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Die Hamburger Markuspassion ist eine Vertonung der Passion nach Markus die wohl um 1702 entstand Der Komponist ist nicht zweifelsfrei identifiziert als wahrscheinliche Kandidaten wurden Reinhard Keiser dessen Vater Gottfried Keiser sowie Friedrich Nicolaus Bruhns genannt Besondere Relevanz erhalt das Werk da es nachweislich mehrfach durch Johann Sebastian Bach aufgefuhrt wurde Es darf nicht mit Bachs eigener Markuspassion BWV 247 verwechselt werden Inhaltsverzeichnis 1 Quellenlage 2 Autorschaft 3 Werk 4 Bachs Umgang mit dem Werk 5 EinzelnachweiseQuellenlage BearbeitenHeute existieren zwei anonyme Partiturabschriften in der Staatsbibliothek zu Berlin und der Staats und Universitatsbibliothek Gottingen sowie das Auffuhrungsmaterial Bachs mit der Komponistenangabe Sigr R Keiser auf dem Umschlag 1 2 Die drei Fassungen weichen deutlich voneinander ab Weiter liegen zwei Textdrucke einer Hamburger Auffuhrung von 1707 durch den Dom Kantor Friedrich Nicolaus Bruhns der sich selbst Brauns schrieb vor Drei Sinfonien sowie ein Choral Wenn ich einmal soll scheiden werden in den Textdrucken nicht erwahnt sind aber in allen drei Fassungen enthalten Man geht also davon aus dass der Textdruck auf der originalen Kompositionsfassung basiert und dass dieser die genannten vier Satze erst spater hinzugefugt wurden Auf die so erweiterte Version gehen dann die drei erhaltenen Fassungen unabhangig voneinander zuruck Die Gottinger Version fugt ihrerseits zwei Sinfonien einen Choral sowie funf weitere Arien alle aus gedruckten Werken Reinhard Keisers hinzu Die Berliner Partitur ist kurzer da sie zwar sieben neue Arien einfuhrt jedoch vier originale Arien und den Schlusschor auslasst 3 Bach scheint zunachst die Passion in ihrer Originalversion aufgefuhrt zu haben dabei aber die beiden abschliessenden Chorsatze durch eigene auf den gleichen Text ersetzt zu haben In seinen spateren Auffuhrungen nahm er weitere Anderungen vor dazu unten Autorschaft BearbeitenBachs Angabe liess zunachst auf den Komponisten Reinhard Keiser schliessen der zu Bachs Lebzeiten sehr bekannt war so dass ihm auch Johann Mattheson 1740 einen Artikel in seinen Grundlagen einer Ehrenpforte widmete Da Reinhard Keisers Passionsvertonungen aber erst wesentlich spater entstanden und dem moderneren Stil des poetischen Oratoriums folgen 4 erscheint diese Angabe nicht unbedingt glaubwurdig Mattheson weist in seinem Artikel uber Reinhard Kaiser allerdings auch auf dessen Vater Gottfried Keiser hin und bemerkt dieser habe in Hamburg gelebt und der Domkantor Friedrich Nicolaus Brauns sei noch im Besitz einiger seiner Partituren 5 Brauns wird auch in den Textdrucken als Leiter der Auffuhrung genannt So wird heute entweder dieser oder Gottfried Kaiser als Komponist angenommen Da Werke Gottfried Keisers die einen Stilvergleich ermoglichen wurden nicht erhalten sind 6 ware Brauns Autorschaft die zwangloseste aber nicht wirklich bewiesene Annahme Wie die Partitur dann in Bachs Hande gekommen ist lasst sich nicht mehr rekonstruieren Werk BearbeitenDie Passio Iesu Christi Secundum Marcum ist eine oratorische Passion wie sie im fruhen 18 Jahrhundert ublich war Sie beginnt laut Textdruck nach einer einleitenden funfstimmigen Sonata mit einem Chorsatz Jesus Christus ist um unser Missetat willen verwundet sie schliesst mit dem Chorsatz O selig ist Dazwischen wird der Chor nur fur einen Choral und als Turba eingesetzt Insgesamt neun betrachtende Arien fur alle vier Stimmlagen der Bass ist mit einer einzigen Arie etwas sparsam bedacht gliedern die Passion Wie in den Passionen der Entstehungszeit ublich ubernimmt der Tenor die Rolle des Evangelisten die Worte Jesu Vox Christi werden vom Bass gesungen Das Werk setzt in seiner fruhesten Fassung ein funfstimmiges Streichorchester mit geteilten Bratschen ein wie es auch Bach noch bis zum Fruhjahr 1715 regelmassig verwendete 7 Die in allen anderen