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3096 Tage ist eine Autobiografie von Natascha Kampusch worin sie ihre von 1998 bis 2006 wahrende Gefangenschaft in der Hand eines Kindesentfuhrers beschreibt Mit ihrem Buch das sie in Zusammenarbeit mit zwei Co Autorinnen verfasste und vier Jahre nach ihrer Selbstbefreiung veroffentlichte wollte Kampusch die Deutungshoheit uber ihren Fall gegenuber den Boulevardmedien und weiten Teilen der Offentlichkeit zuruckgewinnen 1 2 Eine gleichnamige Verfilmung des Buches kam 2013 in die Kinos Unter dem Titel 10 Jahre Freiheit setzte Kampusch 2016 ihre Autobiografie fort Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Entfuhrung und Gefangenschaft 1 1 1 Der Entfuhrer 1 1 2 Die Entfuhrte 1 2 Kritische Aufarbeitung 1 2 1 Medien 1 2 2 Exekutive 1 2 3 Offentliche Erwartungshaltung 1 2 3 1 Gegenuber dem Tater 1 2 3 2 Gegenuber dem Opfer 2 Rezeption 3 Beglaubigung 4 Verfilmung 5 Ausgaben 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseInhalt Bearbeiten nbsp Wien Rennbahnweg Hier wachst Natascha auf Die Grosswohnsiedlung bleibt fur sie eine fremde Welt 3 nbsp Wien Sussenbrunn Nur wenige Autominuten entfernt die ihr liebere andere Welt ihrer Grossmutter 4 nbsp Strasshof Das Haus ihrer 3096 tagigen Gefangenschaft Der Rennbahnweg wie auch Sussenbrunn sind nur gut 15 km entfernt Die beiden Anfangskapitel widmet Kampusch ihrer Kindheit und dem Tag ihrer Entfuhrung Ihre ersten Lebensjahre so ihre Erinnerung waren von Aufmerksamkeit und Liebe gepragt zu der alle in ihrer Patchwork Familie beitrugen ihre unverheirateten Eltern zwei bereits erwachsene Tochter aus der fruh geschiedenen Ehe ihrer Mutter sowie ihre Grossmutter vaterlicherseits bei der sie sich besonders heimisch fuhlte Weitere Fixpunkte bildeten die zwei Tante Emma Laden die ihre Eltern fuhrten und die Fahrten mit ihrem Vater der als Juniorchef der elterlichen Backerei seine kleine Tochter beim Ausliefern der Waren oft mitnahm und sich gern mit ihr schmuckte begunstigt dadurch dass ihre Mutter gelernte Schneiderin mit Hingabe fur ihr gewinnendes Ausseres sorgte Als Kampusch funf Jahre alt war trennten sich die Eltern Vorausgegangen waren zwei Jahre oft heftigen Streits in denen sie sich zeitweise vernachlassigt fuhlte Aus dem zuvor selbstbewussten frohlichen Madchen wurde so ein zunehmend verunsichertes Kind Ihr einsetzendes Bettnassen hatte Signalwirkung haben konnen doch es trug ihr neben dem Spott durch Gleichaltrige auch Herabsetzung seitens ihrer Mutter und Erzieherinnen ein Spater kam noch eine beginnende Esssucht hinzu die in Tateinheit mit unkontrolliertem Fernsehkonsum in ihrer Selbstwahrnehmung aus einem pummeligen ein dickes Madchen machte Der Vorabend ihrer Entfuhrung ist uberschattet von einem Streit mit ihrer Mutter die ihr den weiteren Umgang mit ihrem Vater verbietet Trost findet Kampusch daraufhin einmal mehr in der Gewissheit in acht Jahren volljahrig zu sein und uber ihr Schicksal selbst bestimmen zu konnen Ihr zehnter Geburtstag der wenige Tage zuruckliegt hat ihren Kompass noch fester auf dieses Ziel ausgerichtet in einem ersten Schritt hat sie ihrer Mutter das Zugestandnis abgerungen allein zur Schule gehen zu durfen Fokussiert darauf ihre Selbststandigkeit zu beweisen verlasst sie am Morgen des 2 Marz 1998 das Haus ohne Abschied im Bewusstsein gegen etwas zu verstossen was ihrer Mutter heilig ist hort nicht auf das mulmige Gefuhl das der in einer stillen Nebenstrasse einsam parkende Lieferwagen in ihr auslost und redet sich ein sie musse die Prufung bestehen an dem davor stehenden Mann mutig vorbeizugehen Das wird von ihm vereitelt Entfuhrung und Gefangenschaft Bearbeiten Der