Unter dem Begriff Braunschweiger Bewehrung oder Braunschweiger Schutzbewehrung versteht man eine Bewehrung von Schutzräumen in Verbindung mit Beton, die sich durch eine hohe Festigkeit und Stabilität auszeichnet, wie sie für die Errichtung der Wände und Decken von Luftschutzbunkern erforderlich ist. Sie wurde in Braunschweig entwickelt und galt seit 1941 als Standardbauweise für die Luftschutzbunker in Deutschland.
Hintergrund Bearbeiten
Im Zweiten Weltkrieg kam es vermehrt zu Bombardierungen von Städten aus der Luft. Daher wurde der Bau von Bunkeranlagen aus Stahlbeton eine dringliche Aufgabe, um der Zivilbevölkerung einen ausreichenden Schutz zu bieten. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf eine materialsparende und doch effektive Bauweise gelegt. Eine wichtige Rolle übernahm hier die eingebrachte Schutzbewehrung. Diese dient ausschließlich dazu, die Schäden am Gebäude zu minimieren, die durch Einschläge oder Detonationen von Bomben hervorgerufen werden. So soll gewährleistet werden, dass die Schutzsuchenden möglichst sicher untergebracht und nicht durch herabstürzende Gebäudeteile verletzt werden können.
Um eine möglichst effiziente Bauweise für die Bunkeranlagen zu entwickeln wurde an der Technischen Hochschule Braunschweig seit 1939 (andere Quellen sagen 1938, also bereits vor Kriegsbeginn) am 1937 gegründeten Institut für baulichen Luftschutz eine Reihe von Groß- und Modellversuchen durchgeführt. Dadurch sollte erforscht werden, welch Bewehrung für den Bau neuer Luftschutzanlagen am besten geeignet war. Die Anforderungen waren unter anderem ein geringer Verbrauch an Stahl, kostengünstige Herstellung, hohe Schutzwirkung und hohe Festigkeit des Betons. Aus diesen Versuchen wurde eine später als „Braunschweiger Bewehrung“ bezeichnete neue Bewehrungsart entwickelt. Das „Institut für baulichen Luftschutz“ wurde unter der Leitung von Theodor Kristen zu einer führenden Einrichtung auf dem Gebiet der Entwicklung von Bunkeranlagen. Für die Tests auf dem Außengelände im Querumer Forst wurden Bunkermodelle in einer Größe 1:5 hergestellt.
Herkömmlichen Bewehrungen Bearbeiten
Da es bei Betondecken ohne jegliche Bewehrung sowohl außen zu Schäden durch Sprengtrichter als auch im Innenraum zu größeren Absprengungen (Sprenglinsen) kommen kann, wurden diese als Baumaßnahme ausgeschlossen. Auch bei Stahlbetondecken mit einer gleichmäßigen Verteilung der Stahlschichten entsteht ein äußerer Sprengtrichter, jedoch bildet sich innen anstelle der Sprenglinse, bei ausreichender Stahlarmierung, eine Ausbauchung oder Wölbung, welche die Deckenhöhe reduziert. Getestet wurden daher die unterschiedlichen Anordnungen der Stahleinlagen.
Aufbau der Braunschweiger Schutzbewehrung Bearbeiten
Anhand der Testergebnisse wurde begonnen, eine neue Form der Bewehrung zu konstruieren. Diese wurde als „Braunschweiger Schutzwehrung“ bezeichnet und im Juli 1941 als einzige reichseinheitliche Bewehrungsart in den „Bestimmungen für den Bau von Luftschutzbunkern“ festgeschrieben.
