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Der Bertichilde Grabstein ist ein christlicher frankischer Grabstein der Merowingerzeit des 6 bis 7 Jahrhunderts aus Bingen Kempten Die Inschrift und Gestaltung des Steins machen ihn zu einem der wichtigsten Zeugnisse der fruhmittelalterlichen Christentums und Religionsgeschichte der historischen Region der Rheinlande und der Epoche der sogenannten Frankischen Landnahme im Raum der vormaligen romischen Rheinprovinzen Inhaltsverzeichnis 1 Auffindung 2 Beschreibung und Inschrift 3 Deutung 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenAuffindung Bearbeiten nbsp Linkes TeilstuckDer Stein wurde zweigeteilt im Turm und neben dem Altar der katholischen Pfarrkirche Heilige Dreikonige von Kempten eingemauert gefunden Bei einer archaologischen Begehung im Jahr 1880 wurde die linke Halfte an der Ostseite des Turms in zweieinhalb Metern Hohe unverputzt eingemauert wahrgenommen und anschliessend im selben Jahr wissenschaftlich untersucht Im Jahr 1936 wurde die zweite Halfte im Sockel des Altars verbaut gefunden Ursprunglich war der Stein auf einem merowingerzeitlichen Reihengraberfeld sudlich der Pfarrkirche aufgestellt Die romische Spolie eines inschriftlosen Viergottersteins der im Relief die Figuren unter anderen des Hercules und des Askulap zeigt in der Sudwand des Baus lasst vermuten dass der Platz seit der Antike kultisch rituell genutzt wurde Das angeschnittene Graberfeld gehort zu einer als Hofgruppe angesprochenen frankischen Ansiedlung die im Suden des heutigen Orts unterhalb des Bachlaufs gelegen hat Der Grabstein der adeligen Bertichildis gehort zu weiteren Setzungen wie die Funde des Grabsteins der Aiberga einer lokalen frankischen Adelssippe Des Weiteren zeugen die Funde der Grabsteine des Paulinus 1 und des Presbyters Aetherius 2 von einer fruhchristlichen Gemeinde mit einer germanisch romanischen ethnischen Zusammensetzung und einer Besiedlungskontinuitat seit der Romerzeit Der Stein ist seitdem wieder zusammengefugt in der Taufkirche zur Besichtigung aufgestellt Beschreibung und Inschrift BearbeitenAuf dem unteren Teil des fast quadratischen circa 60 60 cm Steines aus grauen Kalkstein ist von einem Kreis umgeben ein Oktogramm aus zwei ineinander verschrankten Quadraten mit Innenkreuzen gehauen worden Die Inschrift ist in vierzehn Zeilen ausgefuhrt im oberen Teil relativ klar lesbar bis auf die Sequenzen die durch die senkrecht verlaufende Bruchstelle gestort sind zwischen vorgeritzten Doppellinien Im unteren Teil ist sie teilweise ins Oktogramm ausgefuhrt worden Die Buchstabenhohe reduziert sich im unteren Drittel der Verlauf wird unubersichtlicher die Form zeigt eine abgewandelte zeitgenossische Wiedergabe der spatantiken provinzal romischen Vorlagen In hunc t it olo requiiscit filia inlu stri s p atroni Mactichildi cuius n omen vokatur Bertichild is difuncti qui vixit in pace parvo tempus anus XX me n se I vixit cum viro suo Ebregisilo annus V diae Sa mbato ura octava erepta e st a divina potestate a mata in populo viduis o rpha nis vel pauperebus elemosin a a se pro peccat o l invidia mors tollit quod reddere nescit 3 In diesem Grabe ruht die Tochter des erlauchten Patrons Mactichild deren Name genannt wird Bertichildis der Verstorbenen die in Frieden lebte eine kurze Zeit 20 Jahre 1 Monat Sie lebte mit ihrem Manne Ebregisel 5 Jahre Am Samstag zur 8 Stunde wurde sie ihm entrissen durch gottliche Gewalt geliebt im Volk Den Witwen Waisen oder Armen sind Almosen von ihr fur die Vergebung ihrer Sunde gespendet worden Aus Missgunst nimmt der Tod was er nicht mehr zuruckgeben kann Deutung BearbeitenMit Walburg Boppert und ihren grundlegenden Untersuchungen zu den spatantiken und fruhmittelalterlichen christlichen Inschriften der Rheinlande wird der Bertichilde Grabstein in das 6 bis 7 Jahrhundert datiert Boppert ordnet ihn unter epigraphischen und stilistischen Gesichtspunkten in die durch sie definierte dritte Gruppe der mittelrheinischen Inschriften ein In den seit romischer Zeit kontinuierlich besiedelten Stadten der Merowingerzeit wird die allgemeine romische Sitte bis in die frankisch christliche Zeit fortgefuhrt Verstorbenen einen Grabstein zu setzen siehe Batimodus Typisch sind bei diesen die Angabe biographischer Daten wie die des Namens und Verwandtschaftsbezuge der Lebenszeit und des Todestages im Verbund mit Formulierungen und Symbolen Christogramme Staurogramme Ausserhalb der urbanen Zentren finden sich in den landlichen Siedlungen solche Grabsteine nur in der mittelbaren Umgebung dieser Stadte Der hohe materielle Wert durch die dafur erforderlichen finanziellen Mittel und die teilweise aufwendige artifizielle Gestaltung zeigt durch ihre Inschriften dass nur Glieder der sozialen Oberschicht wie Adelige und Kleriker bedacht wurden Auffallig an der bildlichen Ausgestaltung ist das proportional und visuell dominierende Oktogramm gegenuber der ublichen Verwendung des Christogramms Hier stellt es eine deutliche Entlehnung aus dem spatantiken Formenschatz dar wie es durch die Verwendung in weiteren fruhmittelalterlichen Grabsteinen und Sarkophagen belegt wird Die auftretenden Formen des barbarisierten Christogramms werden in der Forschung als apotropaisches als ein ungluckbannendes Heilszeichen gedeutet Literatur BearbeitenGustav Behrens Der Bertichildis Grabstein von Kempten bei Bingen In Germania 21 1937 S 113 117 Horst Wolfgang Bohme Bertichilde Grabstein In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 2 Walter de Gruyter Berlin New York 1976 ISBN 3 11 006740 4 S 402 406 kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei de Gruyter Walburg Boppert Die fruhchristlichen Inschriften des Mittelrheingebietes Verlag Philipp von Zabern Mainz 1971 ISBN 978 3805302357 S 108 118 Walburg Boppert Marion Mattern Romische und fruhchristliche Grabsteine In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 25 Walter de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017733 1 S 127 138 Bernhard Liesen Friedrich Schneider Der Grabstein der Bertichildis zu Kempten bei Bingen In Bonner Jahrbucher Band 74 1873 S 32 49 Knut Schaferdiek Reinhilds Hartmann Wolfgang Haubrichs Hans Jurgen Diller Hans Schottmann Heinrich Beck Helmut Roth Torsten Capelle Christentum der Bekehrungszeit In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 4 Walter de Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 006513 4 S 501 599 Weblinks BearbeitenDer Bertichildis Grabstein in Bingen Kempten www ingelheimer geschichte de abgerufen am 19 Oktober 2016 Eintrag bei Ubi Erat Lupa Bilddatenbank zu antiken Steindenkmalern Anmerkungen Bearbeiten CIL 13 7527 CIL 13 11963 CIL 13 752649 965619 7 93436 Koordinaten 49 57 56 2 N 7 56 3 7 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bertichilde Grabstein amp oldid 231106389