Entfuhrer Bearbeiten Der Entfuhrer erweckt zunachst den Eindruck nur ein Mittelsmann zu sein Nachdem er die vermutlich vorgetauschte Ubergabe in einem Waldstuck fur gescheitert erklart hat bringt er das Madchen an den vorbereiteten Zielort ein knapp funf qm kleines fensterloses schalldichtes Kellerverlies dessen sparliche Frischluftzufuhr uber einen Ventilator erfolgt und dessen Zugang so perfekt getarnt ist dass er selbst bei einer Durchsuchung des von ihm allein bewohnten Elternhauses vermutlich nicht entdeckt werden wurde Seinen Namen Wolfgang Priklopil und den Wohnort Strasshof verschweigt er ihr nicht Er lenkt ihre Angste weiterhin auf seine angeblichen Auftraggeber und gibt sich so den Anschein eines Beschutzers Er erfullt kleinere Wunsche Bucher Videos Kalender Wecker Computerspiele wenn auch oft erst auf mehrmalige Bitte Nach und nach reglementiert er den Tagesablauf und das Verhalten des Madchens teils durch Technik Zeitschaltuhr Gegensprechanlage teils durch Gebote wie denen stets den Blick gesenkt zu halten und nur nach Aufforderung zu sprechen Zugleich versucht er sie zu verunsichern Er behauptet ihre Eltern weigerten sich Losegeld zu zahlen und redet ihr ein sie sei ohnehin nie geliebt worden und er ihr Retter Nach einem Jahr verbietet er ihr jedwede Ausserung uber ihre fruhere Identitat und besteht auf einem neuen Namen sie einigen sich auf Bibiana Erst als er sie genugend gefugig glaubt offnet er das mehrfach gesicherte Verlies einen Spalt weit in Richtung Aussenwelt nur um sie dort in seinem Haus noch mehr zu unterwerfen Die klinische Sauberkeit und Ordnung die in seinen Raumen herrscht ist Erbteil seiner Mutter die diesen Zustand konserviert und ihren Sohn bekocht bei ihren regelmassigen Aufenthalten an den Wochenenden In der Woche muss nun das Madchen ihre Rolle ubernehmen Er verlangt von ihr Perfektion Nichtgelingen oder gar Widerstand lost bei ihm Aggressionsschube aus er schlagt sie und die Hemmschwelle fur seine Gewaltausbruche sinkt von Mal zu Mal Bald beutet er ihre Arbeitskraft noch rucksichtsloser aus erst beim Ausbau des Dachgeschosses dann bei der Sanierung einer Wohnung in der Wiener Innenstadt die der arbeitslose Nachrichtentechniker gekauft hat um zu Geld zu kommen Zu dem Zeitpunkt hat er sich mit der inzwischen jungen Frau schon einige Male in die Offentlichkeit gewagt unter Androhung von sofortiger Gewaltanwendung gegen jedermann fur den Fall dass sie Hilfe sucht Ganz sicher ist er sich dabei in keinem Moment er ist krankhaft misstrauisch und sie noch immer ein Mensch Die Entfuhrte Bearbeiten Als die Zehnjahrige entfuhrt wird tauscht sie sich gleich mehrfach bedingt durch ihren Fernsehkonsum der auf eben diese Taten fixiert war Sie meint als dickes Madchen passe sie nicht ins Beuteschema glaubt bereitwillig an die vermeintlichen Auftraggeber eines Kinderpornorings wie sie vermutet und halt ihren Entfuhrer fur kaum bedrohlich Einmal in seiner Macht hilft ihr die Tauschung uber ihn aber auch Sie fugt sich und kooperiert er geht seinerseits auf manche ihrer Wunsche und Bedurfnisse ein ermoglicht sinnvolle Beschaftigungen wie Lesen Musikhoren Lernen Malen Basteln Handarbeiten Auch legt er mit Hand an um ihr Verlies etwas wohnlicher zu machen Fur Sauberkeit bis alles glanzte und frisch duftete 5 sorgt sie von sich aus vertraute Geruche oder Bilder die sie an die Wand malt verschaffen ihr ab und an die Illusion zuhause zu sein Allerdings hutet sie sich das preiszugeben seine Taktik Zweifel an der Liebe ihrer Eltern zu saen ruhrt an einem wunden Punkt So akzeptiert sie sogar ihren neuen Namen Doch sie setzt seiner Willkur auch Grenzen Als er sie auffordert ihn nur noch mit