitigen Falschungen im Zusammenhang mit dem Grunder des Dulwich College dem Schauspieler Edward Alleyn 1566 1626 haben wenig Zweifel gelassen Ersteres anzunehmen Er hatte fur die Shakespeare Society die Memoiren von Edward Alleyn im Jahr 1841 herausgegeben Dieser Ausgabe liess er 1843 die Alleyn Papers und 1845 das Tagebuch von Philip Henslowe folgen Als der Verkauf seiner Bibliothek im Jahr 1884 den Zugang zu einer Abschrift ermoglichte die er vom Tagebuch angefertigt hatte mit den Einschuben die den Dulwich Falschungen entsprechen wurde bestatigt dass er den Namen Shakespeares in einen echten Brief in Dulwich interpolierte ebenso konnten die falschen Eintrage in Alleyns Tagebuch als aus Colliers Feder stammend bestatigt werden Seitdem kann keine Aussage und kein von Collier bearbeitetes Manuskript ohne Verifizierung hingenommen werden allerdings hat er fur die Shakepeareforschung auch viel nutzliche Arbeit geleistet Er stellte 1865 einen wertvollen Bibliographischen und kritischen Bericht der seltensten Bucher in englischer Sprache Bibliographical and Critical Account of the Rarest Books in the English Language zusammen er druckte eine grosse Anzahl von fruhen englischen Traktaten von extremer Seltenheit nach und leistete guten Dienst fur die zahlreichen Antiquariatsgesellschaften mit denen er verbunden war insbesondere in den Ausgaben die er fur die Camden Society und die Percy Society produzierte Sein Old Man s Diary Tagebuch eines alten Mannes welches er 1871 72 schrieb ist ein aufschlussreiches Dokument obwohl auch hier der Makel der gewollten Ungenauigkeit nicht fehlt So ist letztlich das was Collier als entlarvte Falschungen in die Welt gesetzt hat der Nachwelt eher in Erinnerung geblieben als seine durchaus respektablen und nicht zu beanstandenden Veroffentlichungen Er starb am 17 September 1883 in Maidenhead wo er auch lange wohnte Moderne Sichtweisen BearbeitenIm spaten 20 Jahrhundert versuchten einige Wissenschaftler eine Neubewertung Colliers welche ihn auch von dem Vorwurf der Falschung entlasten sollte Hier war Dewey Ganzel 1927 2011 emeritierter Professor fur englische Literatur am Oberlin College eine treibende Kraft In seiner 1982 veroffentlichten Studie Fortune and Men s Eyes 8 beschreibt er dass Colliers Anklager angefuhrt von Frederic Madden weitgehend von Neid und Klassendunkel geleitet waren sie waren Dilettanten in einer gesellschaftlich hoheren Klasse entschlossen einen niederklassigen aber entschlossen und hart arbeitenden sowie talentierten Streber herunterzumachen Was fur Collier sprach war die Tatsache dass eben nicht alle Anschuldigungen einer kritischen Betrachtung standhielten So behauptete der amerikanische Psychiater Samuel A Tannenbaum dass Collier alle Eintrage des Master of the Revels gefalscht habe ein Vorwurf der weit uber die tatsachlich getatigten Vergehen hinaus schoss 9 In der wissenschaftlichen Meinung jedoch gilt Colliers Schuld weiterhin als belegt Samuel Schoenbaum erwahnt in der Debatte uber Colliers Fall einen erdruckenden Hinweis den Ganzel in seiner Abhandlung unterschlug 1875 im hohen Alter mehr als 30 Jahre nach Veroffentlichung des Perkins Folios behauptete Collier in einem Brief im Besitz einer Sammlung voller kurzer Anmerkungen und Notizen John Miltons 1500 davon zu sein full of Milton s brief notes and references 1500 of them Zu dieser Zeit war Colliers Ruf bereits angeschlagen sodass er keine weitere Falschung mehr herausgeben konnte Wahrend die Miltonsammlung tatsachlich existiert in der New York Public Library sind die handschriftlichen Anmerkungen jedoch nicht von Milton 10 Eine zweibandige Studie von Arthur Freeman und Janet Ing Freeman die 2004 veroffentlicht wurde unterzog die Beweise eine erneuten Uberprufung und kommt erneut zu dem Schluss dass Collier ein Falscher war 11 Hierauf erwiderte Ganzel Er Arthur Freeman nimmt Colliers Schuld an und das fuhrt dazu dass er Colliers Arbeit in der Erwartung eines Betrugs begegnet Meine Studie ergab was der unwiderlegbare Beweis dafur war dass er Opfer einer Verschworung war an der Frederick Madden beteiligt war Freeman beginnt mit einem Verbrecher ich habe versucht mit einem Menschen man zu enden Freeman sagt indem man das Urteil uber Colliers Schuld aufhebe verschenke man die Moglichkeit ihn uberhaupt zu verstehen Diese Verwirrung fuhrt lediglich zu einer Art Erklarung der Ereignisse die er beschreibt und das ist fur mich nicht sehr befriedigend Der Punkt ist doch dass die Verbrechen nicht bewiesen sind sondern die Tater sind es 12 Schonbaum verwies auf ein offensichtliches Gestandnis in Colliers Tagebuch In den letzten Jahren seines langen Lebens druckte Collier Momente der Reue in seinem Tagebuch aus Am 19 Februar 1881 schrieb er I have done many base things in my time some that I knew to be base at the moment and many that I deeply regretted afterwards and up to this very day Ich habe in meiner Zeit viele unehrenhafte Dinge getan von denen ich bereits zum Zeitpunkt der Tat wusste