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Der besondere Kundigungsschutz fur Schwangere gehort als Teil der gesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Mutter und Kind vor und nach der Entbindung zum Mutterschutz Inhaltsverzeichnis 1 Deutschland 1 1 Der Kundigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz 1 1 1 Normzweck 1 1 2 Konkurrenzen 1 1 3 Personlicher Geltungsbereich 1 1 4 Schwangerschaft oder Entbindung 1 1 5 Kundigung durch den Arbeitgeber 1 1 6 Kenntnis des Arbeitgebers 1 1 7 Keine Zustimmung der Aufsichtsbehorde 1 1 8 Schriftform und Begrundungszwang 1 2 Dreiwochige Klagefrist 4 KSchG 1 3 Mutterschutz nach dem AGG 1 3 1 Mittelbarer Kundigungsschutz durch das AGG bei Geschlechtsdiskriminierung 1 3 2 Entschadigung und Schadensersatz nach 15 AGG im Fall diskriminierender Kundigung 1 3 2 1 Entschadigung nach 15 Abs 2 AGG 1 3 2 2 Schadensersatz nach 15 Abs 1 AGG 2 Frankreich 2 1 Kundigungsschutz 2 2 Anspruche der Arbeitnehmerinnen bei Verstossen 3 Siehe auch 4 EinzelnachweiseDeutschland BearbeitenDer besondere Kundigungsschutz fur Schwangere und junge Mutter im deutschen Arbeitsrecht ist in 17 Mutterschutzgesetz MuSchG geregelt Daneben kommt in Ausnahmefallen ein Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG in Betracht In Elternzeit befindliche Mutter geniessen einen zusatzlichen Kundigungsschutz nach 18 Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz BEEG Der Kundigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz Bearbeiten Nach 17 MuSchG kann einer Arbeitnehmerin wahrend ihrer Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nur mit vorheriger Zustimmung der im jeweiligen Bundesland fur den Arbeitsschutz zustandigen Behorde wirksam gekundigt werden Eine ohne Zustimmung erklarte Kundigung jedweder Art ist nichtig 134 BGB Normzweck Bearbeiten Der Normzweck des mutterschutzrechtlichen Kundigungsschutzes besteht darin der werdenden Mutter und der Wochnerin trotz ihrer etwa mutterschaftsbedingten Leistungsminderung oder Arbeitsunfahigkeit den Arbeitsplatz als wirtschaftliche Existenzgrundlage zu erhalten 1 Zugleich soll er vor den psychischen Belastungen eines Kundigungsschutzprozesses schutzen 2 Konkurrenzen Bearbeiten Der Kundigungsschutz nach 17 MuSchG besteht gegebenenfalls neben dem nach 18 BEEG 3 168 SGB IX oder nach KSchG usw Personlicher Geltungsbereich Bearbeiten Der besondere Kundigungsschutz nach 17 Abs 1 MuSchG gilt fur Arbeitnehmerinnen fur Auszubildende und fur die in Heimarbeit Tatigen Ist eine Frau lediglich den in Heimarbeit Beschaftigten gleichgestellt geniesst sie den besonderen Kundigungsschutz nur wenn die Gleichstellung auch auf den Kundigungsschutz des HAG erstreckt ist 17 Abs 1 S 2 MuSchG Im Folgenden wird stellvertretend nur von der Arbeitnehmerin gesprochen Schwangerschaft oder Entbindung Bearbeiten Im Zeitpunkt des Zugangs der Kundigung muss die Arbeitnehmerin schwanger oder das Kind darf nicht alter als 4 Monate sein Eine Schwangerschaft nach Zugang der Kundigung begrundet keinen besonderen Kundigungsschutz Eine irrtumliche Schwangerschaft ebenso wenig Eine Schwangerschaft kann beliebig nachgewiesen werden Ein arztliches Zeugnis nach 15 Abs 2 MuSchG ist am zweckmassigsten Der Kundigungsschutz beginnt gleichzeitig mit der Schwangerschaft Nach der massgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts BAG gilt Folgendes Die Bestimmung des Beginns der Schwangerschaft erfolgt grundsatzlich durch Ruckrechnung um 280 Tage