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Die Chappuis Absorption ist eine durch das Ozon verursachte Absorption elektromagnetischer Strahlung die sich insbesondere durch die Ozonschicht bemerkbar macht die einen kleinen Teil des Sonnenlichts im Spektralbereich des sichtbaren Lichts absorbiert Westhimmel wahrend der Abenddammerung zur blauen Stunde Die tiefblaue Farbung im Zenit ist auf die Chappuis Absorption zuruckzufuhren Die Chappuis Absorptionsbanden liegen in einem Wellenlangenbereich zwischen 400 und 650 nm Die Kontinuumsabsorption innerhalb dieses recht grossen Spektralbereichs weist zwei ungefahr gleich grosse Absorptionsmaxima bei 575 nm und 603 nm auf 1 2 Im Vergleich zu den ebenfalls durch die Ozonschicht verursachten Absorptionsprozessen im ultravioletten Spektrum der Hartley und der Huggins Absorption ist die Chappuis Absorption deutlich schwacher 3 Sie tragt neben der Rayleigh Streuung zur Blaufarbung des Himmels bei und wirkt sich vor allem bei einem langen Lichtweg durch die Atmosphare aus Deshalb ist die Chappuis Absorption der entscheidende Prozess fur die Farbung des Himmels nach Sonnenuntergang also wahrend der sogenannten blauen Stunde 4 Benannt ist sie nach dem franzosischen Chemiker James Chappuis 1854 1934 der diesen durch das Ozon hervorgerufenen Effekt entdeckte 5 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Physikalische Grundlagen 3 Einzelnachweise 4 WeblinksGeschichte BearbeitenJames Chappuis war im Jahr 1880 wohl der erste der sich mit Ozon befassenden Forscher der die durch dieses Gas verursachte Blaufarbung des Lichts bemerkte Er fuhrte diesen Effekt auf die Absorption im gelben orangen und roten Spektrum zuruck 6 Da zuvor im Jahr 1858 der franzosische Chemiker Auguste Houzeau festgestellt hatte dass die Luft der Atmosphare Spuren von Ozon enthalt vermutete Chappuis dass das Ozon zur Blaufarbung des Himmels beitragen konnte Allerdings war ihm bewusst dass das nicht die einzige Erklarung sein konnte denn der an der Erdoberflache zu sehende blaue Anteil des Lichts ist polarisiert was zwar nicht durch die Absorption des Ozons zu erklaren ist aber durch die zu dieser Zeit bereits bekannte Rayleigh Streuung Und aus der Sicht der Wissenschaftler der damaligen Zeit reichte die Rayleigh Streuung zur Erklarung des blauen Himmels vollkommen aus und der Gedanke dass auch das Ozon etwas dazu beitragen konnte geriet in Vergessenheit 5 In den fruhen 1950er Jahren untersuchte Edward Hulburt den Himmel wahrend der Dammerung um seine Formeln zu verifizieren die Aussagen uber Temperatur und Dichte der oberen Atmosphare auf Basis des an der Erdoberflache gemessenen Streulichts ermoglichen sollten 7 Der Grundgedanke dabei war dass nachdem die Sonne unter dem Horizont verschwunden ist sie nur noch die oberen Schichten der Atmosphare beleuchtet und deshalb die Intensitat des durch die Rayleigh Streuung an der Erdoberflache ankommenden Lichts auf die Anzahl der Teilchen in der jeweiligen Hohe schliessen lasst die zu einem bestimmten Zeitpunkt noch von der Sonne erreicht werden Bei seinen 1952 am Sacramento Peak in New Mexico durchgefuhrten Messungen stellte er fest dass die Intensitat des gemessenen Lichts um den Faktor 2 bis 4 geringer war als der vorausgesagte Wert Diese Voraussage grundete sich auf seine Formeln und die Daten die wenige Jahre zuvor unweit vom Sacramento Peak mittels Raketenaufstiegen in der oberen Atmosphare gemessen worden waren Die Grossenordnung der Abweichungen zwischen der Voraussage und den photometrischen Messungen am Sacramento Peak schlossen einen Messfehler aus Zudem sagte die Theorie voraus dass der Himmel im Zenit wahrend des Sonnenuntergangs blaugrunlich bis grau erscheinen sollte und sich die Farbung wahrend der Dammerung ins Gelbliche verschiebt was sich offensichtlich nicht mit der alltaglichen Beobachtung vertragt dass sich das Blau des Himmels im Zenit wahrend der Dammerung nur unauffallig wandelt Da Hulburt die Absorptionswirkung des Ozons kannte und der Spektralbereich der Chappuis Absorption wenige Jahre zuvor von dem