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Mit Carampane wird in Venedig ein Teil der Insel Rialto bezeichnet in dem ab etwa 1422 vor allem Prostituierte wohnten und arbeiteten In diesem Jahr wurden sie gezwungen vom etwa 1360 eingerichteten Castelletto in ihr neues Quartier in der Gemeinde San Matteo zu ziehen das am Rande der Rialto Insel lag dort wo sich das wirtschaftliche Zentrum befand und wo die meisten Nichtvenezianer hinkamen Inhaltsverzeichnis 1 Muster der Stadtnutzung 2 Regulierungsmassnahmen 3 Ende der Begrenzung auf die Carampane 4 Kurtisanen und Huren 5 Literatur 6 AnmerkungenMuster der Stadtnutzung Bearbeiten nbsp Rio San Cassan mit Ponte delle Tette nbsp Der Ponte delle Tette 45 26 19 8 N 12 19 51 4 O 45 438833333333 12 330944444444Die Stadte der Renaissance neigten zunehmend dazu den stadtischen Raum neu zu deuten und zu nutzen Dabei dachte man haufig in Dichotomien d h etwas befand sich innerhalb oder ausserhalb der Mauern dies oder jenseits eines Flusses oder es war offentlich oder privat sakral oder profan moralisch hochstehend oder niedrig Zudem erkannte man dass die Strassen Gassen und Kanale die Kirchen und sonstigen Gebaude hochgradig manipulierbar waren und fur bestimmte Zwecke umgedeutet werden konnten So wurden Strassen zu bestimmten Anlassen derartig geschmuckt dass sie den Anschein des sakralen erweckten sie wurden zu viae sacrae Wenn Gefangene verurteilt waren wurden sie ostentativ zur Reinigung von ihren Vergehen durch die Strassen gefuhrt so dass diese zu viae purgatoriae wurden Schliesslich war es der unmittelbare Zugriff auf das Umland und dann auf jeden Teil der Stadt der die italienische Renaissance Stadt auszeichnete Ausfuhrende Organe waren die zahlreichen Amter die zu diesem Zweck eingerichtet wurden 1 Lange vernachlassigt wurde die Tatsache dass bestimmte Orte Frauen andere Mannern zugewiesen wurden Orte der Prostitution lagen als moralisch verwerfliche aber als unvermeidlich und fur den Erhalt der Familie nutzliche Einrichtungen im Schnittpunkt dieser Zuordnungen auf Raum Moral und Geschlechter 2 In diesem Sinne zugelassene Orte waren das Castelletto die Rialtobrucke die Fondamenta delle Tette und die Carampane An den Fondamenta delle Tette wo sich auch eine Calle und ein Ponte also eine Gasse und eine Brucke neben der Uferpromenade eines Kanals befanden durften die Prostituierten zum Anlocken der Kunden ihre Bruste unverhullt prasentieren 3 Im 16 Jahrhundert kam das Bedurfnis dazu die Ausbreitung der Syphilis mal francese zu verhindern eine Denkrichtung die bereits durch die Angst vor der Pest von 1347 48 vorgeformt war 4 Schliesslich kamen Argumente der Ordnung fiskalische und Gerechtigkeitsargumente ins Spiel Regulierungsmassnahmen Bearbeiten1460 kam es zu einer Reihe von Regulierungsmassnahmen die z T dem Schutz der korperlichen Unversehrtheit aber auch dem vor Ausbeutung dienen sollten 5 So legte der Rat der Zehn fest dass kein Inhaber einer Taverne einer Gaststatte oder eines Badehauses einer Hure mehr als zwei Dukaten pro Monat fur Wein Lebensmittel und Zimmermiete abnehmen durfte Ohne Erlaubnis der Haupter der Sestieri durften sie weder tagsuber noch nachts die Insel Rialto verlassen ausser samstags bei Strafe von 10 Lire und 10 Peitschenhieben Ebenso durften sie nur in das Bordell wenn sie sich bei Strafe von 10 Lire und 15 Hieben vorher bei den Hauptern des Sestiere gemeldet hatten Auch durften sie nicht als Burgschaft fur irgendetwas eingesetzt werden oder zu ihren Lasten Geld verliehen werden Sollte eine Hure ein Zimmer gegenuber der Kirche San Matteo oder bei der ehemaligen Scuola di San Gottardo nehmen so sollte dieses zugemauert werden Zuhaltern und Anbahnern lenones et ruffiani wurde ihre Tatigkeit die sie ausubten weil sie zu faul waren von eigener Arbeit zu leben verboten ansonsten drohte Verbannung fur zwei Jahre Offenbar