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Die H Regelung ist ein Verfahren zur Systemanalyse und Reglersynthese aus dem Bereich der robusten Regelungstechnik Zur Anwendung des Verfahrens muss die Regelungsaufgabe als Optimierungsproblem formuliert werden was einen relativ hohen mathematischen Aufwand erfordert Die Vorteile des Verfahrens liegen in der breiten Anwendbarkeit im Bereich von SISO und MIMO LTI Systemen der Erweiterbarkeit auf nichtlineare Probleme und bei gutem Design sehr robust performanten Regelungsergebnissen bei Gewahrleistung der Stabilitat Beim modellbasierten Reglerentwurf fliessen stets Unsicherheiten in die Regelung ein welche durch die Modellerstellung entstehen Eine Regelung kann dann als robust bezeichnet werden wenn sie unempfindlich gegenuber diesen Modellungenauigkeiten ist die Regelgute also nicht stark beeintrachtigt oder gar die Stabilitat gefahrdet wird Die Grundlage des H Entwurfs ist die Modellierung der bekannten Modellunsicherheiten was zu einer erweiterten Ubertragungsfunktion fuhrt die dann Grundlage zur numerischen Berechnung des H Reglers ist Die Bezeichnung H ruhrt aus der mathematischen Theorie welche dem Verfahren zu Grunde liegt und bezeichnet die Vektornorm eines Hardy Funktionenraum Inhaltsverzeichnis 1 Die H Norm 2 Modellierung der Unsicherheiten 2 1 Parametrische Unsicherheiten 2 2 Dynamische Unsicherheiten 3 Linear Fraction Representation 3 1 Beispiel 4 H Reglersynthese 5 Siehe auch 6 LiteraturDie H Norm Bearbeiten nbsp SISO SupremumDie H displaystyle mathcal H infty nbsp Norm ist eine Vektornorm fur den Hardyraum H p displaystyle mathcal H p nbsp mit p displaystyle p to infty nbsp Im mathematischen Kontext stellen Hardyraume Spezialfalle der L p displaystyle L p nbsp Banachraume dar in welchen holomorphe Funktionen auf ihre Integrierbarkeit untersucht werden konnen Der H displaystyle mathcal H infty nbsp Raum beinhaltet entsprechend alle holomorphen Funktionen jeder Funktionswert ist in C displaystyle mathbb C nbsp komplex differenzierbar die in der oberen rechten Halfte der komplexen Ebene Re s gt 0 displaystyle operatorname Re s gt 0 nbsp beschrankt sind Eine mathematische Norm die einem Raum zugeordnet ist charakterisiert die Grosse eines Objekts dieses Raums also z B die Lange bzw der Betrag eines Vektors Im Falle der in der Systemtechnik interessierenden Ubertragungsfunktionen beschreibt die H displaystyle mathcal H infty nbsp Norm den Maximalwert des Amplitudengangs einer untersuchten Ubertragungsfunktion Im SISO Fall bedeutet dies einfach G s sup w G j w displaystyle G s infty underset omega operatorname sup left G j omega right nbsp Die allgemeine Berechnungsvorschrift des Supremums lautet sup w G j w lim p G j w p d w 1 p displaystyle underset omega operatorname sup left G j omega right lim p to infty left int infty infty left G j omega right p d omega right 1 p nbsp Im MIMO Fall wird hingegen der maximale Singularwert der Ubertragungsmatrix ermittelt G s sup w s G j w displaystyle underline G s infty underset omega operatorname sup overline sigma left underline G j omega right nbsp Modellierung der Unsicherheiten BearbeitenDie Modellierung der Unsicherheiten die bei der Modellerstellung vorliegen ist die Basis fur den spateren Reglerentwurf Es ist wichtig hier sorgfaltig vorzugehen denn eine Optimierung in eine falsche Richtung kann mehr Schaden anrichten als dass eine robuste Regelung synthetisiert wird Modellunsicherheiten