Maestro anzusprechen weigert sie sich ebenso hartnackig und mit Erfolg wie in dem Moment als er sie notigen will vor ihm niederzuknien Zu dem Zeitpunkt hat er sie schon fast zu einer Marionette gedrillt die ausser ihrer Todesangst kaum noch etwas fuhlt Uber Jahre hinweg missbraucht er sie de facto als Arbeitssklavin und lasst sie gleichzeitig hungern mit der einen weiteren wunden Punkt treffenden Begrundung sie sei zu dick Das fuhrt dazu dass sie die Ruckkehr in ihr Verlies an den Wochenenden nun oft als befreiend empfindet Allerdings weiss sie auch dass sie das Gefangnis langst schon in sich tragt Mehrmals hat sie die Chance in der Offentlichkeit auf sich aufmerksam zu machen nicht genutzt mehrmals hat er die auf Schritt und Tritt Bewachte vor die Tur gestossen mit der Aufforderung wegzulaufen mehrmals hat sie sich schon das Leben nehmen wollen Etwas hat sie sich aber noch bewahrt aus dem sie Kraft schopft ihren Vorsatz mit 18 selbststandig zu werden In einem besonders bedrangten Moment erscheint er ihr wieder in Gestalt ihres eigenen zukunftigen Ichs gross und stark selbstbewusst und unabhangig 6 das ihrem jetzigen fremdbestimmten helfend die Hand reicht und ihr auch beisteht an jenem 23 August 2006 dem 3096 Tag ihrer Entfuhrung Kritische Aufarbeitung Bearbeiten Kampuschs Autobiografie verzichtet auf spannungs und erregungssteigernde Effekte Sie setzt eher auf eine nuchtern sachliche Betrachtung aus dem Abstand von vier Jahren nach ihrer Selbstbefreiung 2 Ein Gewinn den die zeitliche Distanz mit sich bringt liegt im personlichen Erkenntniszuwachs den die Ich Erzahlerin oft mit einem Heute weiss denke glaube ich einleitet Ein weiterer Schwerpunkt ergibt sich aus ihrer Aufarbeitung all dessen was sie mit Blick auf die Medien die Exekutive und die offentliche Erwartungshaltung als kritikwurdig ansieht oder zumindest unangenehm beruhrt hat Das betrifft hauptsachlich die Nachwehen ihres Entfuhrungsfalls Medien Bearbeiten Mein Fall war der erste bei dem die sonst eher zuruckhaltenden osterreichischen und deutschen Medien alle Schranken fallen liessen 7 gibt Kampusch eine Aussage von Medienwissenschaftlern wieder In den ersten Tagen nach ihrer Befreiung zunachst geschutzt untergebracht in der geschlossenen Station einer Kinder und Jugendpsychiatrie entging sie dem Mediensturm dennoch nicht ganz Fotografen seien auf Baume geklettert Reporter hatten versucht sich als Krankenpfleger verkleidet einzuschleusen ihre Eltern mit Interviewanfragen uberhauft und Dinge die sie in ihrem Verlies selbst vor dem Tater hatte verbergen konnen in die Offentlichkeit gezerrt die sich ihre eigene Wahrheit zurechtlegte Um dem entgegenzuwirken entschloss sie sich nach zwei Wochen in einem TV und zwei Zeitungsinterviews ihre Geschichte selbst zu erzahlen Zuvor hatte sie den Rat ausgeschlagen in die Anonymitat unterzutauchen um ein normales Leben fuhren zu konnen und trat so mit ihrem vollen Namen und mit unverhulltem Gesicht vor die Kameras 8 Ihre Offenheit half nicht Die Medien liessen nicht locker eine Schlagzeile jagte die nachste immer abenteuerlichere Mutmassungen bestimmten die Berichterstattung Hinzu kam die absolute Horrorvorstellung dass das von Schaulustigen umlagerte Haus Priklopils der noch am Tag ihrer Flucht Selbstmord begangen hatte von einem perversen Bewunderer des Verbrechers gekauft werden konnte um es zu einem Wallfahrtsort zu machen Das verhinderte Kampusch indem sie dafur sorgte dass ihr das Haus als Schadensersatz zugesprochen wurde In den Monaten danach wurde ihr allmahlich bewusst dass sie in ein neues Gefangnis mit subtileren Mauern geraten war gebaut aus einem uberbordenden offentlichen Interesse das jeden