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Das Sultanat Dar Sila Dar Sila war eigenstandig zwischen dem Reich von Wadai und Dar Fur bis es nach 1916 endgultig in den Kolonialbesitz von Franzosisch Westafrika des Tschad eingegliedert wurde wo 1999 2002 ein gleichnamiges Departement bestand Die geographische Lage war etwa zwischen 11 45 und 12 15 Nord und 22 15 und 22 45 Ost Nach dem dominierenden Stamm den Daju wurde das Sultanat vereinzelt auch als Dar Daju bezeichnet Der Hauptort war Goz Beida ca 180 km sudlich Abeche Inhaltsverzeichnis 1 Bewohner und Verwaltung 2 Geschichte 3 Volkswirtschaft 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBewohner und Verwaltung BearbeitenDie Herrscherfamilie wurde von den sesshaften Daju gestellt deren Bevolkerungsanteil etwa zwei Drittel betrug 1 Im Land lebten teilweise als Nomaden u a die meist Arabisch sprechenden Stamme der Salamat Terjam Ḥaymat Missiriyya Bani Ḥalba Dazu von mehr sudlicher Herkunft die Kara Gula und Banda von denen viele als Sklaven in das Land verschleppt worden waren In der nordlichen Grenzregion dominierten die Sayar 2 daneben leben dort Masalit und Fur Die Freien masakin unterlagen der Natural Besteuerung durch den Sultan und waren zum Waffendienst verpflichtet Das Land war in vier grossere und etliche kleinere Bezirke unterteilt letztere oft Domanen im Privatbesitz von Angehorigen der Herrscherfamilie die von Beamten verwaltet wurden Sultan Isḥaq Abu Risha gliederte die Bezirke in vier innere unter einem Kamkolak und vier Grenzprovinzen unter einem Maqdum um Die eigentlichen Regierenden residierten in Goz Beida Zu ihrer Versorgung wurden ihnen umliegende Dorfer steuerfrei zugewiesen Den Scheichs der nomadisierenden Stamme in den Grenzgebieten wurde ein Beamter der Zentralregierung zur Seite gestellt oft ein Haussklave oder Verwandter des Sultans dem auch die Aushebung im Verteidigungsfall oblag Geschichte BearbeitenHinweis Die Transliteration von Orts und Personennamen folgt der zur Kolonialzeit verwendeten Jahresangaben bei Herrschernamen beziehen sich auf Regierungszeiten Dar Sila war das sudlichste einer Reihe von Sultanaten die zwischen den Reichen Wadai und Dar Fur lagen nbsp Sohne des letzten Sultans Bakhit verm 1916 Bereits vor der Ankunft der franzosischen Kolonialherren 1909 hatte sich eine orale historische Tradition herausgebildet die den Ursprung des Stammes beschrieb Die Daju waren die erste bekannte Zivilisation im Marra Massiv Danach bestand in der Region Hajar Kadjano ein Konigreich 1417 1612 der Daju bis sie von dort Anfang des 17 Jahrhunderts durch die Tunjur vertrieben wurden Das Zentrum der Daju soll Nyala gewesen sein Die Richtigkeit dieser Tradition wird von der historischen Forschung inzwischen anerkannt Die Geschichte des Stammes ist jedoch erst seit der Regierung des Sultan Anqarib reg ca 1813 1851 belegbar 3 Man zahlte zu der einen oder anderen Zeit Tribut diwan an die grossen Nachbarstaaten ohne dass dadurch ein Vasallenverhaltnis entstand Wahrend der turkischen Besetzung des Dar Fur 1874 82 83 unterwarfen sich die kleineren Sultanate im Norden Dar Sila blieb jedoch von osmanischer Oberherrschaft verschont Man verbundete sich mit Wadai Unter der Fuhrung des spateren Sultan Isḥaq Abu Risha kam es zu einigen kleineren Gefechten mit vorgeschobenen turkischen Posten Sultan Muḥammad Bulad nutzte den Zerfall des Sultanats Dar Fur sich dessen Bezirke Dar Fongoro im Sudosten sowie danach Dar Galfige und Dar Sinyar einzuverleiben Zu dieser Zeit wurden auch Fluchtlinge und Sklaven im Lande angesiedelt letztere besonders im Bereich des Baḥr Azum Zum Staat des Mahdi bestanden zunachst gute Beziehungen die sich unter seinen Nachfolgern verschlechterten Dar Sila unterstutzte wie die anderen kleineren Sultanate die Rebellion des charismatischen Abu Jummayza 4 eines faqih des Dar Fur Im November 1888 gewannen sie zunachst eine Schlacht gegen die Mahdisten die jedoch die Aufstandischen am 22 Februar 1889 besiegten Der dritte Schattensultan