waren die Bestimmungen und Strafen die schon 1423 festgelegt worden waren nicht immer zur Anwendung gekommen Die Matrona des jeweiligen Bordells sammelte und verwaltete hingegen samtliche Einkunfte und verteilte sie jeden Monat unter die Huren 6 1539 setzten die Provveditori alla Sanita die Aufseher fur die Gesundheit durch dass die Prostituierten die weniger als zwei Jahre in Venedig gelebt hatten die Stadt verlassen mussten Diese Entscheidung hing damit zusammen dass man furchtete die wegen der Pest aus Mailand vertriebenen Prostituierten wurden nach Venedig kommen Neben ihnen warf die Regierung 4000 bis 5000 Bettler aus der Stadt Ausserdem durften die verbliebenen Huren nicht in der Nahe heiliger Statten also vor allem nicht im Umkreis von Kirchen wohnen und sie durften sie auch nicht betreten wenn Frauen von gutem und respektablem Stand sich dort aufhielten Ausserdem durften sie keine Frauen mehr beschaftigen die junger als 30 Jahre waren umherreisende Dienerinnen durften nicht mehr bei ihnen ubernachten sondern mussten in einem genau zu diesem Zweck ausgewiesenen Haus wohnen das in jeder Gemeinde eingerichtet werden sollte Dass die Forderung alle Huren hinauszuwerfen die weniger als zwei Jahre in Venedig gelebt hatten nicht dauerhaft durchsetzbar war belegt die Tatsache dass der gleiche Beschluss 1572 wiederholt wurde Allerdings wurde die Frist von zwei auf funf Jahre verlangert Zudem verschob sich der Akzent nun auf den Schutz der Jugend vor den Frauen und zugleich versuchte die Regierung zu verhindern dass sich die Frauen wie Manner kleideten und kurzhaarige pilzartige Frisuren zulegten die das Gesicht zum Teil verdeckten Die Haare sollten nach hinten gelegt werden um die Frauen so zu zeigen wie Gott sie ihrer Meinung nach geschaffen hatte Auch wurde den Gondolieri strikt untersagt die Huren auf den Kanalen umherzufahren Ende der Begrenzung auf die Carampane BearbeitenDoch im Laufe des 16 Jahrhunderts gelang es immer weniger die Prostitution auf den engen Bezirk um die Carampane zu begrenzen Zwar bemuhte sich der Senat das Ansprechen von Besuchern des Markusplatzes zu verhindern doch zumindest wahrend des Karnevals und der Festa della Sensa war dies ein aussichtsloses Unterfangen Dabei standen die Frauen oftmals in Gruppen beisammen und sprachen jeden potentiellen Kunden an Dieses massive Auftreten wurde sogar als Grund vermutet warum es lange in Venedig nicht in Mode war durch die Strassen zu flanieren Selbst wenn man mit einem Gondoliere vereinbart hatte man wolle nur zur Erholung ausfahren a spasso wurde man haufig zu einer Kurtisane gefahren Zu dieser Zeit war das Konzept der Carampane also die Huren in einem Quartier zu konzentrieren langst gescheitert und 1498 aufgegeben worden Marin Sanudo erwahnt in seinen Diarien dass es 1519 genau 11 643 Huren in der Stadt gab wenn darin auch eine Ubertreibung liegen mag 7 Am 21 Februar 1543 klagte ein Senatsbeschluss dass exzessiv viele Huren in der Stadt seien und dass man sie in jeder Gasse finde Zudem seien sie so gut gekleidet dass sie leicht mit den anderen Frauen verwechselt wurden Um sie zumindest von den Frauen hoheren Standes abzugrenzen wurde ihnen das Tragen von Gold Silber und Seide untersagt Seide durfte nur Teil der Haube sein Sie durften keine cadenelle Halsketten oder Ringe tragen weder mit noch ohne Edelsteine Daruber hinaus sollten diese Bestimmungen auch dann gelten wenn sie sich gar nicht in Venedig aufhielten In ihren Hausern durften sie nur bescheidenes Mobiliar und nur Stoffe aus Bergamo und Brescia ohne Dekor besitzen Bei dieser Gelegenheit versuchte man auch die meretrices von den ubrigen Frauen abzugrenzen Demnach waren es entweder unverheiratete Frauen die Geschafte und Verkehr comertio et praticha mit einem oder mehreren Mannern hatten oder verheiratete Frauen die nicht bei ihren Ehemannern wohnten die aber