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Bernardo Kucinski 1937 in Sao Paulo ist ein brasilianischer Journalist und war bis 2012 Professor fur Internationalen Journalismus an der Universitat von Sao Paulo Universidade de Sao Paulo USP sowie Autor Wahrend der brasilianischen Militardiktatur 1964 1985 ging Kucinski ins Exil nach London wo er unter anderem bei der BBC arbeitete Im Jahr 1974 kehrte er nach Brasilien zuruck nachdem seine Schwester Ana Rosa Kucinski 1974 von den Sicherheitsorganen verschleppt wurde und fortan als vermisst gilt In der ersten Legislaturperiode des linken Ex Prasidenten Luiz Inacio Lula da Silva 2002 2006 von der linken Partei der Arbeiter Partido dos Trabalhadores PT war Kucinski dessen personlicher Berater in Pressefragen Bernardo Kucinski engagierte sich in der PT seit deren Grundung im Jahr 1980 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Kindheit und Jugend in Sao Paulo 3 Israel und Leben im Kibbuz 1959 1961 4 Engagement und Exil 1961 1974 5 Zasur Ende des Exils und der Mord an Kucinskis Schwester 1974 6 Nach 1974 Leben fur den Journalismus 7 2011 Romandebut K 8 Publikationen 8 1 Publikationen in Brasilien 8 2 Publikationen im Ausland 9 Preise Finalist 10 Weblinks 11 Anmerkungen 12 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenBernardo Kucinski entstammt einer judisch polnischen Familie Sein Vater Meier Majer Kucinski war 1904 im polnischen Wloclawek geboren das damals zum russischen Zarenreich gehorte Dieser engagierte sich in jungen Jahren politisch und verbrachte im Polen der 1930er Jahre wegen subversiver Aktivitaten und der Grundung der marxistisch zionistischen Organisation Poalei Zion zwei Jahre im Gefangnis Unter der Bedingung das Land zu verlassen wurde er freigelassen und ging 1933 nach Sao Paulo ins Exil Die Mutter von Bernardo Kucinski Esther Kucinski folgte zwei Jahre spater im Jahr 1935 Die Familie des Vaters uberlebte den Holocaust grosstenteils durch Flucht Dessen Eltern sowie sieben der neun Bruder zogen nacheinander nach Sao Paulo Die Familie der Mutter die Mayerczacs wiederum wurde fast vollstandig in den deutschen Vernichtungslagern ermordet 1 Einzig sein Cousin Bennik der in der Roten Armee kampfte und seine Tante Hanna Mayerczak uberlebten und siedelten anschliessend nach Israel uber Kindheit und Jugend in Sao Paulo BearbeitenKucinski wuchs im Norden von Sao Paulo auf abseits der traditionell von Juden bewohnten Stadtteile wie dem Bom Retiro im Zentrum Sein Vater hatte ein Kleidungsgeschaft bei dem B Kucinski bereits mit jungen Jahren gelegentlich aushalf Kucinskis Erziehung war nicht religios Stattdessen nahm er ab dem 12 Lebensjahr an Treffen der Dror einer zionistisch sozialistischen Jugendorganisation teil und wurde immer mehr mit der hebraischen Sprache vertraut Israel und Leben im Kibbuz 1959 1961 BearbeitenNach Abschluss des Gymnasiums ging Kucinski 1959 im Alter von 21 Jahren mit Freunden nach Israel Dort wurden sie im Kibbuz Erez im Sudwesten Israel untergebracht und arbeiteten vor allem in der Landwirtschaft Nicht einmal zwei Jahre spater aber kehrte er nach Sao Paulo zuruck da seine Mutter an Krebs erkrankt war und die Familie seine Unterstutzung brauchte Die Mutter starb noch im gleichen Jahr Kucinski berichtet heute wie ein Schweigen die Familie uberzog und sich der Vater zunehmend der jiddischen Sprache und Kultur zuwandte Er organisierte Treffen jiddischsprachiger Schriftsteller und erarbeitete sich einen Ruf als herausragender Kritiker jiddischer Literatur Darin so der Sohn in einem Interview habe eine