lassen sich unterscheiden in parametrische und dynamische Unsicherheiten Parametrische Unsicherheiten Bearbeiten Parametrische Unsicherheiten sind dem Namen nach bei der Modellidentifikation schwankende oder allgemein variante Parameter Dargestellt wird eine solche Unsicherheit durch einen nominellen Wert des unsicheren Parameters p displaystyle p nbsp zuzuglich eines Unsicherheitsterms p p nom 1 h p d p displaystyle p p text nom cdot 1 eta p delta p nbsp mit d p 1 displaystyle delta p leqq 1 qquad nbsp und d p h p p p nom R displaystyle delta p eta p p p text nom in mathbb R nbsp Dabei sind h p displaystyle eta p nbsp eine dimensionslose relative Schwankung p nom displaystyle p text nom nbsp ein nomineller Wert des Parameters gewohnlich in der Mitte des Schwankungsbereichs und d p displaystyle delta p nbsp die Unsicherheitsvariable Ausmultipliziert kann h p p nom displaystyle eta p cdot p text nom nbsp mit der Parameterunsicherheit W p displaystyle W p nbsp ersetzt werden p p nom W p d p displaystyle p p text nom W p delta p nbsp Dynamische Unsicherheiten Bearbeiten nbsp Additive und multiplikative dynamische UnsicherheitDynamische Unsicherheiten entstehen durch bei der Modellidentifikation nicht berucksichtigte oder bei einer Modellordnungsreduktion verloren gegangene Dynamiken Dynamische Unsicherheiten sind frequenzabhangig und konnen auf verschiedene Arten vorliegen In der Abbildung rechts ist ein System mit einer additiven und einer multiplikativen Unsicherheit mit dem jeweiligen Unsicherheitsgewicht W displaystyle W nbsp und der Unsicherheitsmatrix D displaystyle Delta nbsp dargestellt Je nach Art der dynamischen Unsicherheit wird das unsichere System bzw die unsichere Systemmatrix bzgl des nominellen Systems folgendermassen gebildet jeweils mit D G 1 displaystyle underline Delta G infty leqq 1 nbsp Multiplikative Unsicherheit am Eingang G G nom I D G W G displaystyle underline G underline G text nom cdot underline I underline Delta G underline W G nbsp Multiplikative Unsicherheit am Ausgang G I D G W G G nom displaystyle underline G underline I underline Delta G underline W G cdot underline G text nom nbsp Multiplikative Unsicherheit invers am Eingang G G nom I D G W G 1 displaystyle underline G underline G text nom cdot underline I underline Delta G underline W G 1 nbsp Multiplikative Unsicherheit invers am Ausgang G I D G W G 1 G nom displaystyle underline G underline I underline Delta G underline W G 1 cdot underline G text nom nbsp Additive konnen in multiplikative Unsicherheiten transformiert werden Linear Fraction Representation Bearbeiten nbsp Komplettes System in LFR DarstellungNach der Definition der Unsicherheiten und vor der Anwendung der H displaystyle mathcal H infty nbsp Algorithmen zur Reglersynthese muss zunachst das Systemmodell zusammen mit den Unsicherheiten in die LFR uberfuhrt werden Bei der LFR werden den Zustandsgleichungen virtuelle Ein und Ausgange hinzugefugt um die unbekannten Unsicherheitswerte d i displaystyle delta i nbsp zu eliminieren bzw von den bekannten Werten zu trennen Am Ende steht das folgende LFR System mit der Reglermatrix K displaystyle underline K nbsp untere LFR und der Unsicherheitsmatrix D displaystyle underline Delta nbsp obere LFR siehe rechte Abbildung Dabei sind w z displaystyle w z nbsp hinzugefugte virtuelle Ein und Ausgange d e displaystyle d e nbsp aussere Storung gewichteter virtueller Fehler u y displaystyle u y nbsp