Dabei galten als Grundsätze für die Konstruktion, dass rund 60 % des eingebrachten Stahls an der Unter- oder Gebäudeinnenseite verbaut werden musste und dass die Stahlmatten eine große Maschenweite aufweisen sollten. Ausgenommen war die untere (innere), die engmaschiger ausgeführt wurde. Das Stahlgewicht betrug rund 30 kg/m³ und bot trotzdem einen gleichwertigen Schutz wie ähnliche Bauten mit Stahlanteilen von 55 bis 80 kg/m³. Die Schutzwirkung der Braunschweiger Schutzbewehrung gegenüber anderen Bunkertypen wurde in Tests nachgewiesen. Selbst nach vier erfolgten Sprengversuchen hielt sie noch stand, während beispielsweise die kubische Bewehrung schon durchschlagen worden war.
Die Bewehrung weist bei Wänden auf der Innenraumseite dichte Stahleinlagen auf, die nach außen hin immer größere Abstände bilden. Bei den Decken ist diese Bewehrung horizontal angeordnet. Um die gewünschte Festigkeit und die Vorteile der Braunschweiger Schutzbewehrung optimal auszunutzen, dürfen keine Verfahren angewendet werden, die reinen Flüssig-, Guss- oder Pumpbeton verwenden.
Der ursprüngliche Aufbau der Braunschweiger Bewehrung war für Decken mit einer Stärke von 1,40 m konzipiert worden und kam bei der ersten Bauwelle 1940 bis 1941 in Braunschweig zum Einsatz. Die zweite Bauwelle sah Deckenstärken von mindestens 2 m vor, daher musste die Konstruktion an die neuen Vorgaben angepasst werden. Dazu wurden weitmaschige Stahlmatten in unterschiedlichen Höhen verbaut. Weitere zusätzliche Veränderungen erhöhten die Schutzwirkung, wobei das Gewicht der Bewehrung erhalten blieb.
Literatur Bearbeiten
- Studiengesellschaft für Benzinger-Konstruktionen (Hrsg): Die Benzinger-Bewehrung im Beton-, Eisenbeton-, Straßen- und Luftschutzbau. Karlsruhe 1934, OCLC 174236373.
- Th. Kristen, K. Ehrenberg: Die Entwicklung der Schutzbewehrung von Wehrbauten insbesondere LS-Bauten aus Stahlbeton. In: Mitteilungen aus dem Institut für baulichen Luftschutz der Technischen Hochschule Braunschweig. Braunschweig 1944, OCLC 257320993 (ibmb.tu-braunschweig.de, PDF).
- H. Leutz, G. Kern: Bauliche Instandsetzung von Schutzbunkern Zivilschutz. In: Zivilschutz. Verlag Gasschutz und Luftschutz Dr. Ebeling, Koblenz-Neuendorf 1962, Heft 1 S. 20ff. OCLC 33914825 (gsb.download.bva.bund.de, PDF; 21,3 MB).
- K. Ehrenberg, U. Finsterwalder, G. Kern: Sprengversuche an Schutzbauten. Braunschweiger Bewehrung. In: Konvolut aus sieben Teilen. 1981, OCLC 258709119.
Weblinks Bearbeiten
- Bautechnik auf bochumer-bunker.de
- Literatur zur Braunschweiger Bewehrung auf ibmb.tu-braunschweig.de
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Schutzbewehrungen auf amaot.de
Th. Kristen, K. Ehrenberg: Die Entwicklung der Schutzbewehrung von Wehrbauten insbesondere LS-Bauten aus Stahlbeton. In: Mitteilungen aus dem Institut für baulichen Luftschutz der Technischen Hochschule Braunschweig. Braunschweig 1944. - (Memento vom 15. Oktober 2013 im Internet Archive) auf vergessene-geschichte.blogspot.de, abgerufen am 16. Oktober 2013.
- ↑ Dietrich Janßen: Betonieren von Decken und Wänden mit Braunschweiger Schutzbewehrung. 2003 (bunkermuseum.de PDF; 85 kB).
- ↑ Leutz, Kern: Bauliche Instandsetzung von Schutzbunkern Zivilschutz. In: Zivilschutz. Koblenz 1962, Heft 1 S. 20 (gsb.download.bva.bund.de PDF; 21,3 MB).