des Dar Fur Abul Khayrat Ibrahim 1889 1891 erhielt kurzzeitig Asyl im Lande Er stellte jedoch eine Rebellenarmee aus arabisch sprechenden Nomadenstammen auf Diese wurde vom Sultan in einer einzigen Schlacht 1891 besiegt Ein Grenzkrieg mit Dar Masalit wurde auf Intervention der Wadai 1895 schnell beendet Nach der endgultigen Niederlage der Mahdisten im katastrophalen Hungerjahr 1898 bestieg im immer noch unabhangigen Dar Fur Ali Dinar 1898 1916 den Thron Zwar war dieser ein Gegner Dar Silas er akzeptierte trotzdem eine Tochter des Sultans zur Frau und uberliess Dar Fongoro und Dar Sinyar seinem neuen Schwiegervater Im selben Jahr begann in Wadai nach dem Tode des Sultan Yusuf ein 4 jahriger Burgerkrieg nbsp Koloniale Grenzziehung 1922 Nach 1905 verschlechterten sich die Beziehungen zu Ali Dinar rapide weshalb Sultan Bakhit Abu Risha auf franzosische Unterstutzung zu hoffen begann Nachdem 1909 die franzosische Eroberung des Wadai abgeschlossen war sandte auch der Sultan einen Brief nach Fort Lamy in dem er sich unterwarf Eine im November in Goz Beida einruckenden Militarkolonne sicherte den Franzosen einen Protektoratsvertrag Weiterhin verpflichtete sich der Sultan 5000 Riyal was 15000 Francs oder etwa 400 500 Kuhen entsprach an Steuer al kharaj zu zahlen Der Sultan war jedoch der Ansicht dadurch wurde er gegenuber den Franzosen ein ahnlich lockeres Abhangigkeitsverhaltnis eingehen wie fruher gegenuber seinen machtigen Nachbarn Das Land blieb von den Kampfen der nachsten zwei Jahre im Norden verschont man akzeptierte aber 1912 die Einrichtung einer Garnison in ihrer Hauptstadt Dies fuhrte zu einem Prestigeverlust des Sultans und durch die schnell erfolgende Einfuhrung von barem Geld zu Verwerfungen im Wirtschaftssystem Die Franzosen forderten bald die vollkommene Anerkennung ihrer zivilisatorischen Werte wie die Abschaffung des Sklavenhandels und die Bezahlung aller Steuern in Geld nicht wie bisher teilweise in Naturalien Die franzosischen Truppen wurden im August 1914 abgezogen um gegen die Deutschen in Kamerun zu kampfen Ein letzter Versuch die Unabhangigkeit zu bewahren scheiterte 1915 1916 Der Sultan floh nach Dar Fur Der dortige Sultan war zur gleichen Zeit von den Briten vertrieben worden sodass Bakhit an die Grenze seines Reiches zuruckkehren musste wo er von den Franzosen gefangen und auf Dauer nach Ft Lamy exiliert wurde 5 Die Grenzziehung zwischen britischem und franzosischen Kolonialbesitz erfolgte durch eine Kommission 1921 1922 im Wesentlichen der Wasserscheide zwischen Nil und Kongo folgend 6 7 HerrscherDie Herrscherreihe der Dynastie soweit sie historisch belegbar ist Anqarib ca 1813 1851 Muḥammad Bulad 1851 1879 Isḥaq Abu Risha 1879 1900 Bakhit Abu Risha 1900 1916 Volkswirtschaft BearbeitenIm Gegensatz zu den weiter nordlich gelegenen Sultanaten hat Dar Sila mit 600 bis 800 mm ausreichenden Jahresniederschlag und vergleichsweise artenreiche Vegetation Angebaut werden Hirsesorten und Baumwolle Ebenso ublich ist die Viehhaltung jedoch werden kaum Kamele gezuchtet Eines der wichtigsten Handelsguter waren schwarze Sklaven Ein Teil von ihnen wurde als Haussklaven im Lande behalten diese wurden als Fertit und Kirdi bezeichnet Reine Handelsware die im sozialen Status niedriger stand hielt sich nur kurzzeitig im Sultanat auf ehe sie Richtung Kuste weiterverkauft wurden Frisch Versklavte wurden meist durch bewaffnete Uberfalle auf die nicht muslimischen Volker in den Marschen des sudlichen Wadai beschafft Auf derartigen Expeditionen wurde auch das andere wichtige Exportgut Elfenbein gewonnen Der gesamte Aussenhandel unterlag der Kontrolle des Sultans Die Freien zahlten die islamischen Zakah und Fiṭra Steuern auf geerntetes Getreide und Vieh Bei Ernteausfall waren mithin keine Steuern fallig Eine Mindestmenge war immer steuerfrei Dazu kamen Sonderabgaben auf Honig Ghee und Baumwollstoffe In Durrejahren wurde Getreide aus offentlichen Speichern an Bedurftige verteilt Bezahlt wurde nur in geringem Umfang mit Geld Dem Sultan