franzosischen Ehepaar Arlette und Etienne Vassy genauer bestimmt worden war machte er den Versuch diesen Effekt in seine Berechnungen einzubeziehen Hiermit konnte er vollstandige Ubereinstimmung zwischen den Messungen und den theoretischen Voraussagen erzielen Die Ergebnisse Hulburts wurden in den folgenden Jahren vielfach bestatigt allerdings scheinen auch damit nicht alle Farbeffekte wahrend des Dammerungsverlaufs bei klarem Himmel in tiefen Lagen erklarbar Hierfur ist es vermutlich erforderlich die spektrale Extinktion durch Aerosole in die Simulationsrechnungen einzubeziehen 8 Unabhangig von Hulburt hatte wenige Jahre vor ihm bereits der franzosische Meteorologe Jean Dubois den Einfluss der Chappuis Absorption bei einer weiteren Farberscheinung des Dammerungshimmels unterstellt Als Dubois im Rahmen seiner Dissertation in den 1940er Jahren den sogenannten Erdschatten untersuchte stellte er die These auf dass auch dieser Effekt auf die Chappuis Absorption zuruckzufuhren sei 5 Diese Vermutung ist aber neueren Messungen zufolge nicht haltbar 9 Physikalische Grundlagen BearbeitenDie Chappuis Absorption ist eine Kontinuumsabsorption im Wellenlangenbereich zwischen 400 und 650 nm die zu einer Dissoziation also dem Auseinanderbrechen des Ozon Molekuls fuhrt Das Absorptionsmaximum liegt bei etwa 603 nm mit einem Wirkungsquerschnitt von 5 23 10 21 cm2 ein zweites etwas kleineres Maximum bei etwa 575 nm hat einen Wirkungsquerschnitt von 4 83 10 21 cm2 2 Die Extinktionsenergie in den Chappuis Banden liegt zwischen 1 8 und 3 1 eV Die Messwerte lassen darauf schliessen dass der Absorptionsvorgang kaum temperaturabhangig ist die Abweichungen betrugen weniger als drei Prozent Im Bereich des Maximums ist die Chappuis Absorption um etwa drei Grossenordnungen schwacher als die Absorption ultravioletten Lichts im Bereich der Hartley Bande 10 Allerdings ist die Chappuis Absorption der einzige nennenswerte Absorptionsprozess in der Erdatmosphare im sichtbaren Bereich des Lichts 11 Uberlagert wird das Absorptionsspektrum der Chappuis Banden am kurzwelligeren Ende von zum Teil unregelmassigen diffusen Vibrationsbanden Die Unscharfe dieser Banden lassen darauf schliessen dass das Ozon Molekul sich nur ausserst kurz in einem angeregten Zustand befindet bevor es dissoziiert 10 Bei dieser kurzzeitigen Anregung handelt es sich hauptsachlich um symmetrische Streckschwingungen aber auch Beitrage von Biegeschwingungen gibt es 1 Eine widerspruchsfreie und mit den experimentellen Daten in Einklang zu bringende theoretische Deutung dieser Vibrationsstruktur war lange ein ungelostes Problem auch heute sind nicht alle Details der Chappuis Absorption theoretisch erklarbar 10 Wie bei der Absorption im ultravioletten Spektrum auch zerfallt das Ozon bei der Chappuis Absorption in ein O2 Molekul und ein einzelnes O Atom Im Gegensatz zur Hartley und der Huggins Absorption verbleibt aber keines der Zerfallsprodukte in einem angeregten Zustand Die Dissoziation in der Chappuis Bande ist der wichtigste photochemische Prozess des Ozons in der Erdatmosphare unterhalb von 30 km daruber uberwiegt die Absorption in der Hartley Bande Aber weder die Hartley noch die Chappuis Absorption stellen trotz der teils hohen Photodissoziationsrate einen effizienten Verlustprozess fur das Ozon der Stratosphare dar da der elementare Sauerstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein O2 Molekul trifft und mit diesem wieder zu Ozon rekombiniert 12 Einzelnachweise Bearbeiten a b Konstanze Bogumil Absorptionsspektroskopie von Ozon und anderen wichtigen atmospharischen Spurengasen mit dem SCIAMACHY Satellitenspektrometer im ultravioletten bis nahinfraroten Spektralbereich Universitat Bremen Dissertation Aalen 2005 S 21 26 online a b J Brion A Chakir J Charbonnier D Daumont C Parisse J Malicet Absorption Spectra Measurements for the Ozone Molecule in the 350 830 nm Region In Journal of Atmospheric Chemistry Band 30 1998 S 291 299 online M Vazquez E Palle P Montanes Rodriguez The Earth as a 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