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Allokationsethik ist die Untersuchung der Verteilung von gesundheitlich relevanter Ressourcen hinsichtlich ethischer Gesichtspunkte Solche Verteilungsfragen stellen sich zum Beispiel bei der Organspende oder bei einer Knappheit medizinischer Ressourcen in Kriegszeiten oder bei einer Pandemie Die Allokationsethik ist Teil der Medizinethik Zu unterscheiden sind die Begriffe Rationalisierung Priorisierung und Rationierung Es gibt verschiedene Allokationsprinzipien und es ist umstritten welche in welchen Situationen gerecht sind Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund in Gesundheitswesen moderner Industrienationen 2 Rationalisierung Priorisierung und Rationierung 3 Allokationsprinzipien bei Knappheit medizinischer Ressourcen 4 Einzelnachweise 5 LiteraturHintergrund in Gesundheitswesen moderner Industrienationen BearbeitenIn den letzten Jahren bzw Jahrzehnten ist die Lebenserwartung und dadurch auch der Ressourcenverbrauch im Gesundheitswesen deutlich gestiegen Dies bereitet zunehmend Probleme bei der Finanzierung des Gesundheitswesens Medizinische Leistungen konnen vermutlich in Zukunft und teilweise schon heute nicht mehr fur alle die sie brauchten finanziert werden Diese Realitat kollidiert mit dem Solidaritatsprinzip nach dem alle Kranken die gleichen Moglichkeiten fur eine medizinische Behandlung haben sollten und diese in ausreichendem Mass verfugbar sein sollte Um eine Versorgung fur alle moglichst lange aufrechtzuerhalten werden Rationalisierungsmassnahmen angewendet Reichen diese nicht aus was fruher oder spater der Fall sein wird mussen zusatzlich Priorisierungen und eventuell Rationierungen vorgenommen werden 1 Rationalisierung Priorisierung und Rationierung BearbeitenUnter Rationalisierung Gesundheitswesen sind Massnahmen zu verstehen die Effizienz und Produktivitatssteigerungen im Rahmen einer Leistungserstellung zum Ziel haben Dabei sollen Prozesse und Ablaufe die unwirksam weniger wirksam als kostengleiche Alternativen oder nicht wirksamer als kostengunstigere Alternativen sind identifiziert und abgeschafft werden Dadurch soll es moglich werden bei gleichem finanziellen Aufwand das Versorgungsniveau zu erhohen oder bei kleinerem finanziellen Aufwand das Versorgungsniveau zu halten Sind die Ressourcen knapp und nicht alle Patienten konnen versorgt werden mussen Kriterien entworfen werden nach denen entschieden wird welche Therapiemoglichkeiten fur welche Patienten noch zur Verfugung stehen werden Es mussen Vorrangigkeiten bestimmter Indikationen Patientengruppen oder Verfahren vor anderen bestimmt werden Das ist es was man generell unter Priorisierung medizinischer Leistungen versteht Beim Festlegen von Priorisierungskriterien entsteht eine mehrstufige Rangreihe in der Methoden Krankheitsfalle Krankheitsgruppen Versorgungsziele und Indikationen in einer Rangfolge angeordnet werden Eine Rangreihenherstellung kann innerhalb eines bestimmten Versorgungsbereichs stattfinden zum Beispiel im Hinblick auf Herzerkrankungen das nennt man vertikale Priorisierung Werden verschiedene Krankheitsgruppen oder Versorgungsziele in einen Kontext gestellt handelt es sich um horizontale Priorisierung Da es unter politischen Gesichtspunkten oft schwierig ist einen Mangel einzugestehen und es keinen Konsens uber geeignete Kriterien gibt erfolgt Priorisierung in der Realitat oft intransparent Wenn aber die Patient Arzt Beziehung nicht zerstort und kein Misstrauen geschurt werden soll mussen die Entscheidungen nach Kriterien transparent und so nachvollziehbar sein Man spricht in der Medizin von Rationierung bei einer Zwangsmassnahme wenn Guter oder Dienstleistungen oder finanzielle Mittel so knapp sind dass der objektive Bedarf nicht gedeckt werden kann Die Rationierung gibt es in einer indirekten und in einer direkten Form In der primaren Rationierung geht es darum dass der Staat im Gesundheitswesen dazu verpflichtet ist einen angemessenen Anteil an den Gesamtausgaben fur das Gesundheitswesen festzulegen Oft sagt man dazu auch indirekte Rationierung da es nicht um eine personen sondern um eine ressourcenbezogenen Rationierung geht Bei der sekundaren Rationierung oder auch der direkten Form der Rationierung geht es um die Zuteilung der Finanzierung auf medizinische Bereiche und vor allem um die Zuteilung der Mittel auf die Patienten Aufgrund der Knappheit der Ressourcen muss der Arzt entscheiden welche Mittel einem Patienten gewahrleistet werden konnen und