von dem arztlich festgestellten voraussichtlichen Entbindungstermin Die Schwangere genugt deshalb ihrer Darlegungslast fur das Bestehen einer Schwangerschaft im Kundigungszeitpunkt zunachst durch Vorlage der arztlichen Bescheinigung uber den mutmasslichen Tag der Entbindung wenn der Zugang der Kundigung innerhalb von 280 Tagen vor diesem Termin liegt Der Arbeitgeber kann jedoch den Beweiswert der Bescheinigung erschuttern und Umstande darlegen und beweisen aufgrund derer es der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis widersprechen wurde von einem Beginn der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin vor Kundigungszugang auszugehen Die Arbeitnehmerin muss dann weiteren Beweis fuhren und ist ggf gehalten ihre Arzte von der Schweigepflicht zu entbinden Dieses Kundigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt besteht nur dann wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft Kenntnis erlangt und diese Kenntniserlangung fristgerecht ist 4 Nach Beendigung der Schwangerschaft besteht ein Kundigungsschutz nur wenn eine Entbindung stattfand Unter Entbindung ist grundsatzlich die Trennung der Leibesfrucht vom Mutterleib zu verstehen was bei einer Lebendgeburt vollkommen unproblematisch ist Im Falle einer Totgeburt wurde bis 1994 von einer Entbindung gesprochen wenn die Frucht eine Korperlange von 35 cm hatte Nach einer Anderung der Personenstandsverordnung 29 Abs 2 PStV aF gultig ab 1 April 1994 seit 1 Januar 2009 31 Abs 2 PStV entsprechend den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO von 1977 gelten nunmehr Kinder als tot geboren oder in der Geburt verstorben wenn das Gewicht der Leibesfrucht mindestens 500 g betragen hat vgl BAG 15 Dezember 2005 2 AZR 462 04 zu B I 1 d der Grunde Auch eine solche Totgeburt ist als Entbindung anzusehen Dies gilt auch im Fall eines Schwangerschaftsabbruchs wenn sich das Kind schon bis zu einem Stadium entwickelt hatte in dem es zu einem selbstandigen Leben wenn auch nur kurz grundsatzlich fahig war vgl BAG 15 Dezember 2005 2 AZR 462 04 zu B I 1 der Grunde Eine tot geborene Leibesfrucht von geringerem Korpergewicht als 500 g gilt dagegen als Fehlgeburt 31 Abs 3 PStV die keine Entbindung im Sinne des Mutterschutzgesetzes bedeutet Bei einer Fehlgeburt besteht der Schutz vor Kundigungen nur aber eben auch bis zum Zeitpunkt der Trennung der Leibesfrucht vom Mutterleib 5 Der Tod des Kindes nach der Entbindung oder seine Freigabe zur Adoption beseitigen nicht den Kundigungsschutz 2016 wurde von der Bundesregierung ein Gesetzentwurf eingebracht der das Mutterschutzrecht reformieren und auch die Schutzfristen bei Fehlgeburten andern soll Nach dem Text des Entwurfes sollte das Gesetz am 1 Januar 2017 in Kraft treten Dieser Termin wurde konnte im weiteren Verlauf nicht eingehalten werden 6 Kundigung durch den Arbeitgeber Bearbeiten 17 Abs 1 MuSchG erfasst jede Art von Kundigungen jedoch nur Kundigungen Wird die Arbeitnehmerin befristet beschaftigt und wird sie vor dem Befristungsende schwanger fuhrt dies nicht zur Unwirksamkeit der Befristung Kenntnis des Arbeitgebers Bearbeiten Der besondere Kundigungsschutz besteht nur dann wenn der Arbeitgeber bei der Abgabe der Kundigungserklarung von der Schwangerschaft wusste oder rechtzeitig nachtraglich von ihr erfuhr Konkreter Der Sonderkundigungsschutz besteht nach 17 Abs 1 S 1 MuSchG nur wenn a der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kundigungserklarung von der Schwangerschaft