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Ein Dissidentengesetz war im 19 Jahrhundert ein Gesetz das den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft erlaubte ohne dass man einer anderen Religionsgemeinschaft beitrat wobei man also konfessionslos wurde Geschichte BearbeitenIn der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts setzte sich der Begriff Dissident fur Menschen ohne Zugehorigkeit zu einer anerkannten Religionsgemeinschaft durch Die wahrend der Revolutionen 1848 1849 erhobenen Marzforderungen umfassten auch die Religionsfreiheit als Teil der Menschenrechte In der Folge wurde die Religionsfreiheit auch in die Grundrechte des deutschen Volkes und viele Verfassungen aufgenommen Die Debatte um die Religionsfreiheit drehte sich primar um die Rolle der Staatskirchen und die Abschaffung der Benachteiligungen von Andersglaubigen sowie die Schaffung der Zivilehe um das Problem der Mischehen zu losen Die Vorstellung keiner Religionsgemeinschaft mehr angehoren zu durfen war nicht verbreitet Das preussische Religionspatent vom 30 Marz 1847 regelte erstmals ausdrucklich den Kirchenaustritt ohne den Beitritt in eine andere Kirche Dies war aber eher dem vorgesehenen Prozess geschuldet als dem expliziten politischen Willen 17 regelte dass der Kirchenaustritt personlich vor dem Richter erfolgen musse Vier Wochen spater musste die Erklarung in gleicher Weise wiederholt werden dann war der Kirchenaustritt erfolgt Der Gesetzgeber ging wie selbstverstandlich davon aus dass nach dem Austritt der Eintritt in eine andere Kirche erfolgte Aber um fur die Ubergangszeit zwischen Austritt und Eintritt Rechtssicherheit zu schaffen regelte 16 dass die Vorschriften der Verordnung auch auf diejenigen anzuwenden sei allerdings ohne die sonst vorgesehenen der jeweiligen Kirche die aus der Kirche ausgetreten waren aber noch keiner neuen anerkannten Religionsgemeinschaft beigetreten waren Damit war formal die Moglichkeit geschaffen frei von jeder Religionsgemeinschaft zu sein 1 Mit dem preussischen Gesetz betreffend den Austritt aus der Kirche vom 14 Mai 1873 2 wurde das Recht auf Konfessionslosigkeit uneingeschrankt gewahrt und dies in der Weimarer Republik mit dem Gesetz betreffend den Austritt aus den Religionsgesellschaften offentlichen Rechts vom 30 November 1920 3 bestatigt In Sachsen beschloss der Landtag am 24 Februar 1870 das Dissidentengesetz welches am 20 Juni 1870 vom Konig gegengezeichnet und in Kraft gesetzt wurde Es schuf ein Civilstandsregister fur Menschen die keiner anerkannten Religionsgemeinschaft angehorten 4 In den 1870er und 1880er Jahren folgten Dissidentengesetze rasch in verschiedenen aber nicht allen Staaten so in Wurttemberg 1872 und in Braunschweig 1873 5 Quantitative Bedeutung BearbeitenVon der Moglichkeit aus der Kirche auszutreten wurde zunachst wenig Gebrauch gemacht Im Furstentum Reuss alterer Linie war z B die Moglichkeit seit dem Dissidentengesetz von 1875 geschaffen worden In den offiziellen Volkszahlungen wurden 1890 9 1895 0 1900 1 1905 4 Personen ohne Konfessionszugehorigkeit aufgefuhrt Erst im 20 Jahrhundert stieg die Zahl der Konfessionslosen an und betrug in Reuss a L 1910 dann 74 Personen also etwa 0 1 der Bevolkerung 6 Einzelnachweise Bearbeiten Karl Nauwerck Das preussische Religionspatent vom 30 Mai 1847 1847 Digitalisat GS 1921 S 207 ff GS 1921 S 119 Fritz und Gudrun Sturm Der Kampf um Zivil und Dissidentenehe im Konigreich Sachsen in Stephan Buchholz Heiner Luck Hrsg Worte des Rechts Worter zur Rechtsgeschichte Festschrift fur Dieter Werkmuller zum 70 Geburtstag 2007 ISBN 9783503098170 S 384 ff Teildigitalisat Sebastian Prufer Sozialismus statt Religion die deutsche Sozialdemokratie vor der religiosen Frage 1863 1890 2002 ISBN 9783525351666 S 126 Teildigitalisat Christian Espig Die Soziale Morphologie als methodischer Zugang einer lokalen Religionswissenschaft am Beispiel des Furstentums Reuss a L Diss 2016 S 231 Digitalisat Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dissidentengesetz amp oldid 208561398