ihrer Schritte bewertete Ich war durch ein schreckliches Verbrechen zu einer bekannten Person geworden Der Tater war tot es gab keinen Fall Priklopil Ich war der Fall der Fall Natascha Kampusch Das sollte sich 2008 bestatigen als ihr Fall neu aufgerollt wurde 9 Exekutive Bearbeiten Erst zwei Jahre nach ihrer Befreiung erfuhr Kampusch und mit ihr die Offentlichkeit dass sie schon wenige Wochen nach ihrer Entfuhrung hatte entdeckt werden konnen Zwei Gelegenheiten blieben ungenutzt Ein Madchen war Zeugin der Tat gewesen und konnte das Fahrzeug beschreiben worauf die Polizei ankundigte die Wagen dieses Typs und ihre Halter zu uberprufen Priklopil hatte so die Chance die Spurensuche zu erschweren als Alibi gab er an am fraglichen Tag allein zuhause gewesen zu sein Verfolgte man diese erste Spur nachlassig ging man der zweiten uberhaupt nicht nach Auf einen prazisierten polizeilichen Aufruf hin man suche einen weissen Kastenwagen mit einem Kennzeichen aus dem Bezirk Ganserndorf hatte ein Anrufer eine in Frage kommende Person beschrieben die klar auf Priklopil hinwies doch diesen hatte man ja schon ausgeschlossen Die vielen erheblichen Verdachtsmomente die der Anrufer ein Polizeihundefuhrer benennen konnte hatten dennoch genugt jede der spater gegrundeten Sonderkommissionen sofort zu alarmieren jedoch die Akte wurde verschlampt 10 Damit nicht genug Als diese gravierende Ermittlungspanne unmittelbar nach Kampuschs Wiederauftauchen vom damaligen Direktor des Bundeskriminalamts Herwig Haidinger entdeckt wurde erteilte das Innenministerium das einen Polizeiskandal befurchtete ihm die Weisung mit Rucksicht auf die bevorstehenden Nationalratswahlen vorerst Stillschweigen zu bewahren Doch auch danach hielt man die brisanten Informationen unter Verschluss Als Haidinger 2008 nach seiner Abberufung mit ihnen an die Offentlichkeit ging habe dies fast eine Staatskrise ausgelost so Kampusch Die neugebildete Ermittlungskommission sei jedoch weniger den Schlampereien auf den Grund gegangen sondern habe ihre Aussagen in Frage gestellt und offentlich daruber spekuliert ob sie von Mittatern erpresst werde Erst 2010 habe man diesen Verdacht fallengelassen der Fall galt als abgeschlossen Priklopil als Einzeltater 11 Offentliche Erwartungshaltung Bearbeiten Gegenuber dem Tater Bearbeiten Am wenigsten verzieh man mir schreibt Kampusch dass ich den Tater nicht so verurteilte wie es die Offentlichkeit erwartete 12 Er sollte partout ein Monstrum sein durfte keinerlei menschliche Zuge haben Die gesteht sie ihm aber zu Es habe bei all dem Martyrium auch kleine menschliche Augenblicke gegeben kleine Wohltaten wie das Sonnenbad oder den Besuch im Pool der Nachbarn oder die Momente in denen er mich etwa beim Malen Zeichnen oder Basteln unterstutzte und mich ermunterte immer wieder von vorne zu beginnen wenn mir etwas nicht gelang 13 Dafur sei sie ihm damals dankbar gewesen und sei es noch heute Letztlich habe der Tater nichts anderes gewollt als viele andere auch seine kleine heile Welt mit einem Menschen der ganz fur ihn da war Da ihm das auf normalem Weg nicht gelungen sei habe er den Umweg uber ein Verbrechen gesucht indem er ein Kind entfuhrte und so lange isolierte bis er glaubte es nach seinem Bild neu erschaffen zu konnen Ob er das bei ihr erreicht habe konne sie nicht mit Sicherheit sagen gebrochen habe er sie indes nie 14 Kampusch lasst keinen Zweifel daran dass der Tater sie volle achteinhalb Jahre lang missbraucht hat Die Annahme jedoch ihm sei es dabei hauptsachlich um Sex gegangen weist sie zuruck Daher habe die Boulevardpresse mit einer der ersten Schlagzeilen uber ihn Die Sexbestie weit daneben gelegen Die kleinen sexuellen