wusste oder b die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Schwangerschaft innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kundigung mitteilt oder c die Arbeitnehmerin die Zweiwochenfrist uberschreitet dies jedoch auf einen von ihr nicht zu vertretenden Grund beruht insbes Unkenntnis von der Schwangerschaft und die Mitteilung unverzuglich nachgeholt wird Wie die Schwangere den Arbeitgeber informiert ist freigestellt Es sollte jedoch auf eine Weise geschehen dass die Mitteilung sicher nachgewiesen werden kann falls der Arbeitgeber die Information bestreitet Die Mitteilung muss nicht durch die Schwangere hochstpersonlich erfolgen Sie kann auch durch eine von ihr autorisierte Person erfolgen Die Mitteilung kann auch im Rahmen einer Kundigungsschutzklage erfolgen jedoch sollte parallel dazu der Arbeitgeber direkt informiert werden um die obigen Fristen nicht zu versaumen Der Arbeitgeber ist der Vertragspartner der Arbeitnehmerin Kenntnis der Vertreter Organe oder Personalverantwortlichen des Arbeitgebers wird dem Arbeitgeber zugerechnet ist also genugend Es reicht nicht aus die Schwangerschaft einem einfachen Vorgesetzten ohne Personalverantwortung dem Betriebsrat oder dem Betriebsarzt mitzuteilen Auch sollte man sich nicht darauf verlassen dass man die Information schon weitergibt Das Risiko tragt insoweit die Schwangere Wahrt die Schwangere die Zweiwochenfrist nicht ist auch eine spatere Mitteilung im Ausnahmefallen moglich Jedoch nur dann wenn die Arbeitnehmerin nach Kenntniserlangung unverzuglich 121 BGB d h ohne schuldhaftes Zogern den Arbeitgeber informiert Die Arbeitnehmerin ist fur das Vorliegen dieser Voraussetzungen darlegungs und beweispflichtig Keine Zustimmung der Aufsichtsbehorde Bearbeiten Eine Kundigung ohne Zustimmung der Aufsichtsbehorde ist unwirksam Dabei ist davon auszugehen dass eine Zulassigerklarung der Arbeitsschutzbehorde vor Ausspruch der Kundigung vorliegen muss 7 Eine solche Zustimmung darf nur in besonderen Fallen erteilt werden und ist in der Praxis selten Sie zu beantragen ist Sache des Arbeitgebers Um die Erteilung kann im Verwaltungsrechtsweg gestritten werden Der Arbeitgeber kann schon dann kundigen wenn die Zustimmung der Aufsichtsbehorde noch nicht bestandskraftig ist Die ausgesprochene Kundigung wird jedoch ruckwirkend unwirksam wenn die Erklarung der Zulassigkeit auf einen Rechtsbehelf hin aufgehoben wird Bis dahin ist sie schwebend wirksam 8 Die Erklarung der Zulassigkeit einer Kundigung gemass 17 Abs 2 Satz 1 MuSchG ist eine Ermessensentscheidung die einen besonderen Fall voraussetzt bei dem aussergewohnliche Umstande ausnahmsweise die vom Gesetz als vorrangig angesehenen Interessen der Schwangeren hinter die des Arbeitgebers zurucktreten lassen Ob ein solcher besonderer Fall vorliegt ist gerichtlich voll uberprufbar aber bei Stilllegung Schliessung eines Betriebes in aller Regel anzunehmen es sei denn die Arbeitnehmerin kann im Unternehmen anderweitig auf einem fur sie geeigneten Arbeitsplatz beschaftigt d h dorthin umgesetzt werden Ist dies nicht moglich bewirkt die Betriebsstilllegung dass eine wesens und sinngerechte Fortsetzung des Arbeitsverhaltnisses aus tatsachlichen Grunden unmoglich wird so dass die Zustimmung zur Kundigung gerechtfertigt und auch bei Ausubung pflichtgemassen Ermessens in der Regel geboten ist 9 Bei der Entscheidung ob die Kundigung einer Arbeitnehmerin wahrend der Mutterschutzfrist wegen einer Betriebsstilllegung gemass 9 