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In der Sozialpsychologie beschreibt Entitativitat inwieweit eine Ansammlung von Individuen als koharente soziale Einheit wahrgenommen wird 1 Dies kann sich sowohl auf die Wahrnehmung der entsprechenden Individuen als auch auf jene Aussenstehender beziehen 2 Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Entitativitat verschiedener sozialer Gruppen 3 Zusammenhang zwischen Entitativitat und gruppenbezogenen Charakteristika 4 Literatur 5 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenDer Begriff wurde 1958 von Donald T Campbell gepragt zur Verdeutlichung warum manche Gruppierungen als Gruppen andere dagegen eher als lose Ansammlung von Individuen betrachtet werden 3 Ein hohes Mass an Entitativitat besagt demnach dass eine bestimmte Gruppierung deutlich als koharente soziale Gruppe wahrgenommen wird Entitativitat kann folglich definiert werden als Wahrnehmung als Gruppe oder auch Gruppenhaftigkeit 4 Diese Eigenschaft kann als Teil der Definition einer sozialen Gruppe herangezogen werden 5 Bei der Entitativitat handelt es sich um eine Eigenschaft die sich einzig auf die subjektive Wahrnehmung begrundet und folglich nicht objektiv bestimmt werden kann 6 Menschen entscheiden intuitiv ob es sich bei einer bestimmten Ansammlung von Personen um eine Gruppe handelt oder nicht Dabei orientieren sie sich an bestimmten Hinweisen So werden zum Beispiel die Zuschauer eines Fussballspiels im Stadion zunachst nur als eine Ansammlung von Individuen betrachtet Wenn diese schliesslich anfangen ahnliche Gefuhle zu aussern und die gleichen Fangesange anzustimmen werden sie eher als Gruppe wahrgenommen das heisst die Entitativitat steigt 7 Entitativitat verschiedener sozialer Gruppen BearbeitenVerschiedene Arten sozialer Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Ausmasses an Entitativitat So weisen Intimgruppen wie zum Beispiel Familien im Allgemeinen die hochste Entitativitat auf Arbeitsgruppen sind demgegenuber etwas weniger entitativ Eine noch geringere Entitativitat zeigen soziale Kategorien wie zum Beispiel Mitglieder einer bestimmten Religionsgemeinschaft Vorubergehende Gruppierungen wie etwa Wartende an einer Bushaltestelle oder Kinobesucher besitzen die geringste Entitativitat 8 Lickel u a 2000 befragten 199 Studenten der University of California wie sie die Entitativitat von 40 unterschiedlichen Gruppierungen bewerten 9 Die Befragten stuften jede der Gruppierungen auf einer Skala von 1 uberhaupt keine Gruppe bis 9 sehr stark eine Gruppe ein Die folgende Tabelle verdeutlicht einige der Ergebnisse Gruppe EntitativitatMitglieder eines professionellen Sportteams 8 27Mitglieder einer Rockband 8 16Familienmitglieder 8 16Freunde die Dinge zusammen unternehmen 7 75Mitglieder einer lokalen Umweltorganisation 7 28Mitglieder eines Orchesters 7 21Mitglieder der Flugbesatzung einer Airline 6 54Mitbewohner 5 62Mitglieder derselben politischen Partei 5 59Angestellte eines ortlichen Restaurants 5 55Frauen 5 16Studenten an einer Universitat 4 75Arzte 4 39Polnische Staatsangehorige 4 36Menschen die klassische Musik mogen 3 93Besucher eines Kinofilms 3 27Menschen an einer Bushaltestelle 2 75Menschen in einer Warteschlange in einer Bank 2 40Tabelle 1 Mittlere Entitativitat ausgewahlter Gruppierungen Daten entnommen von Lickel u a 2000 227 Zusammenhang zwischen Entitativitat und gruppenbezogenen Charakteristika BearbeitenIn Ubereinstimmung hiermit wurde hinsichtlich der Dauer einer Gruppierung eine positive Korrelation mit der Entitativitat festgestellt 10 Studienergebnissen von Lickel u a 2000 zufolge korreliert die Entitativitat ausserdem stark positiv mit dem Ausmass an Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern 11 Widerspruchliche Befunde