besondere Ironie gelegen Er kummerte sich mehr um eine tote Sprache als um lebende Menschen 2 Engagement und Exil 1961 1974 BearbeitenNach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1961 begann Bernardo Kucinski ein Physikstudium an der Universitat von Sao Paulo und engagierte sich in der Studentenbewegung Zu Beginn der Militardiktatur 1964 1985 wurde er im Zuge eines Streiks wegen ausstehender Lohne in einer metallverarbeitenden Fabrik wo er als Industriezeichner arbeitete verhaftet und verbrachte einen Tag in den Zellen der Sicherheitspolizei dem Departamento de Ordem Politica e Social DOPS Zu jener Zeit schrieb Kucinski bereits fur Zeitungen Im Zuge seiner Mitarbeit an zwei couragierten Reportagen fur die Zeitschrift VEJA uber Folterstandorte des Militarregimes sah sich Kucinski aufgrund des gewachsenen Drucks gezwungen das Land zu verlassen 1970 ging er mit seiner Frau ins Exil nach London Dort arbeitete er fur die BBC den in London erscheinenden Latin America Newsletter sowie fur einige brasilianische Zeitungen Zasur Ende des Exils und der Mord an Kucinskis Schwester 1974 BearbeitenKucinski gilt heute in Brasilien nicht nur als kritischer Journalist und Medienspezialist Vielmehr ist er eine wichtige Stimme der Angehorigen der Desaparecidos Menschen die in der Zeit der brasilianischen Militardiktatur 1964 1985 gefangen genommen oder verschleppt wurden und seitdem als vermisst gelten Dieses Schicksal widerfuhr Kucinskis Schwester Ana Rosa Kucinski Silva Diese hatte sich Ende der 1960er Jahre einer Widerstandsgruppe der Acao Libertadora Nacional Nationale Befreiungsaktion Anm 1 angeschlossen wurde 1974 festgenommen und seither vermisst Durch den plotzlichen Besuch seines Vaters im Jahr 1974 in London erfuhr Kucinski vom Verschwinden seiner Schwester Im gleichen Jahr kehrte er aus dem Exil zuruck Die Suche der Familie nach Ana Rosa Kucinski ergab nur einen Anhaltspunkt Im Archiv der Sonderpolizei Sao Paulos DOPS Anm 2 fand sich einzig der Aktenvermerk festgenommen am 22 April 1974 in SP 3 Erst im Mai 2012 erregte das in einer Reportage veroffentlichte Gestandnis eines pensionierten Offiziers grosses Aufsehen Darin eroffnete der ehemalige Militar dass die Leiche von Ana Rosa Kucinski zusammen mit zehn weiteren im Ofen einer Zuckerrohrbrennerei verbrannt worden sei 4 Uber die Suche seines Vaters nach seiner Schwester hatte Kucinski 2011 den preisgekronten Roman K geschrieben Nach 1974 Leben fur den Journalismus BearbeitenNach seiner Ruckkehr aus dem englischen Exil im Jahr 1974 schrieb Kucinski fortan als Korrespondent fur die britischen Zeitungen The Guardian Euromoney und Latin America Political Report sowie fur den in New York erscheinenden Lagniappe Letter Zudem arbeitete er in der Redaktion der brasilianischen Zeitung Ciencia Hoje Zu dieser Zeit erwarb er sich einen Ruf als streitbarer Journalist 1986 ubernahm er eine Lehrtatigkeit an der USP und bekam 1991 den Doktortitel fur seine wissenschaftliche Arbeit uber die alternative Presse Brasiliens zwischen 1964 und 1980 verliehen An der USP war er bis 2012 Dozent fur Journalismus Fur sein Werk Jornalismo Economico Wirtschaftsjournalismus erschienen 1996 wurde er 1997 mit dem bedeutendsten brasilianischen Literaturpreis dem Premio Jabuti in der Kategorie Wirtschaft und Recht ausgezeichnet Fur die brasilianische Arbeiterpartei PT in der sich Kucinski seit deren Grundung 1980 engagierte war er teilweise fur dessen landesweiten Rundbrief verantwortlich Seit Beginn des Wahlkampfs um die Prasidentschaft im Jahr 1998 erarbeitete Kucinski im