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Die sozialen Neurowissenschaften sind ein interdisziplinares Feld das seine Anfange in den fruhen 1990er Jahren hat Hierbei werden biologische und soziale Forschungsansatze als einander erganzende Erkenntniszugange betrachtet die die sozial gewachsenen Strukturen jenseits des Individuums untersuchen 1 Forschungsbereiche sind die neuronalen humoralen zellularen und genetischen Mechanismen die diesen Strukturen zugrunde liegen Es wird von einer wechselseitigen Beeinflussung auf unterschiedlichen strukturellen Ebenen ausgegangen Ein besonderer Fokus liegt auf der funktionellen Betrachtung von Hirnprozessen 2 Untersuchte Prozesse befinden sich hierbei sowohl auf intraindividueller Ebene wie soziale Wahrnehmung und soziale Kognition als auch auf interindividueller Ebene wie soziale Interaktion und soziale Beeinflussung Die Integration der unterschiedlichen Forschungsansatze erfordert interdisziplinare Expertise und die Integration verschiedener Datenebenen Inhaltsverzeichnis 1 Methodologie 1 1 Doktrin der Multilevel Analyse 1 2 Das goldene Dreieck der Humanneurowissenschaften 2 Das soziale Gehirn 3 Forschungsfeld 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseMethodologie BearbeitenAufgrund der unterschiedlichen Mutterdisziplinen bedient sich das interdisziplinare Feld einer Vielzahl an unterschiedlicher Methodik fMRI TMS EEG EKG EMG Endokrinologie SCR Lasionsstudien Tiermodelle Die Herausforderung liegt hierbei in der Integration von aus den sozialen Ansatzen stammenden Humandaten mit den biologischen Tiermodellen 2 Die Grundidee der Forschung ist es Erklarungen fur vorangehende Bedingungen zu finden beteiligte Strukturen zu lokalisieren zugrunde liegende Prozesse zu beschreiben und ihre Konsequenzen vorherzusagen Die multiple Determiniertheit menschlichen Verhaltens macht die Berucksichtigung unterschiedlicher Analyseebenen bereits bei der Theoriebildung erforderlich Komplexe funktionelle Konstrukte z B Vorurteil Bindung Empathie Vertrauen mussen in ihre Untereinheiten zerlegt werden um bedeutungsvolle Analyseeinheiten darzustellen Doktrin der Multilevel Analyse Bearbeiten Die Doktrin der Multilevel Analyse geht auf Cacioppo und Berntson 1992 3 zuruck und ist als Grundprinzip des Forschungsfeldes der sozialen Neurowissenschaften anzusehen Sie tragt den unterschiedlichen Daten und Analyseebenen Rechnung und basiert auf drei Grundsatzen Multiple Antezedenzien vorangehende Bedingungen Ein Zielereignis auf einer Strukturebene kann unterschiedliche Ausloser innerhalb dieser Ebene oder uber verschiedene Ebenen hinweg haben wenn ein Ausloser ausgeblendet wird fuhrt dies folglich zu einem unvollstandigen Verstandnis Nonadditiver Determinismus Die Eigenschaften des Ganzen lassen sich nicht notwendigerweise aus den Eigenschaften der Bestandteile additiv vorhersagen Reziproker Determinismus Zwischen biologischen und sozialen Faktoren existiert eine wechselseitige Beeinflussung im Hinblick auf die Ausformung des Zielverhaltens Das goldene Dreieck der Humanneurowissenschaften Bearbeiten Da die verschiedenen Forschungsansatze der sozialen Neurowissenschaften unterschiedliche Schlussfolgerungen zulassen schlagen Decety und Cacioppo 2010 4 die Betrachtung dreier sich aufeinander beziehender und als gleich wichtig anzusehender Ansatze vor Verhaltensdaten z B Reaktionszeit Wahl Urteil Physiologische Messungen z B bildgebende Verfahren die Messungen liefern korrelative Daten des menschlichen Gehirns Tier und Humanexperimente Lasionsstudien TMS experimentelle Pharmakologie die experimentellen Daten erlauben kausale Aussagen Erst die Zusammenfuhrung unterschiedlicher Ansatze z B in Metaanalysen erlaubt es zu vertiefenden Einsichten zu kommen und einen wissenschaftlichen Konsens zu einem Themenbereich auch uber Aufgaben und Situationen hinweg zu finden Das soziale Gehirn BearbeitenDie Anpassung des Gehirns an soziale Prozesse erklart die Komplexitat des menschlichen Gehirns 5 Die Untersuchung der neuronalen Strukturen die der sozialen