ebenfalls comertio unterhielten Kurtisanen und Huren BearbeitenNeben der Tatsache dass sich die Prostitution nie auf die Carampane beschranken liess kam es zu einer Aufwertung der Kurtisane in Abgrenzung von den dortigen Frauen 1535 erschien der Catalogo di tutte le principal et piu honorate cortigiane di Venezia der Namen Preise Qualitaten und Kupplerinnen nannte 8 Die Frauen dieses Ansehens sassen beruhmten Malern Modell und kamen auf diesem Umweg in die Kirchen Den Widerspruch zur permanenten Gefahrdung durch Obrigkeit Diffamierung Krankheit und ungesichertes Altern konnte diese Mythisierung jedoch nicht aufheben Dabei standen die Preisdifferenzen die der Catalogo angibt in einem Verhaltnis von 1 zu 30 Die oberste und uber Geschenke bestbezahlte Gruppe bildeten die cortigiane oneste die ehrbaren Kurtisanen die oftmals nur einen Freier hatten dann folgten die weniger angesehenen cortigiane da candela oder die cortigiane da lume Sie betrieben ihre Geschafte in den Hinterzimmern von Laden und waren auf mehr als einen Freier angewiesen 1524 unterschied erstmals ein Gesetzestext ausdrucklich zwischen Kurtisanen und Huren cortigiane vs putane over meretrice Prostituierte die Madchen bei sich aufzogen und sie adoptierten sicherten sich haufig den Lebensabend indem sie diese nun fur sich arbeiten liessen Die Carampane waren gegen Ende der Republik Venedig ein weniger abgeschlossener Bezirk zudem wurde 1776 der Rio de le carampane zugeschuttet Dort befindet sich heute der Campiello del Bonomo Literatur BearbeitenFederica Bovio Donne di malaffare la prostituzione a Venezia fino alla caduta della Repubblica tesi di laurea Universita Ca Foscari Venedig 2016 online Antonio Barzaghi Donne o cortigiane La prostituzione a Venezia Documenti di costume dal XVI al XVIII secolo Venedig 1980 Giovanni Battista de Lorenzi Leggi e memorie venete sulla prostituzione fino alla caduta della Repubblica Venedig 1884 Doretta Davanzo Poli Il gioco dell amore Le cortigiane di Venezia dal Trecento al Settecento Mailand Berenice 1990 Lord Orford Leggi e memorie venete sulla prostituzione fino alla caduta della republica Venedig 1870 1872 Anmerkungen Bearbeiten Eingehend untersuchten diese Phanomene Edward Muir und Ronald Weissman Social and Symbolic Places in Renaissance Venice and Florence In The Power of Place Bringing Together Geographical and Social Imaginations Hrsg John A Agnew James S Duncan Boston Unwin Hyman 1989 Dennis Romano Gender and the Urban Geography of Renaissance Venice In Journal of Social History 23 2 1989 S 339 353 Nach Tassinis Curiosita veneziane geht dieser Name auf eine Familie Tetta zuruck die 1636 das Burgerrecht erwarb und 1718 dort ein Haus besass Sie stammte aus Sibenik Sebenico Mit der Syphilis befasste sich in Venedig Girolamo Fracastoro De contagione et contagiosis morbis Venedig 1546 Dies und das Folgende nach David Sanderson Chambers Brian Pullan Hrsg Venice A Documentary History 1450 1630 Renaissance Society of America University of Toronto Press 2001 Nachdruck 2004 S 120 129 Iwan Bloch Die Prostitution Bd 1 L Marcus 1912 S 790 Nach Elizabeth Pavan Police des mœurs societe et politique a Venise a la fin du Moyen Age in Revue historique 264 2 1980 241 288 hier S 256 Ein solcher Katalog wurde allerdings nie offiziell herausgegeben sondern es war verboten etwas Derartiges zu drucken wie Elisabeth Pavan anhand einer Prozessakte zeigen konnte Dies Police des mœurs societe et politique a Venise a la fin du Moyen Age In Revue Historique 264 2 1980 S 241 288 hier S 241 Diese im Staatsarchiv Venedig befindliche Akte des Prozesses gegen einen Hieronimo Calepin Stampador stammt von 1561 Dennoch wurde es heimlich gedruckt und zirkulierte unter dem Tisch 45 438777777778 12 331722222222 Koordinaten 45 26 19 6 N 12 19 54 2 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Carampane amp oldid 190964653