dass sie unehrenhaft sind und viele die ich danach und bis zum heutigen Tage zutiefst bedauert habe Samuel Schoenbaum Shakespeare s Lives New York Oxford University Press 1970 S 361 Und am 14 Mai 1882 I am bitterly sad and most sincerely grieved that in every way I am such a despicable offender I am ashamed of almost every act of my life My repentance is bitter and sincere Ich bin bitter traurig und aufrichtig betrubt daruber dass ich in jeder Hinsicht ein so verabscheuungswurdiger Straftater bin Ich schame mich fur fast jeden Akt meines Lebens Meine Reue ist bitter und aufrichtig Samuel Schoenbaum Shakespeare s Lives New York Oxford University Press 1970 S 361 Frank Kermode fugte hinzu dass Colliers Reue wesentlich hilfreicher ware wenn er seine Falschungen und Falsifikate benannt hatte 13 Jedoch verfugt Collier weiterhin uber Fursprecher Ganzel fuhrt Colliers wie er schreibt Bekenntnis in seinem Tagebuch auf die Tatsache zuruck dass jener bestimmte christliche Glaubenssatze nicht akzeptiert habe Ein Artikel unter dem Namen To forge or not to forge vom Ururenkel Colliers Richard J Westall veroffentlicht im Marz 2010 in der genealogischen Zeitschrift Family History Monthly fasst die Beweise und Zitate in einer Nachricht die Collier kurz vor seinem Tode an seine Tochter sandte zusammen I have written much in verse and prose but can confidently say that I never produced a line either in verse or prose that was calculated to be injurious either to morality or religion Ich habe viel in Versen und Prosa geschrieben kann aber getrost sagen dass ich nie eine Zeile verfasst habe weder in Versen noch in Prosa die als moralisch oder religios verletzend betrachtet wurde Westall zitiert einen Brief von Arthur Freeman an ihn worin dieser angibt dass das Autorenpaar nie von einer Schuld Colliers ausgangen sei bevor es die Beweise gesichtet hatte Westall merkt an dass dies mit der Aussage im Werk der Freemans kollidiere in welcher sie jene verunglimpfen die edelmutig die Verurteilung Colliers aufhoben und dass dieser Umgang verhindere seinen Vorfahren in seiner Gesamtheit zu verstehen forfeits the opportunity to explain him at all 14 Literatur von und uber Collier BearbeitenArthur Freeman Janet Ing Freeman John Payne Collier Scholarship and Forgery in the Nineteenth Century Yale University Press 2004 Auflistung aller Werke Colliers in der Deutschen Digitalen Bibliothek Gesamtverzeichnis von John Payne Colliers Briefverkehr in Englischen Nationalarchiv C M Ingleby Complete View of the Shakespeare Controversy 1861 onlineEinzelnachweise Bearbeiten John Payne Collier The history of English dramatic poetry to the time of Shakespeare and Annals of the stage to the restoration J Murray London 1831 online Review of The History of English Dramatic Poetry to the time of Shakespeare and Annals of the Stage to the Restoration von J Payne Collier In The Quarterly Review Januar 1832 S 477 518 hathitrust org Louis Alexander Fagan The Life of Sir Anthony Panizzi Band 1 S 257 Friedrich August Leo John Payne Collier Beitrage und Verbesserungen zu Shakespeare s Dramen Nach handschriftlichen Aenderungen in einem von J Payne Collier Esq aufgefunden Exemplare der Folio Ausgabe von 1632 A Asher und comp Berlin 1853 englisch und deutsch online lesen in Archive org Samuel Weller Singer The Text of Shakespeare Vindicated W Pickering London 1853 online Andrew Edmund Brae Hrsg Literary Cookery with Reference to Matter Attributed to Coleridge and Shakespeare Smith 1855 S 12 englisch eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Nicholas Hamilton Hrsg An inquiry into the genuineness of the manuscript corrections in Mr J Payne Collier s annotated Shakspere folio 1632 and of certain Shaksperian documents likewise published by Mr Collier By N E S A Hamilton R Bentley London 1860 S 176 englisch online lesen in Archive org Dewey Ganzel Fortune and Men s Eyes The Career of John Payner Collier New York Oxford University Press 1982 F E Halliday A Shakespeare Companion 1564 1964 Baltimore Penguin 1964 S 109 Samuel Schoenbaum Shakespeare s Lives New York Oxford University Press 1970 Seiten 332 61 Arthur Freeman und Janet Ing Freeman Hrsg John Payne Collier Scholarship and Forgery in the Nineteenth Century New Haven Yale University Press 2004 ISBN 978 0 300 09661 3 S 1483 englisch 0 300 09661 5 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Dewey Ganzel personliches Schreiben vom 31 August 2005 an Richard J Westall Frank Kermode London Review of Books 16 Dezember 2004 Fraud and forgery in family history Family History Monthly Ausgabe 180 Marz 2010 Normdaten Person GND 100832806 lobid OGND AKS LCCN n50029197 VIAF 49275505 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Collier John PayneKURZBESCHREIBUNG britischer LiteraturwissenschaftlerGEBURTSDATUM 11 Januar 1789GEBURTSORT LondonSTERBEDATUM 17 September 1883STERBEORT Maidenhead Abgerufen von https de wikipedia org w index php title John Payne Collier amp oldid 230929849