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Ein Sturmglas auch FitzRoy Sturmglas nach dem Admiral Robert FitzRoy oder Campherglas ist ein mit Wasser Ethanol Campher Kaliumnitrat und Ammoniumchlorid gefulltes Glasrohr in dem gelegentlich Kristalle in unterschiedlichen Formen wachsen und sich wieder auflosen Es wird behauptet dass diese Veranderungen Sturme oder Schlechtwetterfronten ankundigen jedoch konnte eine Untersuchung von Chemikern der Universitat Duisburg Essen eine solche Eignung zur Wettervorhersage nicht bestatigen 1 Sturmglas Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufbau und Wirkungsweise 3 Literatur 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Name des FitzRoy Sturmglases geht wahrscheinlich auf den Admiral Robert FitzRoy 1805 1865 zuruck FitzRoy war mit dem Aufbau eines meteorologischen Messnetzes betraut Dazu hatte er ein einfaches und billiges aber genaues Quecksilberbarometer also einen echten Druckmesser entwickelt das in ganz England eingesetzt werden sollte Dieses Barometer wurde nach seinem Tod weiterentwickelt mit einem Thermometer und auch mit dem nach ihm benannten Sturmglas versehen Sturmglaser dieses Typs wurden schon seit dem 17 Jahrhundert in England an der London Bridge verkauft Ein gewisser Barth in Nurnberg soll dieses Wetterglas zuvor schon hergestellt haben 2 FitzRoy wies in seinem Meteorologiebuch auf die Tauglichkeit des Sturmglases zur Vorhersage von Wetteranderungen hin obwohl es von Wissenschaftlern abgelehnt wurde da keine wissenschaftliche Erklarung fur die beobachtbaren Anderungen im Glas im Zusammenhang mit dem Wetter existierte von Anderungen der Umgebungstemperatur abgesehen Aufbau und Wirkungsweise BearbeitenDas Glas besteht aus einer hermetisch abgeschlossenen Glasrohre mit einer gesattigten Campher Alkohol Losung Hans Baumer Laborleiter beim Bruckmann Verlag der um 1980 sogenannte Sferics und spater auch das Sturmglas erforschte erwahnt eine wassrige Losung von Kaliumnitrat und Ammoniumchlorid die mit einer Campher Losung in neunzigprozentigem Alkohol vermischt ist 3 Die Chemiker der Universitat Duisburg Essen analysierten den Inhalt eines Sturmglases von E S Sorensen Malov Danemark Er enthielt je kg 243 g Wasser 243 g Ethanol 363 g Campher 50 g Kaliumnitrat und 100 g Ammoniumchlorid 1 Aufgrund von Beobachtungen vermutete man dass in der Losung Kristalle in Abhangigkeit von der Wetteranderung wachsen Wahrend der zweiten Reise der HMS Beagle arbeiteten FitzRoy und Charles Darwin folgende Deutung des Kristallwachstums heraus Wenn die Flussigkeit im Glas klar ist wird das Wetter sonnig und klar Ist die Flussigkeit flockig wird es bewolkt Niederschlag ist moglich Wenn kleine Flockchen in der Flussigkeit schweben kann man feuchtes nebeliges Wetter erwarten Ein trubes Glas mit kleinen Sternen deutet auf Gewitter Sind an einem schonen Wintertag kleine Sternchen in der Flussigkeit wird es schneien Sind grosse Flocken uberall in der Flussigkeit wird es je nach Jahreszeit bedeckt oder im Winter fallt Schnee Wenn viele Kristalle auf dem Boden sind gibt es Frost Wenn sich an der Oberflache Kristalle bilden wird es sturmisch Das Sturmglas soll dabei eine Vorhersage uber einen Zeitraum von etwa 24 bis 36 Stunden erlauben Eine Theorie zum Phanomen des Kristallwachstums die oft zitiert wird beruht darauf dass sich eine Sturmfront in der Regel durch einen sinkenden Luftdruck ankundigt Insbesondere bei Varianten des Sturmglases die nicht gasdicht verschlossen sind wirkt der Luftdruck auf das Innere des Glases ein Bei geringerem Druck soll die Menge an Fremdstoffen geringer sein die in einer Flussigkeit gelost sein konnen ohne dass diese ubersattigt wird Der verminderte Luftdruck soll somit zu einer vorubergehenden Ubersattigung der Losung fuhren und es bildeten sich infolgedessen temporar Kristalle Kritiker dieser Theorie fuhren an dass die Loslichkeit von Feststoffen kaum vom Druck abhangt und dass auch Sturmglaser zu funktionieren scheinen deren Glas gasdicht zugeschmolzen ist In diesem Fall ist der Einfluss des Luftdrucks um etliche Grossenordnungen kleiner und damit vermutlich nicht mehr von Belang Hans Baumer