Auftrag des linken Kandidaten Luiz Inacio Lula da Silva PT tagliche Presseeinschatzungen und Empfehlungen fur den Umgang mit den Medien In der Buch Veroffentlichung Cartas Acidas da Campanha do Lula de 1998 etwa Bissige Briefe aus Lulas Wahlkampf von 1998 brachte er im Jahr 2000 mit bereits kritischer Distanz zum Politikbetrieb einen Einblick in die Welt um Macht und Medien heraus 5 Durch Lulas Sieg 2002 wurde Kucinski zu dessen Sonderstaatssekretar fur Soziale Kommunikation Comunicacao Social In Folge politischer Divergenzen verliess Kucinski diesen Posten im Jahr 2006 und kehrte vollends an die Universitat zuruck wo er bis 2012 lehrte Heute gilt er als einer der erfahrensten und meist respektierten Journalisten Brasiliens 2011 Romandebut K BearbeitenFur weltweite Beachtung und hohe Anerkennung sorgte im Oktober 2011 sein Romandebut K In diesem stark familienbiographischen Roman erzahlt er die Geschichte des aus Polen stammenden judischen Einwanderers K der sich im Brasilien von 1974 auf die Suche nach seiner vermissten Tochter begibt Er kann jedoch nur in Erfahrung bringen dass sie im Kampf gegen die Militardiktatur einer militanten Untergrundbewegung angehort hatte und festgenommen wurde Als Auszeichnung fur dieses Werk erhielt Kucinski im November 2012 im Rahmen der Preisverleihung des in der portugiesischsprachigen Welt herausragenden Premio Portugal Telecom de Literatura die Besondere Erwahnung der Jury eine Kategorie die fur Kucinskis K eingerichtet wurde Zuvor kam Kucinski im September beim Premio Sao Paulo de Literatura in der Kategorie Bestes Buch des Jahres Romandebut unter die vier Finalisten und wurde beim Concurso Internacional de Literatura 2012 des Brasilianischen Schriftstellerverbandes in der Kategorie Roman mit dem 2 Platz sowie der Besonderen Erwahnung der Jury geehrt Die Zweitauflage des Romans folgte bereits im Marz 2012 die Drittauflage im September 2013 eine englische und spanische Fassung erschienen Anfang 2013 die deutsche Fassung im August 2013 beim Transit Buchverlag Publikationen BearbeitenPublikationen in Brasilien Bearbeiten Fome de Lucros Sao Paulo Editora Brasiliense 1977 A Ditadura da Divida Sao Paulo Editora Brasiliense 1987 O que sao Multinacionais Sao Paulo Editora Brasiliense 1991 Jornalistas e Revolucionarios Sao Paulo Edusp 1991 Jornalismo Economico Sao Paulo Edusp 1996 A Sindrome da Antena Parabolica Sao Paulo Editora Fundacao Perseu Abramo 1998 Cartas Acidas da Campanha de Lula de 1998 Sao Paulo Atelie Editorial 2000 O Fim da Ditadura Militar Sao Paulo Contexto 2001 Jornalismo na era virtual Sao Paulo UNESP 2005 Dialogos da Perplexidade Sao Paulo Editora Fundacao Perseu Abramo 2009 K Sao Paulo Expressao Popular 2011 Publikationen im Ausland Bearbeiten Pau de Arara La Violence Militaire au Brezil Paris Cahiers Libres 1971 Brazil State and Struggle London Latin America Bureau 1982 The Debt Squads London Zed Books Ltd 1988 Brazil Carnival of the Oppressed London Latin American Bureau 1995 Lula and The Workers Party in Brazil London Latin America Bureau 2003 Las tres muertes de K Barcelona Rayo Verde 2013 K London Latin American Bureau 2013 K oder Die verschwundene Tochter Berlin Transit Verlag 2013 Preise Finalist Bearbeiten1997 Premio Jabuti Kategorie Wirtschaft Management Business Recht fur Jornalismo Economico Edusp Sao Paulo SP 2002 Premio Dom Helder Camara Kategorie Online Journalismus Preis des brasilianischen Journalistenverbands fur seine Artikel im Magazin Carta Maior 2010 Premio Joao Ferrador fur Journalismus Preis der Gewerkschaft der Metallarbeiter