Kognition zugrunde liegen wirft die Frage auf ob es spezifische soziale Interaktionsmodule gibt oder ob soziale Kognition generelle kognitive Mechanismen nutzt 6 Besonders untersuchte Themen bisher sind die neuronalen Grundlagen der emotionalen Gesichterverarbeitung der Empathie des Mitgefuhls der kognitiven Perspektivenubernahme Theory of mind sowie der moralischen Gefuhle und Handlungen Forschungsfeld BearbeitenEs gibt vielfaltige Bereiche in die die Erkenntnisse aus den sozialen Neurowissenschaften einfliessen konnen Klassische Arbeiten existieren z B zur Erkennung des emotionalen Gesichtsausdrucks 7 sowie zu Beeintrachtigungen im Sozialverhalten bei erhaltener Intelligenz nach Schadigungen im ventromedialen prafrontalen Cortex 8 Damasios Arbeiten verdeutlichen die Rolle der Emotion in der sozialen Entscheidungsfindung Aktuelle Forschungsfelder beschaftigen sich unter anderem mit der psychischen Gesundheit bei deren Erhaltung soziale Beziehungen eine grundlegende Rolle spielen Die Psychopathologie des sozialen Gehirns sowie seine Plastizitat liegen hierbei im Forschungsfokus Das Verstandnis fur psychische Storungen kann durch die Integration von sozialen psychologischen und neurologischen Mechanismen zu einem ganzheitlichen Bild erweitert werden 9 Eine andere Forschungslinie bildet die Empathieforschung Empathie aussert sich auf neuronaler Ebene d h bei der Betrachtung der Emotionen einer Person wird ein ahnliches Muster an Aktivierung gefunden wie beim eigenen Durchleben der gleichen Emotion 10 Die Vielfalt der Forschungsbereiche verdeutlicht das gesellschaftliche Potential der sozialen Neurowissenschaften Siehe auch BearbeitenNeurowissenschaften SpiegelneuronLiteratur BearbeitenJ Decety J T Cacioppo Handbook of Social Neuroscience Oxford University Press New York 2011 J Decety W Ickes The Social Neuroscience of Empathy MIT press Cambridge 2009 M De Haan M R Gunnar Handbook of Developmental Social Neuroscience The Guilford Press New York 2009 Weblinks BearbeitenUberblickDie Kraft des Sozialen In Gehirn amp Geist 3 2010 online auf gehirn und geist de EinzelthemenDie Entdeckung des Mitgefuhls In Die Zeit 21 2008 online auf zeit de Die Macht der Gefuhle online auf stern de Institutionens4sn org Society for Social Neuroscience cbs mpg de Max Planck Institut fur Kognitions und Neurowissenschaften in LeipzigEinzelnachweise Bearbeiten J T Cacioppo G G Berntson J Decety Social neuroscience and its relation to social psychology In Social Cognition 28 2010 S 675 684 a b J T Cacioppo J Decety Social neuroscience Challenges and opportunities in the study of complex behavior In Annals of the New York Academy of Sciences 2011 doi 10 1111 j 1749 6632 2010 05858 x J T Cacioppo G G Berntson Social psychological contributions to the decade of the brain Doctrine of multilevel analysis In American Psychologist 47 1992 S 1019 1028 J Decety T T Cacioppo Frontiers in human neuroscience the golden triangle and beyond In Perspectives on Psychological Science 5 2010 S 767 771 Thomas Schmitt Das soziale Gehirn Eine Einfuhrung in die Neurobiologie fur psychosoziale Berufe 2 erweiterte und uberarbeitete Auflage Weinheim 2021 ISBN 978 3 7799 3171 3 R Adolphs The Social Brain Neural basis of social knowledge In Annual Review of Psychology 60 2009 S 693 716 R Adolphs D Tranel H Damasio A Damasio Impaired recognition of emotion in facial expressions following bilateral damage to the human amygdala In Nature 372 1994 S 669 672 A R Damasio The somatic marker hypothesis and the possible functions of the prefrontal cortex In Philosophical Transactions of the Royal Society B Biological Sciences 351 1996 S 1413 1420 J T Cacioppo u a Social neuroscience Progress and implications for mental health In Perspectives on Psychological Science 2 2007 S 99 123 T Singer C Lamm The social neuroscience of empathy In The Year in Cognitive Neuroscience 2009 Annals of the New York Academy of Sciences 1156 2009 S 81 96 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Soziale Neurowissenschaften amp oldid 232339324