Ubergriffe von seiner Seite habe sie eher den taglichen Drangsalierungen in Gestalt von Tritten Schlagen usw zugerechnet Als sie sich im Alter von 10 von ihm nackt waschen lassen musste habe er sie abgeschrubbt wie ein Auto und als sie ab dem Alter von 14 gelegentlich die Nacht mit ihm in seinem Bett verbringen musste mit Kabelbindern an ihn gefesselt sei es ihm um Korperkontakt gegangen um Kuscheln Diesbezuglich weiter ins Detail zu gehen widerstrebe ihr nachdem ihr Leben in Gefangenschaft in unzahligen Berichten Verhoren Fotos zerpfluckt worden sei wolle sie sich diesen Teil als den letzten Rest an Privatsphare bewahren 15 Gegenuber dem Opfer Bearbeiten Dass nichts nur schwarz oder weiss und niemand nur gut oder bose sei auch ein Entfuhrer nicht hore die Offentlichkeit so Kampuschs Erfahrung von einem Entfuhrungsopfer nur ungern Eine solche Bereitschaft zur Differenzierung tue man schnell mit einem einzigen Wort ab Stockholm Syndrom Fur sich lehnt sie diese Diagnose entschieden ab Sie bestreitet keineswegs dass auch sie ein Verhalten entwickelte bei dem das Opfer mit dem Tater sympathisiert und kooperiert Aber sie verwahrt sich dagegen es zu pathologisieren Es handle sich um keine Krankheit sondern um eine Strategie des Uberlebens in einer ausweglosen Situation sei also vollig normal Die Tatsache dass sie selbst als Opfer dem Tater die Menschlichkeit nicht absprach und ihm auch gesagt habe dass sie ihm verzeihe habe sicher dazu beigetragen dass er sie nicht ganz verlor 16 Kampusch war nicht ganz unvorbereitet auf das was sie nach einer moglichen Befreiung von Seiten der Offentlichkeit erwartete Ab Marz 2004 verfolgte sie den Prozess gegen den mehrfachen Kindesentfuhrer und Morder Marc Dutroux sie durfte fernsehen und Radio horen seit der Tater sicher sein konnte dass nicht mehr nach ihr gefahndet wurde daraus lernte sie dass man Opfern von Gewaltverbrechen nicht immer glaubt und dass die Empathie ihnen gegenuber leicht in Ablehnung umschlagen kann wenn sie dem Erwartungsbild nicht entsprechen Ahnliches widerfuhr ihr auch Sie bekam viel Post was sie naturlich freute vor allem dann wenn aus ihr ehrliches Interesse an ihrer Person sprach nicht wenige seien aber ganz selbstverstandlich davon ausgegangen dass sie als Opfer gebrochen sein und dies auch bleiben musse Da sie sich in diese Rollenzuweisung jedoch nicht schickte fand man dann einiges eigenartig dass sie nicht zu ihrer Mutter zog sich eine Wohnung leisten konnte usw und glaubte bereitwillig manchem Gerucht 17 Rezeption BearbeitenDas deutsche Feuilleton war sich einig in der Wertschatzung des Buches und hob lediglich unterschiedliche Aspekte hervor Sophie von Maltzahn Die Zeit zeigte sich von der Lekture angetan weil ihr die Protagonistin als emanzipierte Frau begegnete 18 Christian Geyer FAZ ruckte die psychologischen Einblicke die die Ich Erzahlerin gewahrt in den Fokus und nahm Bezug auf konkrete Textstellen wie ihre Abgrenzung vom Stockholm Syndrom oder die Abwehrtechnik die sie intuitiv entwickelt hatte um sich dem Sog der Ohnmacht nach Gewalterfahrungen zu widersetzen 19 Wolfgang Luef Suddeutsche Zeitung erinnerte an die vielen maliziosen Unterstellungen die der Boulevard in den Jahren zuvor uber Kampusch verbreitet hatte und sah in ihrem Buch den Versuch mit ihrer Version der Geschichte die Deutungshoheit uber ihr Leben ein Stuck weit zuruckzuerobern 1 Beglaubigung BearbeitenDie Lekture von 3096 Tage lasst keinen Zweifel daran dass es Kampusch nicht nur um ihre Version geht sondern um die Wahrheit Diesen Anspruch glaubhaft zu vermitteln gelingt ihr nicht zuletzt dadurch dass sie nicht in jedem Punkt auf alleiniger Deutungshoheit besteht