Abs 3 MuSchG ausnahmsweise fur zulassig erklart wird ist abgesehen allenfalls von offensichtlichen Fallen nicht zu prufen ob die behauptete Betriebsstilllegung stattdessen einen Betriebsubergang i S d 613a BGB darstellt 10 Schriftform und Begrundungszwang Bearbeiten Die Kundigung bedarf der Schriftform 17 Abs 3 S 2 MuSchG wie jetzt jede Kundigung 623 BGB Nach 17 Abs 3 S 2 MuSchG besteht bei der Kundigung einer geschutzten Arbeitnehmerin ein ansonsten unublicher Begrundungszwang 9 Abs 3 Satz 2 statuiert insoweit ein gesetzliches Schriftformerfordernis im Sinne von 126 BGB Dieses spezielle gesetzliche Schriftformerfordernis geht jedoch uber den fur Kundigungen durch 623 BGB allgemein normierten Schriftformzwang hinaus da der zulassige Kundigungsgrund im Kundigungsschreiben mitgeteilt werden muss Das ist der von der zustandigen Behorde ihrer Zulassigkeitserklarung zu Grunde gelegte Kundigungsgrund Die Angabe der zur rechtlichen Beurteilung dieses Kundigungsgrundes notwendigen Tatsachen ist Wirksamkeitsvoraussetzung Gemass 9 Abs 3 Satz 2 MuSchG muss die Kundigung den Kundigungsgrund angeben Dies bedeutet dass Kundigung und Begrundung in einer einheitlichen Erklarung zusammengefasst sein mussen Insoweit gelten die Grundsatze der Urkundeneinheit Die Form des 9 Abs 3 Satz 2 ist daher nicht gewahrt wenn die Kundigung und die Begrundung in zwei verschiedenen Erklarungen enthalten sind 11 Dreiwochige Klagefrist 4 KSchG Bearbeiten Auch eine absolut geschutzte Arbeitnehmerin muss die Unwirksamkeit einer Kundigung innerhalb der dreiwochigen Klagefrist nach 4 KSchG ordentliche Kundigung bzw nach 13 Abs 1 S 1 i V m 4 KSchG ausserordentliche Kundigung geltend machen Dies auch dann wenn die Arbeitnehmerin erst nach Zugang der Kundigung von ihrer Schwangerschaft erfahrt Die Klagefrist wird durch die Mitteilung der Arbeitnehmerin an den Arbeitgeber nach Kundigungsausspruch sie sei schwanger nicht gehemmt oder unterbrochen Wird die Klagefrist nicht gewahrt so wird die Kundigung als von Anfang an als rechtswirksam fingiert 12 Die Klagefrist beginnt im Normalfall des 4 S 1 KSchG mit dem Zugang der Kundigung Bedarf die Kundigung wie im Fall einer geschutzten Arbeitnehmerin der Zustimmung einer Behorde beginnt die Klagefrist nur erst mit der Bekanntgabe der Zulassigkeitserklarung an die Arbeitnehmerin Dies jedoch nur dann wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwangerschaft oder von der Entbindung hatte 13 Ansonsten bleibt es bei der Regelung des 4 S 1 KSchG Hat die Arbeitnehmerin die dreiwochige Klagefrist nach 4 KSchG bzw 4 13 KSchG nicht gewahrt so kommt eine nachtragliche Zulassung nach 5 KSchG in Betracht Gemass 5 Abs 1 Satz 1 KSchG ist eine Kundigungsschutzklage nachtraglich zuzulassen wenn die Arbeitnehmerin trotz aller ihr nach Lage der Umstande zuzumutenden Sorgfalt verhindert war die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kundigung zu erheben Gleiches gilt gemass 5 Abs 1 Satz 2 KSchG wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des 4 Satz 1 KSchG Kenntnis erlangt hat Der Zweck der Regelung besteht darin einer gekundigten Arbeitnehmerin die Moglichkeit zu geben nachtraglich Kundigungsschutzklage zu erheben weil sie es aufgrund einer schlichten Unkenntnis unverschuldet versaumt hat die Klagefrist einzuhalten Es sollen also individuelle Harten ausgeglichen werden 14 Die Rechtsprechung ist wie allgemein bei 5 KSchG im Zweifel restriktiv Verzichtet ein Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kundigungsschutzklage