stand das Eigentumsrecht an entlaufenen Sklaven zu Die erhobenen Steuern wurden zwischen Sultan den ortlichen Beamten und den Malik geteilt Von den unsicheren Verhaltnissen im Westen wahrend des Mahdi Aufstands abgeschreckt benutzten ab den spaten 1870ern deutlich mehr Pilgerkarawanen den Weg uber Goz Beida was den wirtschaftlichen Aufschwung forderte Nach der Eroberung und durch die 1911 beginnende italienische Besetzung von Tripolitanien und der Cyrenaica wurde der Transport von Sklaven durch Karawanen nach Bengasi unterbunden Dazu kam noch die franzosische Politik des ungehinderten Warenverkehrs entlang der Strassen was den Wegezoll abschaffte Der Sultan wurde dadurch zunehmend ab 1912 seiner wichtigsten Einkommensquellen beraubt aus der er seine private Armee finanziert hatte Unter den Herden der Bani Ḥalba wutete zu dieser Zeit auch die Rinderpest 8 Innerhalb des nachsten Jahrzehnts kam es zur Einfuhrung der Bargeldwirtschaft und der vollkommenen Einbindung der Region in das kapitalistische koloniale Wirtschaftssystem Ab 1917 waren alle Steuern die sich nun nach der bebauten Landflache richteten in Geld zu zahlen was erzwungenermassen zum vermehrten Anbau von cash crops fuhrte und so in der Region in Zeiten der Durre oder Uberflutung immer wieder Hungersnote hervorrief Viele der Einwohner mussten sich als Arbeitsmigranten bei Lohnarbeit verdingen Dies geschah zum einen auf den Baumwollplantagen im Niltal aber auch in der franzosischen Armee Erstmals 1932 im dritten Jahr einer katastrophalen Durre kam es zum Steuererlass durch die Kolonialherren 9 Siehe auch BearbeitenKolonialisierung des WadaiLiteratur BearbeitenH Carbou La region du Tchad et du Ouadai Paris 1912 vol II Musa al Mubarak al Ḥasan Tarikh Dar Fur al Siyasi 1882 1898 Khartoum 1970 256S J Hilaire L occupation du Dar Sila rapport du colonel Hilaire sur les operations du 13 au 17 mai 1916 et la reoccupation de Goz Beida In Afrique francaise Renseignements coloniaux XXVII 5 6 S 105 118 Lidwien Kapteijns Mahdist Faith and Sudanic Tradition The History of the Masalit Sultanate 1870 1930 Amsterdam 1982 Uni Amsterdam unpub Diss Lidwien Kapteijns Dar Sila the Sultanate in Precolonial Times 1870 1916 Le sultanat du Dar Sila a l epoque precoloniale 1870 1916 In Cahiers d Etudes Africaines Vol 23 Cahier 92 1983 S 447 470 Lidwien Kapteijns Jay Spaulding Precolonial Trade between States in the Eastern Sudan ca 1700 ca 1900 In African Economic History Vol 11 1982 S 29 62 Le Cheikh Mohammed Ebn Omar el Tounsy 1845 Voyage au Darfour Ubs E Perron Paris Duprat 1851 Voyage au Ouaday Ubs E Perron Paris Duprat Archivalien inArchives nationales section outre mer ANSOM Paris Service historique de l armee de terre SHAT Paris Central Records Office CRO Khartoum Records left by the Mahdists Sudan Archive Durham UniversityEinzelnachweise Bearbeiten Schatzung 1961 Schatzung 1961 3000 Kapteijns 1983 S 448 Vor der Entscheidungsschlacht an Pocken gestorben Lidwien Kapteijns Mahdist Faith and the Legitimation of Popular Revolt in Western Sudan In Journal of the International African Institute Vol 55 1985 No 4 S 393 J Hilaire L occupation du Dar Sila rapport du colonel Hilaire sur les operations du 13 au 17 mai 1916 et la reoccupation de Goz Beida In Afrique francaise Renseignements coloniaux XXVII 5 6 S 105 118 J H Grossard Mission de delimitation de l Afrique equatoriale francaise et du Soudan anglo egyptien Paris 1925 347S P K Boulnois On the Western Frontier of the Sudan In The Geographical Journal Vol 63 No 6 Jun 1924 S 465 477 Fur andere Stamme liegen keine Statistiken vor Es ist anzunehmen dass die sich von Wadai seit 1875 ausbreitende CBPP ebenfalls das Vieh befiel R T Wilson The Incidence and Control of Livestock Diseases in Darfur Anglo Egyptian Sudan during the Period of the Condominium 1916 1956 In International Journal of African Historical Studies Vol 12 No 1 1979 S 65 67 Kapteijns 1962 S 262 264 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dar Sila amp oldid 224099783