Stell und Ruckfuhrvektor K displaystyle K nbsp ReglermatrixBeispiel Bearbeiten Die Dampfung eines P T 2 displaystyle PT 2 nbsp Gliedes sei unsicher T 2 x 2 d T x x K u displaystyle T 2 ddot x 2dT dot x x Ku nbsp mit d d nom 1 h d d d displaystyle d d text nom cdot 1 eta d delta d nbsp x K u T 2 2 d nom T x 2 d nom h d T x d d w d x T 2 displaystyle ddot x frac Ku T 2 frac 2d text nom T dot x frac 2d text nom eta d T underbrace dot x delta d mathrel widehat w d frac x T 2 nbsp Zur Eliminierung von d d displaystyle delta d nbsp wurde der virtuelle Eingang w d displaystyle w d nbsp hinzugefugt Dazu passend wird der Ausgang z d x w d z d d d displaystyle z d dot x rightarrow w d z d delta d nbsp hinzugefugt wodurch die Ruckfuhrung geschlossen werden kann und trotz Eliminierung kein Informationsverlust entsteht Aus dem unsicheren System x x y 0 1 1 T 2 2 d T 1 0 0 K T 2 0 x x u A c b d x u displaystyle left begin matrix dot x ddot x hline y end matrix right left begin matrix 0 amp 1 frac 1 T 2 amp frac 2d T hline 1 amp 0 end matrix right left begin matrix 0 frac K T 2 hline 0 end matrix right left begin matrix x dot x hline u end matrix right left begin matrix underline A hline underline c end matrix right left begin matrix underline b hline d end matrix right left begin matrix underline x hline u end matrix right nbsp wird das erweiterte System P displaystyle underline P nbsp auch G erweitert displaystyle underline G text erweitert nbsp bzw G augmented displaystyle underline G text augmented nbsp x x z d y 0 1 1 T 2 2 d nom T 0 1 1 0 0 0 2 d nom h d T K T 2 0 0 0 0 P x x w d u displaystyle left begin matrix dot x ddot x hline z d y end matrix right underbrace left begin matrix 0 amp 1 frac 1 T 2 amp frac 2d text nom T hline 0 amp 1 1 amp 0 end matrix right left begin matrix 0 amp 0 frac 2d text nom eta d T amp frac K T 2 hline 0 amp 0 0 amp 0 end matrix right underline P left begin matrix x dot x hline w d u end matrix right nbsp Bei dynamischen Unsicherheiten ist das Verfahren analog Bei mehreren Unsicherheiten entsteht eine Diagonalmatrix D displaystyle underline Delta nbsp mit den Unsicherheitswerten skalar und oder frequenzabhangig auf der Diagonalen Die unbekannten Unsicherheitswerte sind nun in upper LFR Struktur von der Strecke getrennt siehe obere Abbildung Konnen sie nicht beziffert werden so mussen sie beim Reglerentwurf vernachlassigt werden was zumeist der Fall ist H Reglersynthese Bearbeiten nbsp Erweitertes System und Regler in Lower LFRIn lower LFR Darstellung stellt sich die erweiterte Strecke P displaystyle underline P nbsp mit der Reglermatrix K displaystyle underline K nbsp wie in der rechten Abbildung dar Das Ziel des Entwurfs ist die Minimierung der Energieubertragung von d displaystyle d nbsp auf e displaystyle e nbsp bzw die Erreichung eines Suboptimums indem ein Wert g displaystyle gamma nbsp unterschritten wird Mit anderen Worten bedeutet dies dass aussere Einflusse moglichst geringe Auswirkungen auf das System haben Das Minimierungsproblem in der H displaystyle mathcal H infty nbsp Norm ausgedruckt lautet also nun F l P K lt g displaystyle underline F l underline P underline K infty lt gamma nbsp F l displaystyle underline F l nbsp ist die Ubertragungsmatrix von d displaystyle d nbsp auf e displaystyle e nbsp und wird auch als Kostenfunktion bezeichnet Mit der gegebenen erweiterten Systemmatrix P A C 1 C 2 B 1 B 2 0 D 12 D 21 0 displaystyle underline P left begin matrix