weil der Arbeitgeber ihr eine Abfindung in Aussicht gestellt hat die jedoch wegen spater gescheiterter Vergleichsverhandlungen nicht gezahlt wird liegt darin kein Umstand der eine nachtragliche Klagezulassung rechtfertigen kann 15 Eine Kundigungsschutzklage kann ggf nachtraglich zugelassen werden wenn der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin arglistig von einer Klageerhebung abhalt bzw wenn die Arbeitnehmerin unter Hinweis auf eine Rucknahme der Kundigung veranlasst wird von einer Klageerhebung mit der eine Fortsetzung des Arbeitsverhaltnisses erstrebt wird abzusehen Schreibt der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer er werde aus der Kundigung keine Rechte mehr herleiten und bietet er die Fortsetzung des Arbeitsverhaltnisses zu den bisherigen Bedingungen an halt er durch diese Mitteilung den Arbeitnehmer nicht arglistig von der Erhebung einer Kundigungsschutzklage ab 16 Mutterschutz nach dem AGG Bearbeiten Beim Mutterschutz nach dem AGG muss man unterscheiden zwischen einem Kundigungsschutz und einem Zahlungsanspruch nach 15 AGG Mittelbarer Kundigungsschutz durch das AGG bei Geschlechtsdiskriminierung Bearbeiten Nach 2 Abs 4 AGG findet das AGG auf Kundigungen keine Anwendung Die Rechtsprechung setzt sich richtlinienkonform daruber hinweg Diskriminierungsverbote des AGG einschliesslich der im Gesetz vorgesehenen Rechtfertigungen fur unterschiedliche Behandlungen bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Kundigungsschutzgesetzes sind in der Weise zu beachten als sie Konkretisierungen des Sozialwidrigkeitsbegriffs darstellen Verstosst eine ordentliche Kundigung gegen Benachteiligungsverbote des AGG so kann dies zur Sozialwidrigkeit der Kundigung nach 1 KSchG fuhren 17 Bei Nichtanwendbarkeit des KSchG zu einer Unwirksamkeit nach den 242 138 BGB Neben dem umfassenden Kundigungsschutz des 17 MuSchG wird ein Kundigungsschutz i V m AGG kaum praktisch Moglich ware zum Beispiel dass im Fall einer Totgeburt s o keine Entbindung im Sinne des 17 MuSchG und damit nicht der Schutz des 17 MuSchG gegeben ist der Arbeitgeber diese und etwaige Komplikationen zum Anlass einer Kundigung nimmt Entschadigung und Schadensersatz nach 15 AGG im Fall diskriminierender Kundigung Bearbeiten Das BAG hat den Streit ob 2 Abs 4 AGG im Fall geschlechtsdiskriminierender Kundigungen die Anwendbarkeit des 15 AGG ausschliesst dahingehend entschieden dass dies nicht der Fall ist 18 Anspruche aus 15 AGG setzen einen Verstoss gegen das Benachteiligungsverbot des 7 AGG voraus wobei der Arbeitnehmerin die Beweislastregelung des 22 AGG zugutekommen kann Die Fristen des 15 Abs 4 AGG und 61b Abs 1 ArbGG mussen kumulativ beachtet werden 15 AGG unterscheidet den auf Ersatz materieller Schaden gerichteten Schadensersatzanspruch nach 15 Abs 1 AGG und den auf Ersatz immaterieller Schaden gerichtete Entschadigungsanspruch nach 15 Abs 2 AGG Bei Kundigungen steht der Entschadigungsanspruch nach 15 Abs 2 AGG im Vordergrund Entschadigung nach 15 Abs 2 AGG Bearbeiten Bei diskriminierenden Kundigungen ist unbeschadet des 2 Abs 4 AGG ein Anspruch auf den Ersatz immaterieller Schaden nach 15 Abs 2 AGG grundsatzlich moglich 19 Die merkmalsbezogene Belastung in Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kundigung fuhrt jedenfalls dann zu einem Entschadigungsanspruch wenn sie uber das Normalmass hinausgeht 20 Dies kann im Einzelfall zu bejahen sein wenn eine Kundigung gegen 17 