welche ihm vorenthalten werden 2 Allokationsprinzipien bei Knappheit medizinischer Ressourcen BearbeitenIn der Literatur werden unter anderem die folgenden Allokationsprinzipien diskutiert Lotterie Warteliste Bedurfnis Alter Prognose Uberleben Prognose Lebensalter Verhalten Instrumenteller Wert Reziprozitat und Finanzierung 3 Alle haben Vor und Nachteile Die wichtigsten sind in dieser Tabelle zusammengetragen Prinzip Vorteile Nachteile1 Lotterie Verteilung nach Los Zufallsprinzip Gerechtigkeit ist erfullt Weder die Minimierung der Todesopfer noch der Schutz der medizinischen Fachpersonen wird einkalkuliert 2 Warteliste Priorisierung nach Wartezeit Wer zuerst kommt mahlt zuerst Keine Diskriminierung Gerechtigkeit ist erfullt Man kann nicht den grossten Nutzen erzielen Keine maximale Heilung weil man auch Patienten mit geringen Uberlebenschancen behandeln muss 3 Bedurfnis Priorisierung nach Bedurfnis Schwere der Krankheit Die Kranksten zuerst Hilft denen die Hilfe am notigsten brauchen Die mit den schwersten Krankheiten sind auch jene mit der geringeren Wahrscheinlichkeit auf Genesung keine maximale Heilungsrate 4 Alter Priorisierung nach Alter Die Jungeren zuerst Jungere haben prinzipiell mehr Lebensjahre vor sich die durch eine Genesung gesichert werden konnten Verletzt Diskriminierungsverbot indem alteren Menschen weniger Wert zugesprochen wird 5 Prognose Uberleben Priorisierung derer die die hochste Wahrscheinlichkeit haben zu uberleben Patienten die vermutlich am meisten von der Behandlung profitieren werden behandelt Minimierung der Todesfalle Das Diskriminierungsverbot wird zwangsweise ignoriert da in der erfolgenden Prognose beispielsweise auf das Alter und chronische Erkrankungen geachtet wird 6 Prognose Lebensjahre Priorisierung derer die die hochste Wahrscheinlichkeit auf die grosste Anzahl Lebensjahre haben Personen welche langfristig am meisten von Behandlung profitieren werden bevorzugt Personen mit langerer Lebenszeit konnen noch mehr fur Gesellschaft leisten Gerechtigkeitsprinzip wird verletzt Diskriminierungsverbot Personen werden auf Grund ihres Alters ausgewahlt 7 Verhalten Priorisierung derer die nicht freiwillig ein risikoreiches Verhalten gezeigt haben das zur gesundheitlichen Situation gefuhrt hat Personen die ihr Leiden nicht selbstverschuldet haben werden bevorzugt Keine Maximierung der Heilungsrate Personen mit lebensbedrohlichen Verletzungen wird Behandlung vorenthalten Selbstverschuldung schwierig zu beurteilen 8 Instrumenteller Wert Priorisierung derer die fur die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung notig sind u a Arzte und Pflegepersonal Um so viele Leben wie moglich zu retten bedarf es der Aufrechterhaltung des medizinischen Systems welches ohne Pflegepersonal zusammenbrechen wurde Es werden unter anderem denen Platze vorenthalten die sie zum Uberleben eher gebraucht hatten und bei denen eine Verbesserung ihres Zustands durch eine Behandlung wahrscheinlicher gewesen ware 9 Reziprozitat Priorisierung derer die fruher freiwillige Beitrage an die Gesellschaft geleistet haben Belohnung fur geleistete Hilfe Ansporn fur Menschen freiwillige Beitrage zu leisten Keine Maximierung der Heilungsrate Personen die korperlich oder geistig nicht in der Lage sind solche Beitrage zu leisten sind von Angebot ausgeschlossen Diskriminierungsverbot verletzt 10 Finanzierung Priorisierung derer die mehr fur die Behandlung bezahlen Hilft finanzieller Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems Prinzip der Gerechtigkeit wird vernachlassigt Formales Gerechtigkeitsprinzip Gleiche Falle sollten gleich behandelt werden und ungleiche Falle sollten nur insofern ungleich behandelt werden als sie moralisch relevante Unterschiede aufweisen Einzelnachweise Bearbeiten Siehe Fuchs u a 2009 Siehe Fuchs u a 2009 Vgl Persad u a 2009 Krutli u a 2016 Literatur BearbeitenChristoph Fuchs Eckhard Nagel Heiner Raspe Rationalisierung Rationierung und Priorisierung was ist gemeint In Deutsches Arzteblatt Band 106 Nr 12 2009 S 554 557 G Persad A Wertheimer E J Emanuel Principles for allocation of scarce medical interventions In The Lancet Band 373 Nr 9661 2009 S 423 431 P Krutli T Rosemann K Y Tornblom T Smieszek How to Fairly Allocate Scarce Medical Resources Ethical Argumentation under Scrutiny by Health Professionals and Lay People In PLoS ONE Band 11 Nr 7 2016 Artikel e0159086 doi 10 1371 journal pone 0159086 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Allokationsethik amp oldid 226859658