Fassungen hinzugefugten Satze verwenden immer das moderne vierstimmige Streichorchester mit einfach besetzter Bratsche Bachs Umgang mit dem Werk BearbeitenWie erwahnt hat Bach offenbar die Markuspassion in seiner Zeit in Weimar in der Form aufgefuhrt wie er sie vorfand lediglich die beiden abschliessenden Chorsatze O hilf Christe Gottes Sohn und O Traurigkeit o Herzeleid ersetzte er durch eigene Vertonungen der gleichen Texte 8 Aufgrund mehrerer Indizien 9 konnte die Auffuhrung mit einiger Sicherheit auf den Karfreitag 1713 datiert werden 10 wobei Bach in diesem Jahr allerdings noch keine Verpflichtung zu solchen Aufgaben hatte 1726 in Leipzig fuhrte er die Passion dann in ahnlicher Form ein weiteres Mal auf Dabei nahm er Anderungen an seinen zuvor selbst komponierten Satzen vor die offenbar durch eine in Leipzig abweichende Melodie des Kirchenliedes notwendig wurden da hier sechs Strophen notiert wurden konnte die Gemeinde einzelne Strophen mitgesungen haben 11 Die Einfuhrung eines neuen Chorsatzes So gehst du nun mein Jesu hin der aus stilistischen Grunden kaum von Bach selber stammen wird bildete einen Zwischenabschluss nach der Halfte und erlaubte so das Werk in zwei Teile zu teilen die vor und nach der Predigt gespielt werden konnten Moglicherweise hat Bach das Werk in den Folgejahren noch ein weiteres Mal in Leipzig aufgefuhrt doch ist dies nicht belegt Jedenfalls fertigte er ca 1747 48 noch einmal neue Stimmen an offenbar fur eine weitere Auffuhrung Erst bei dieser Gelegenheit nahm er dann grossere Anderungen vor indem er vier der Arien durch insgesamt sieben Arien aus Georg Friedrich Handels Brockes Passion ersetzte 12 die ubrigens ebenfalls fur Hamburg geschrieben war Bei diesem Vorgang blieb jede Arie an der entsprechenden Stelle der Passionshandlung 13 Vor allem aber ersetzte Bach den sechs achtstrophigen Schlusssatz O Traurigkeit o Herzeleid durch eine weitere Arie Handels und einen knappen eigenen Schlusschoral In dieser Bachs letzter Fassung wandelte sich das Werk von einer bearbeiteten Hamburger Markuspassion in ein Pasticcio montiert aus den Rezitativen und Turbae der Hamburger Passion sowie den Arien von Handels Brockes Passion Einzelnachweise Bearbeiten Daniel R Melamed Zum Text und Kontext der Keiser Markuspasion in Bach Jahrbuch 1999 S 35ff Daniel R Melamed Bachs Auffuhrung der Hamburger Markus Passion in den 1740er Jahren in Ulrich Leisinger Hrg Bach in Leipzig Bach und Leipzig Hildesheim 2002 ISBN 3 487 11591 3 S 289 Daniel R Melamed Zum Text und Kontext der Keiser Markuspasion in Bach Jahrbuch 1999 im Web S 41 R Petzoldt Die Kirchenkompositionen und weltlichen Kantaten Reinhard Keisers 1674 1739 1935 S 29 Johann Mattheson Grundlagen einer Ehrenpforte im Web S 126 Daniel R Melamed und Reginald L Sanders Zum Text und Kontext der Keiser Markuspassion in Bach Jahrbuch 1999 S 35ff Christoph Wolff Johann Sebastian Bach 2 Auflage 2007 S Fischer Frankfurt am Main ISBN 978 3 596 16739 5 Kirsten Beisswenger Bachs Eingriffe in Werke fremder Komponisten Bach Jahrbuch 1977 im Web S 147 Handschrift und Wasserzeichen Mitwirken eines aus 1714 bekannten Kopisten sowie dem Vorliegen einer bezifferten Cembalostimme in diesem Jahr wurde die Orgel repariert Andreas Glockner Johann Sebastian Bachs Auffuhrungen zeitgenossischer Passionsmusiken Bach Jahrbuch 77 1991 im Web Andreas Glockner Johann Sebastian Bachs Auffuhrungen zeitgenossischer Passionsmusiken Bach Jahrbuch 77 1991 S 78 Eine satzweise Gegenuberstellung der Versionen findet sich in Daniel R Melamed Bachs Auffuhrung der Hamburger Markus Passion in den 1740er Jahren in Ulrich Leisinger Hrg Bach in Leipzig Bach und Leipzig Hildesheim 2002 ISBN 3 487 11591 3 S 292ff Kirsten Beisswenger Markus Passion Passions Pasticcio nach Reinhard Keiner und Georg Friedrich Handel in Bach Fest Buch 69 Leipzig 1994 S 110 115 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hamburger Markuspassion amp oldid 213254501