Sao Paulo 2012 Premio Portugal Telecom de Literatura 2012 in der Kategorie Roman Unter den vier Finalisten und Besondere Erwahnung der Jury Mencao Honrosa Kategorie die fur Kucinskis K zum ersten Mal vergeben wurde November 2012 2012 Concurso Internacional de Literatura 2012 des Brasilianischen Schriftstellerverbandes Uniao Brasileira de Escritores UBE Sektion Rio de Janeiro in der Kategorie Roman 2 Platz und die Besondere Erwahnung der Jury Mencao Honrosa 2012 Premio Sao Paulo de Literatura in der Kategorie Bestes Buch des Jahres Romandebut unter den zehn Finalisten September 2012 Premio Machado de Assis de literatura 2012 in der Kategorie Roman Preis der Nationalbibliothek Unter den Finalisten Dezember 2012 Weblinks BearbeitenWebsite Bernardo Kucinski portugiesisch Curriculum Bernardo Kucinski auf der Website Curriculo Lattes portugiesisch Anmerkungen Bearbeiten Die ALN war eine Guerilla Gruppe die massgeblich aus der verbotenen Kommunistischen Partei Brasiliens PCB hervorging und den bewaffneten Widerstand dem der Massen als Mittel gegen die brasilianische Militardiktatur befurwortete Die Gruppe hatte sich Ende 1966 als Abspaltung der Rest PCB unter der Fuhrung Carlos Marighella gegrundet Die ALN war neben der Guerilla Gruppe MR 8 unter anderem fur die Entfuhrung des US amerikanischen Botschafters Charles Burke Elbrick und die Freipressung von 15 politischen Gefangenen im Jahr 1969 verantwortlich DOPS Departamento de Ordem Politica e Social Diente im Militarregime dazu die politischen und sozialen Bewegungen zu kontrollieren und zu bekampfen Der Polizeichef der DOPS in Sao Paulo Sergio Fleury war massgeblich fur die Folterungen verantwortlich Sein Name steht heute wie kein anderer fur die Grauen der brasilianischen Diktatur Er wurde nie zur Rechenschaft gezogen und starb 1979 auf bisher ungeklarte Weise bei einem Besuch am Meer Nach Aussagen des Ex Militars Claudio Guerra wurde Fleury im Auftrag des Militarregimes ermordet weil dieser sich zunehmend den Anweisungen der Generale entzog Einzelnachweise Bearbeiten Katarina Peixoto As marcas das ditaduras e a revelacao dos sobreviventes In Carta Maior vom 28 Januar 2010 Memento vom 16 November 2012 im Internet Archive Abgerufen am 31 Juli 2013 portugiesisch Das Zitat stammt aus einem Interview mit der englischsprachigen Zeitung The Times of Israel vom 3 April 2013 Brazilian bestseller probes fate of jewish disappeared Abgerufen am 31 Juli 2013 Vergleiche hierzu Dossier Ana Rosa Kucinski Silva Memento vom 27 September 2013 im Internet Archive auf der Website Eremias Delizoicov Centro de documentacao DOSSIE Mortos e Desaparecidos Politicos no Brasil Abgerufen am 31 Juli 2013 portugiesisch Die betreffenden Details gehen auf die Aussagen des sich im Ruhestand befindenden Offiziers der Sonderpolizei Claudio Guerra zuruck die er gegenuber den Journalisten Rogerio Medeiros und Marcelo Netto machte und in dem Buch Memorias de uma guerra suja 2012 in dem Verlag Topbooks veroffentlicht sind Vgl dazu den Artikel zum Buch in der portugiesischen Wikipedia pt Memorias de uma Guerra Suja Vergleiche hierzu Bernardo Kucinski Cartas Acidas da Campanha de Lula de 1998 Sao Paulo Atelie Editorial 2000Normdaten Person GND 170712168 lobid OGND AKS LCCN n82163378 VIAF 56842830 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kucinski BernardoALTERNATIVNAMEN Kucinsky BernardoKURZBESCHREIBUNG brasilianischer Journalist Autor und HochschullehrerGEBURTSDATUM 1937GEBURTSORT Sao Paulo Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bernardo Kucinski amp oldid 234948118