Abs 1 S 1 MuSchG verstosst und zur Unzeit erfolgt Der Arbeitgeber erklart eine Kundigung zur Unzeit wenn er diese einer Arbeitnehmerin am Vorabend eines Krankenhausaufenthalts zukommen lasst wo sie fur den Arbeitgeber bekannt einen artifiziellen Abort vornehmen lassen muss Die Art der Treuwidrigkeit ist wiederum geschlechtsspezifisch diskriminierend 21 Die Kundigung einer schwangeren Arbeitnehmerin ist hingegen nicht diskriminierend wenn der Arbeitgeber in Unkenntnis der Schwangerschaft die Kundigung ausgesprochen hat Das Festhalten des Arbeitgebers an der Kundigung nachdem er von der Schwangerschaft Kenntnis erlangt hat stellt keine Benachteiligung wegen des Geschlechts dar wenn die betroffene Arbeitnehmerin ihrerseits nicht zu einer aussergerichtlichen Bereinigung selbst nicht beitragt 22 Erkennt der Arbeitgeber im Kammertermin die Unwirksamkeit der Kundigung an so ist im Einzelfall auch kein Indiz i S d 22 AGG gegeben 23 Schadensersatz nach 15 Abs 1 AGG Bearbeiten Das BAG lasst offen inwieweit aus 15 Abs 1 AGG ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz materieller Schaden im Fall diskriminierender Kundigungen von Schwangeren und jungen Muttern resultieren kann Es ist nicht zu entscheiden ob bei diskriminierenden Kundigungssachverhalten weitere Anspruche auf Ersatz des materiellen Schadens nach 15 Abs 1 AGG in Betracht kommen konnen Grundsatzlich wird bei einer fur unwirksam befundenen Kundigung der materielle Schaden was die Kundigung selbst angeht im Wege der Naturalrestitution ausgeglichen fur weitere materielle Folgen von Kundigungen stehen die Anspruchsgrundlagen des burgerlichen Rechts unabhangig von 15 Abs 1 AGG seit jeher zur Verfugung zB 615 BGB 24 Frankreich BearbeitenKundigungsschutz Bearbeiten In Frankreich unterscheidet der Code du travail zwischen zwei Schutzperioden in denen die Schwangere Sonderkundigungsschutz geniesst und nur ausnahmsweise wegen grober Verfehlungen oder wegen Unmoglichkeit das Arbeitsverhaltnis aufrechtzuerhalten z B wenn die konkrete Stelle aus betriebsbedingten Grunden abgebaut wird 25 gekundigt werden darf vgl Articles L 1225 4 al 2 phr 1 L 1225 4 1 al 2 und L 1225 5 al 2 C trav Die ordentliche Kundigung ist also unmoglich die Moglichkeit der betriebsbedingten Kundigung stark beschrankt Die absolute Schutzperiode periode de protection absolue 25 erstreckt sich gem Article L 1225 4 al 1 C trav uber jene Zeit in der die Schwangere Anspruch auf Mutterschaftsurlaub hat Dieser beginnt in der Regel sechs Wochen vor dem vorhergesagten Entbindungsdatum und dauert bis zur zehnten Woche nach der Entbindung an Bei Mehrlingsgeburten und ab dem dritten Kind verlangert sich der Mutterschaftsurlaub Wahrend dieser Zeit darf eine Kundigungserklarung der Schwangeren gem Article L 1225 4 al 2 phr 2 C trav nicht zugestellt werden und eine Kundigung nicht in Kraft treten Das Verbot erstreckt sich auch auf die Durchfuhrung von Vorbereitungshandlungen fur die Kundigung 26 wie z B die Einladung zu einem Kundigungsgesprach Die Schwangere ist hier absolut geschutzt Die ratio legis dahinter ist die Schwangere vor den psychologischen Folgen einer Kundigung zu schutzen Die relative Schutzperiode periode de protection relative 25 beginnt schon mit der Schwangerschaft selbst und endet gem Article L 1225 4 al 1 C trav zehn Wochen nach Ende der absoluten Schutzzeit Nimmt die Schwangere in diesem Zeitraum bezahlten Urlaub ruht die Frist und das Ende der Schutzperiode verlagert sich auf den