will durch eigene Versuche Temperatur und Druck als wesentliche Einflussfaktoren ausgeschlossen haben und kam zu dem Ergebnis die Grosse der Kristalle in seinem Glas sei im Wesentlichen an das Auftreten elektromagnetischer Langstwellen sogenannter Sferics gekoppelt Diese Sferics entstehen vor allem in Tiefdruckgebieten in den Bereichen in denen Luft angehoben wird oder aufgrund von atmospharischer Labilitat aufsteigt Das Sturmglas zeige demnach Sferics und somit das Herannahen eines Tiefdruckgebietes also Schlechtwetter an 4 Schon FitzRoy soll vermutet haben dass die Luftelektrizitat was man im weitesten Sinne als elektromagnetische Wellen interpretieren kann der Verursacher fur das Kristallwachstum ist Die Chemiker der Universitat Duisburg Essen beobachteten die Kristalle in einem nach ihren Analysen siehe oben hergestellten und in einem Gebaude befindlichen Sturmglas wahrend etwa 13 Monaten und untersuchten die Erscheinungen auf Korrelationen mit Wetterfaktoren desselben Tages und der sieben darauffolgenden Tage Als Wetterfaktoren erfassten sie Luftdruck Aussentemperatur Niederschlagsmenge Windrichtung und geschwindigkeit und UV Index zusatzlich erfassten sie die Temperatur der Sturmglasumgebung Mit keiner der Wettergrossen wurde eine Korrelation gefunden mit folgenden Ausnahmen Bildeten sich nach unten schwebende Kristalle was allerdings selten eintrat so stellte sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in den folgenden drei bis funf Tagen ein hoher Luftdruck ein wechselte das Erscheinungsbild der Kristalle wieder in einen anderen Zustand war der Luftdruck in den nachsten Tagen wieder normal Schlechtes Wetter oder Sturme konnten aus dem Erscheinungsbild der Kristalle nicht vorhergesagt werden keines der Erscheinungsbilder ging mit besonders niedrigem Luftdruck einher Die Umgebungstemperatur des Sturmglases hatte dagegen einen deutlichen Einfluss auf das Kristallbild Mehr Kristalle bei niedriger Temperatur und umgekehrt Versuche mit Losungen bei denen Kaliumnitrat Ammoniumchlorid Wasser oder Ethanol weggelassen wurden zeigten dass alle diese Bestandteile fur die typische Ausbildung und Veranderung der Kristallerscheinungen erforderlich sind nbsp Detailaufnahme von Kristallen im Sturmglas nbsp Kristalle im Sturmglas nbsp Kristalle im Sturmglas nbsp Kristalle im SturmglasLaut dem Journal of Crystal growth sind Veranderungen bezuglich der Kristallstruktur ausschliesslich auf Veranderungen der Umgebungstemperatur zuruckzufuhren 5 Literatur BearbeitenBert Bolle Alte Barometer ubersetzt von Christian Zinsser Callwey Munchen 1980 ISBN 3 7667 0534 2 Siehe auch BearbeitenChemischer GartenWeblinks BearbeitenAndreas Beutel zeigt auf seinen Wetterseiten Webcam Bilder von einem Sturmglas sowie hier die Veranderungen uber Monate im Zeitraffer Auf den Webseiten vom Bild der Wissenschaft Shop sind die Zustande bei verschiedenen Wetterlagen als Skizze dargestellt und ein Zeitraffer Video zeigt das Wachsen der Kristalle Bild von FitzRoys Quecksilberbarometer mit Sturmglas und die Geschichte des Barometers auf der englischen Seite des Antiquitatenhandlers Charles Edwin Eine englischsprachige Bauanleitung des Sturmglases und ein Zeitraffer Video des Kristallwachstums findet man bei instructables com Einzelnachweise Bearbeiten a b Paulina Kaempfe Karl Molt Matthias Epple Admiral Fitzroys legendares Sturmglas In Chemie in unserer Zeit Bd 46 Februar 2012 S 26 31 doi 10 1002 ciuz 201100563 Bert Bolle Alte Barometer ubersetzt von Christian Zinsser Callwey Munchen 1980 ISBN 3 7667 0534 2 Hans Baumer Sferics die Entdeckung der Wetterstrahlung Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1987 ISBN 3 498 00487 5 S 163 Hans Baumer Sferics die Entdeckung der Wetterstrahlung Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1987 ISBN 3 498 00487 5 S 162 175 Yasuko Tanaka Koichi Hagano Tomoyasu Kuno Kazushige Nagashima Pattern formation of crystals in storm glass In Journal of Crystal Growth Band 310 Nr 10 Kawasaki 1 Mai 2008 S 2668 2672 doi 10 1016 j jcrysgro 2008 01 037 bibcode 2008JCrGr 310 2668T Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sturmglas amp oldid 227944525