existieren bezuglich des Zusammenhangs zwischen Gruppengrosse und Entitativitat Es konnte nicht eindeutig geklart werden ob grossere Gruppen eine hohere oder niedrigere Entitativitat aufweisen als kleinere 12 Nach Campbell 1958 wird die Entitativitat einer Gruppierung gefordert wenn die entsprechenden Personen sich in relevanten Punkten ahnlich sind ein gemeinsam geteiltes Schicksal und raumliche Nahe erleben 13 Ahnlichkeit bezieht sich hierbei auf die personlichen Eigenschaften oder das Verhalten der Gruppenmitglieder Ein gemeinsam geteiltes Schicksal besteht sofern die von den verschiedenen Personen erlebten Ereignisse miteinander verknupft sind 14 Diese drei Eigenschaften lassen sich anhand einer Gruppe Studierender verdeutlichen die zusammen an einem Tisch sitzen Die Ahnlichkeit der Studenten besteht beispielsweise darin dass sie alle dasselbe Lehrbuch lesen oder T Shirts mit dem Logo der Universitat tragen Ein gemeinsam geteiltes Schicksal kann sich darin begrunden dass die Studenten zusammen aufstehen und zum Horsaal gehen wobei sie sich miteinander unterhalten Die raumliche Nahe besteht da sie nah beieinandersitzen bzw gehen Im Gegensatz zu Campbell 1958 werten Brewer und Harasty 1996 eine empfundene Ahnlichkeit der Mitglieder einer Gruppe eher als vorangegangene Bedingung fur die Entitativitat statt als deren Konsequenz 15 Die Entitativitat beeinflusst wie viel Handlungsfahigkeit einer Gruppe als Einheit zugesprochen wird Gruppen werden als einflussreicher und gefahrlicher erachtet wenn sie eine hohere Entitativitat aufweisen 16 Des Weiteren beeinflusst die Entitativitat wie einzelne Personen ihre Mitgliedschaft in sozialen Gruppen bewerten Individuen schatzen die eigene Mitgliedschaft in jenen Gruppen am meisten Wert denen sie eine starke Entitativitat beimessen 17 Von Gruppen mit hoher Entitativitat werden auch eher Stereotype gebildet als von weniger entitativen Gruppierungen 18 Literatur BearbeitenR P Abelson N Dasgupta J Park M R Banaji Perceptions of the collective other In Personality and Social Psychology Review 2 1998 S 243 250 M B Brewer A S Harasty Seeing groups as entities The role of perceived motivation In E T Higgins R M Sorrentino Hrsg Handbook of motivation and cognition 3 1996 S 347 370 Guilford Press New York D T Campbell Common fate similarity and other indices of the status of aggregates of persons as social entities In Behavioral Science 3 1958 S 14 21 D R Forsyth Group Dynamics 5 Auflage Wadsworth Belmont CA 2010 ISBN 978 0 495 80491 8 D L Hamilton S J Sherman Perceiving persons and groups In Psychological Review 103 1996 S 336 355 B Lickel D L Hamilton G Wieczorkowska A Lewis S J Sherman A N Uhles Varieties of groups and the perception of group entitativity In Journal of Personality and Social Psychology 78 2 2000 S 223 246 C McGarty B A Haslam J K Hutchinson D M Grace Determinants of perceived consistency The relationship between group entitativity and the meaningfulness of categories In British Journal of Social Psychology 34 1995 S 237 256 B Mullen Group composition salience and cognitive representations The phenomenology of being in a group In Journal of Experimental Social Psychology 27 1991 S 297 323 C Stangor Social Groups in Action and Interaction Psychology Press New York 2004 ISBN 1 84169 407 X Einzelnachweise Bearbeiten Abelson u a 1998 Campbell 1958 Hamilton und Sherman 1996 Stangor 2004 Campbell 1958 Stangor 2004 22 Stangor 2004 McGarty u a 1995 Forsyth 2010 Lickel u a 2000 Lickel u a 2000 227 Lickel u a 2000 Lickel u a 2000 vgl McGarty u a 1995 Mullen 1991 Campbell 1958 Campbell 1958 Brewer und Harasty 1996 Abelson u a 1998 Lickel u a 2000 Stangor 2004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Entitativitat sozialer Gruppen amp oldid 189368496