Tag des Wiederaufnehmens der Arbeit 27 Wahrend dieser Schutzzeit darf die Schwangere grundsatzlich nicht gekundigt werden vgl ebenfalls Article L 1225 4 al 1 C trav Hatte der Arbeitgeber von der Schwangerschaft keine Kenntnis ist die gutglaubig erklarte Kundigung grundsatzlich wirksam solange die Schwangere nicht innerhalb einer Frist von 15 Tagen ein arztliches Attest uber die Schwangerschaft nachreicht Article L 1225 4 al 1 C trav Der Kundigungsschutz ist hier nur relativ Anspruche der Arbeitnehmerinnen bei Verstossen Bearbeiten Verstosst der Arbeitgeber gegen die Vorschriften zum besonderen Kundigungsschutz der Schwangeren ist die Kundigung gem Article L 1225 71 Article L 1235 3 1 al 1 phr 1 al 8 6 C trav unwirksam nullite Die Schwangere hat dann gem Article L 1235 3 1 al 1 phr 2 C trav wahlweise Anspruch auf Wiedereinstellung oder auf Schadensersatz in Hohe von mindestens sechs Monatsgehaltern In beiden Fallen bleibt gem Article L 1235 3 1 al 9 C trav der Anspruch auf das Gehalt welches sie in der Zeit der unwirksamen Kundigung erhalten hatte davon unberuhrt Das Schutzniveau entspricht jenem des besonderen Kundigungsschutzes des durch Arbeitsunfall verletzten Arbeitnehmers wahrend der Suspension des Arbeitsverhaltnisses Siehe auch BearbeitenBesonderer Kundigungsschutz MutterschutzEinzelnachweise Bearbeiten BAG Urteil vom 31 03 1993 2 AZR 595 92 juris Rn 22 AP Nr 20 zu 9 MuSchG 1968 BAG Urteil vom 31 03 1993 2 AZR 595 92 juris Rn 22 AP Nr 20 zu 9 MuSchG 1968 BAG Urteil vom 31 03 1993 2 AZR 595 92 AP Nr 20 zu 9 MuSchG 1968 BAG Urteil vom 07 05 1998 2 AZR 417 97 juris Leitsatz NJW 1999 1804 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Rn 28 NZA 2014 722 Vorgangsablauf des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts im DIP BAG Urteil vom 31 Marz 1993 2 AZR 595 92 juris Rn 25 OVG Sachsen Urteil vom 22 10 2013 5 A 877 11 juris Rn 21 BAG Urt v 17 Juni 2003 2 AZR 245 02 juris Rn 21 bis 23 NZA 2003 1329 1330 und Ls OVG Sachsen Urteil vom 22 10 2013 5 A 877 11 juris Rn 21 mit Verweis auf BVerwG Urt v 18 August 1977 V C 8 77 juris Rn 16 17 u 20 vgl zu 18 BEEG BVerwG Urt v 30 September 2009 5 C 32 08 juris Rn 15 ff So OVG Sachsen Urteil vom 23 10 2013 5 A 877 11 juris Leitsatz ArbG Nurnberg Urteil vom 22 02 2010 8 Ca 2123 09 juris Rn 31 m w N BAG Urteil vom 19 02 2009 2 AZR 286 07 NZA 2009 980 Os BAG Urteil vom 19 02 2009 2 AZR 286 07 juris Rn 27 ff NZA 2009 980 BAG Urteil vom 19 02 2009 2 AZR 286 07 juris Rn 31 NZA 2009 980 BAG Urteil vom 19 02 2009 2 AZR 286 07 juris Os Rn 41 NZA 2009 980 BAG Urteil vom 19 02 2009 2 AZR 286 07 juris Os Rn 43 NZA 2009 980 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Rn 18 NJW 2014 2061 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Rn 18 NJW 2014 2061 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Leitsatz NJW 2014 2061 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Leitsatz NJW 2014 2061 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Obersatz NJW 2014 2061 BAG Urteil vom 17 10 2013 8 AZR 742 12 juris Os NJW 2014 1032 JuS 2015 178 Boemke BAG Urteil vom 17 10 2013 8 AZR 742 12 juris Rn 33 NJW 2014 1032 BAG Urteil vom 12 12 2013 8 AZR 838 12 juris Rn 20 NJW 2014 2061 a b c Direction de l information legale et administrative Premier ministre Licenciement d une salariee enceinte ou en conge de maternite In Service Public Le site officiel de l administration francaise 17 Oktober 2018 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