underline A hline underline C 1 underline C 2 end matrix right left begin matrix underline B 1 amp underline B 2 hline 0 amp underline D 12 underline D 21 amp 0 end matrix right nbsp kann nun das Problem uber verschiedene numerische Ansatze gelost werden wenn die folgenden Voraussetzungen erfullt sind A B 1 displaystyle underline A underline B 1 nbsp ist stabilisierbar C 1 A displaystyle underline C 1 underline A nbsp ist beobachtbar A B 2 displaystyle underline A underline B 2 nbsp ist stabilisierbar C 2 A displaystyle underline C 2 underline A nbsp ist beobachtbar D 12 T C 1 D 12 0 I displaystyle underline D 12 T left begin matrix underline C 1 amp underline D 12 end matrix right left begin matrix 0 amp underline I end matrix right nbsp B 1 D 21 D 21 T 0 I displaystyle left begin matrix underline B 1 underline D 21 end matrix right underline D 21 T left begin matrix 0 underline I end matrix right nbsp Die zwei gebrauchlichsten Moglichkeiten zur Losung des Optimierungsproblems sind zum einen das LMI Verfahren Lineare Matrix Ungleichung und zum anderen die Losung von zwei algebraischen Matrix Riccati Gleichungen Der Ablauf von letzterem soll kurz gezeigt werden die Losung ist nur numerisch moglich Die Auslegung kann iterativ wiederholt werden um ein moglichst kleines g displaystyle gamma nbsp zu erreichen Der entstehende Regler besitzt dieselbe Anzahl an Zustanden wie das erweiterte System P displaystyle underline P nbsp Zur Losung der zwei Riccati Gleichungen muss gelten alle Grossbuchstaben sind Matrizen Es existiert ein X displaystyle X infty nbsp sodass X A A T X X 1 g 2 B 1 B 1 T B 2 B 2 T X C 1 T C 1 0 displaystyle X infty A A T X infty X infty left frac 1 gamma 2 B 1 B 1 T B 2 B 2 T right X infty C 1 T C 1 overset 0 nbsp Es existiert ein Y displaystyle Y infty nbsp sodass A Y Y A T Y 1 g 2 C 1 C 1 T C 2 C 2 T Y B 1 T B 1 0 displaystyle AY infty Y infty A T Y infty left frac 1 gamma 2 C 1 C 1 T C 2 C 2 T right Y infty B 1 T B 1 overset 0 nbsp Der grosste Eigenwert des gefundenen X displaystyle X infty nbsp bzw Y displaystyle Y infty nbsp ist kleiner als g 2 displaystyle gamma 2 nbsp r X Y lt g 2 displaystyle rho left X infty Y infty right lt gamma 2 nbsp Mit den gefundenen Matrizen X displaystyle X infty nbsp und Y displaystyle Y infty nbsp synthetisiert sich die Reglermatrix schlussendlich zu K A F Z L 0 displaystyle underline K left begin matrix underline A infty hline underline F infty end matrix right left begin matrix underline Z infty underline L infty hline 0 end matrix right nbsp Dabei sind A A 1 g 2 B 1 B 1 T X B 1 F Z C 2 displaystyle A infty A frac 1 gamma 2 B 1 B 1 T X infty B 1 F infty Z infty C 2 nbsp F B 2 T X displaystyle F infty B 2 T X infty nbsp L Y C 2 T displaystyle L infty Y infty C 2 T nbsp Z I 1 g 2 X Y 1 displaystyle Z infty left I frac 1 gamma 2 X infty Y infty right 1 nbsp Siehe auch BearbeitenRobuste Regelung MobiustransformationLiteratur BearbeitenSigurd Skogestad Ian Postlethwaite Multivariable Feedback Control Analysis and Design Wiley New York 2005 ISBN 0 470 01167 X Huibert Kwakernaak Robust Control and H Optimization Tutorial PDF 1 5 MB Pergamon Press 1992 Keith Glover John Doyle State space formulae for all stabilizing controllers that satisfy an H norm bound and relations to risk sensitivity PDF 531 kB In System amp Control Letters 11 1988 S 167 172 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title H unendlich Regelung amp oldid 221366815