Super-Recognizer ist eine Bezeichnung für Menschen, die sich überdurchschnittlich gut Gesichter einprägen und diese wiedererkennen können.
Wissenschaft Bearbeiten
Obwohl sich die Wissenschaft schon länger mit der Gesichtserkennung beschäftigt, befindet sich die Erforschung dieser Fähigkeit noch am Anfang, da sie erst 2009 entdeckt wurde. Im Rahmen der Erforschung der pathologischen Gesichtserkennungsschwäche Prosopagnosie untersuchten Wissenschaftler von der Harvard University auch vier Personen, die behaupteten, Gesichter besser erkennen zu können. Diese als „Super-Recognizer“ bezeichneten Personen erzielten dabei weit überdurchschnittliche Ergebnisse. Zurzeit geht man davon aus, dass 1–2 Prozent der Weltbevölkerung über diese Fähigkeit verfügt.
Anwendung in der Kriminalistik Bearbeiten
Da Super-Recognizer oft schon nach einer flüchtigen Begegnung auch noch Jahre später Personen wiederkennen können, auch wenn diese sich äußerlich stark verändert haben, sind sie auch für Strafverfolgungsbehörden interessant. In diesem Punkt waren sie auch der technischen Gesichtserkennung voraus. Später erfolgte Untersuchungen mit weiterentwickelten Gesichtserkennungsalgorithmen lieferten das Ergebnis, dass die Kombination von Super-Recognizern mit computerunterstützter Gesichtserkennung die Erkennungsquote weiter erhöhen kann.
Nachdem es 2011 zu Ausschreitungen in England gekommen war, mussten etliche Überwachungsbilder gesichtet werden. Dabei stellte sich heraus, dass die Polizisten, die Gesichter überdurchschnittlich gut erkannten, auch überdurchschnittlich viele Tatverdächtige identifizieren konnten; ein Polizist alleine erkannte 180 Personen.
2015 gründete der Metropolitan Police Service eine Einheit aus Super-Recognizern, die „innerhalb von vier Monaten mehr als 500 Verdächtige in zuvor ungeklärten Kriminalfällen anhand von Überwachungsvideos identifiziert[e]“, was eine Verdreifachung zu vorher darstellte. Sie halfen auch bei den Ermittlungen zu den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 in Köln.
Mitte 2018 stellte das Polizeipräsidium München in einem Pilotprojekt eine Gruppe von Super-Recognizern zusammen, die in der zweiten Jahreshälfte rund 200 Kriminalfälle aufklärte. Der Spiegel berichtet in seiner Online-Ausgabe, dass in dem Tatkomplex Ausschreitungen und Plünderungen in Stuttgart (2020) „jeder zweite der bislang rund 140 Tatverdächtigen von sogenannten Super-Recognisern der Polizei wiedererkannt worden“ sei.
Weblinks Bearbeiten
- Meike Ramon: Super-Recognizer: Die Gesichterprofis in Spektrum der Wissenschaft, 27. September 2018
- Eva Obermüller: Wenn man jedes Gesicht wiedererkennt In: Orf.at, 14. Mai 2021
Einzelnachweise Bearbeiten
- Amy Lavoie: ‘Super-recognizers’ never forget a face: Face recognition may vary more than previously thought. In: The Harvard Gazette. Harvard University, 22. Mai 2009, abgerufen am 11. Juli 2020 (englisch).
- Kristin Haug: Super-Recognizer Andy Pope erkennt Kriminelle auf Bildern wieder. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 20. Januar 2021.
- ↑ Gioia Forster: Super-Recogniser: Manche Menschen erinnern sich an alle Gesichter. In: Welt online. 27. Oktober 2016, abgerufen am 11. Juli 2020.
- Michelle Taylor: Who is Better at Face Recognition – Algorithms or People?, Forensic, 11 November 2020; abgerufen am 18. Mai 2023.
- ↑ Katrin Bennhold: London Police ‘Super Recognizer’ Walks Beat With a Facebook of the Mind. In: New York Times. 9. Oktober 2015, abgerufen am 11. Juli 2020 (englisch).
- Irmengard Gnau: Gesichtserkennung: Münchner Polizei setzt jetzt „Super Recogniser“ ein. In: Welt online. 20. Juni 2018, abgerufen am 11. Juli 2020.
- "Super-Recogniser" helfen bei 200 Fällen. In: Süddeutsche Zeitung. 24. Januar 2019, abgerufen am 11. Juli 2020.
- Jeder zweite Verdächtige wiedererkannt – dank „Super-Recogniser“. In: Der Spiegel (online). Abgerufen am 25. August 2021 (DPA).