wie zum Beispiel in der Frage der immer wieder angezweifelten Einzeltaterschaft Priklopils Ihre Glaubwurdigkeit bestarkt hat auch der Hamburger Ex Polizist und Journalist Peter Reichard aus seiner Sicht gleich dreifach Auf Basis seiner langjahrigen Kontakte zu Kampusch und ihrem Umfeld entstanden eine filmische Dokumentation 2010 20 sowie ein Buch 2016 21 dessen Hauptteil eine akribisch recherchierte Chronologie bildet und dessen Epilog den Inhalt von bis dahin unbekannten Videos wiedergibt die der Entfuhrer vorwiegend an Geburts und Feiertagen drehte Wahrend Kampusch sich gegen die Veroffentlichung des Buches in dem der Inhalt der Videos beschrieben wurde wehrte und vor Gericht mit ihrer Klage scheiterte 22 halt Reichard gerade sie fur besonders geeignet Kampuschs Aussagen insgesamt zu beglaubigen worin ihm Stefan Aust in seinem Vorwort beipflichtet und bemerkt in seiner Einleitung zum Epilog Wir konnten uns mit eigenen Augen davon uberzeugen dass alles was Natascha Kampusch uns bis dahin uber die Zeit ihrer Gefangenschaft erzahlt hatte sowie in ihrem Buch zahlreichen Interviews und in den Gesprachen mit Filmproduzent Bernd Eichinger fur ihren Kinofilm beschrieben hatte bis ins kleinste Detail mit dem Inhalt der irren Heimvideos ubereinstimmte 23 Verfilmung BearbeitenBernd Eichinger erwarb 2010 die Rechte an der gleichnamigen Verfilmung des Buches Er war auch Co Autor des Drehbuchs verstarb jedoch vor dessen Vollendung Regie fuhrte Sherry Hormann Kameramann war Michael Ballhaus die Hauptrolle wurde mit Antonia Campbell Hughes besetzt In die Kinos kam der Film 2013 Ausgaben BearbeitenNatascha Kampusch 3096 Tage Mit Heike Gronemeier und Corinna Milborn List Berlin 2010 ISBN 978 3471350409 Natascha Kampusch 3096 Tage Mit Heike Gronemeier und Corinna Milborn Ullstein Berlin 2012 ISBN 978 3548374260 Weblinks BearbeitenHomepage von Natascha Kampusch Erstes TV Interview mit Natascha Kampusch Anschliessend kurzes Interview mit ihrer Mutter Brigitta Sirny ORF2 5 September 2006 Einzelnachweise Bearbeiten a b Wolfgang Luef Nichts ist nur schwarz und nur weiss Suddeutsche Zeitung 7 September 2010 abgerufen am 28 Marz 2021 a b Dieter Wunderlich Natascha Kampusch 3096 Tage Buchbesprechung Eigene Website abgerufen am 21 Marz 2021 Natascha Kampusch 3096 Tage Mit Heike Gronemeier und Corinna Milborn List Berlin 2010 S 15 Natascha Kampusch 3096 Tage S 17 Natascha Kampusch 3096 Tage S 141 Natascha Kampusch 3096 Tage S 171 Natascha Kampusch 3096 Tage S 277 Natascha Kampusch 3096 Tage S 276 277 Natascha Kampusch 3096 Tage S 278 279 Natascha Kampusch 3096 Tage S 92 95 und 282 Natascha Kampusch 3096 Tage S 282 283 Natascha Kampusch 3096 Tage S 281 Natascha Kampusch 3096 Tage S 191 Natascha Kampusch 3096 Tage S 144 145 Natascha Kampusch 3096 Tage S 92 und 187 Natascha Kampusch 3096 Tage S 175 176 Natascha Kampusch 3096 Tage S 210 und 278 280 Sophie von Maltzahn Ubersehene Qualen Die Zeit 16 September 2010 abgerufen am 28 Marz 2021 Christian Geyer Heile Welt ist doch nichts passiert Frankfurter Allgemeine Zeitung 7 September 2010 abgerufen am 28 Marz 2021 Natascha Kampusch 3096 Tage Gefangenschaft Dokumentation von Peter Reichard und Alina Teodorescu NDR 2010 abgerufen am 28 Marz 2021 Peter Reichard Der Entfuhrungsfall Natascha Kampusch Die ganze beschamende Wahrheit riva Verlag Munchen 2016 Gerichtsurteil Buch uber Natascha Kampusch wird nicht verboten Frankfurter Allgemeine Zeitung 1 Juni 2016 abgerufen am 31 Marz 2021 Peter Reichard Der Entfuhrungsfall Natascha Kampusch Die ganze beschamende Wahrheit riva Verlag Munchen 2016 S 366 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title 3096 Tage Buch amp oldid 234230002