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Beim Situationskalkul handelt es sich um ein Konzept der kunstlichen Intelligenz Es werden Auswirkungen von Aktionen auf Situationen in einer Modellwelt unter Verwendung der Pradikatenlogik beschrieben Angewendet wird der Situationskalkul zum Beispiel in der Sprache GOLOG welche unter anderem in der Robotik zur Aktionsplanung eingesetzt wird Es geht auf John McCarthy und Pat Hayes in den 1960er Jahren zuruck Weiterentwickelt wurde er von Ray Reiter in den 1990er Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung der Modellwelt 2 Beispiel 3 Rahmenproblem 4 Axiome des Situationskalkuls 5 Bemerkung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 EinzelnachweiseBeschreibung der Modellwelt BearbeitenDie Durchfuhrung einer Aktion a fuhrt zu einer Nachfolgesituation s i 1 displaystyle s i 1 nbsp die von der vorherigen Situation s i displaystyle s i nbsp und der durchgefuhrten Aktion abhangig ist Das lasst sich formal durch eine binare Funktion d o a s displaystyle do a s nbsp ausdrucken s i 1 d o a s i displaystyle s i 1 do a s i nbsp Nicht jede Aktion lasst sich in jeder Situation durchfuhren Die Durchfuhrbarkeit lasst sich mit Hilfe des Pradikats P o s s a s displaystyle Poss a s nbsp definieren welches in allen Situationen wahr ist in denen die Aktion erlaubt ist Fur diese Definition sind haufig situationsabhangige Pradikate notwendig Relationen die ihren Wahrheitswert uber die Zeit andern heissen Fluents Beispiel BearbeitenAls Beispiel dient ein Schrank mit mehreren Schubladen Aus den Schubladen konnen Gegenstande genommen werden die Schubladen konnen geoffnet und geschlossen werden Dieser Sachverhalt lasst sich folgendermassen beschreiben Geschlossene Schubladen konnen geoffnet werden Die Schublade x lasst sich genau in den Situationen s offnen in denen sie geschlossen ist Poss o e f f n e S c h u b l a d e x s i s t G e s c h l o s s e n x s displaystyle textrm Poss mathit oeffneSchublade x s equiv mathit istGeschlossen x s nbsp Wenn man eine Schublade offnet dann ist sie danach geoffnet Wird die Schublade x in einer Situation s geoffnet so folgt daraus dass sie in der darauffolgenden Situation nicht mehr geschlossen ist Poss o e f f n e S c h u b l a d e x s i s t G e s c h l o s s e n x do o e f f n e S c h u b l a d e x s displaystyle textrm Poss mathit oeffneSchublade x s rightarrow neg mathit istGeschlossen x textrm do mathit oeffneSchublade x s nbsp Gegenstande die sich in einer geoffneten Schublade befinden konnen herausgenommen werden Der Gegenstand y kann genau in den Situationen s aus der Schublade x genommen werden in denen gleichzeitig die Schublade nicht geschlossen ist und sich der Gegenstand in der Schublade befindet Poss n i m m A u s S c h u b l a d e x y s i s t G e s c h l o s s e n x s i s t I n S c h u b l a d e x y s displaystyle textrm Poss mathit nimmAusSchublade x y s equiv neg mathit istGeschlossen x s wedge mathit istInSchublade x y s nbsp Nimmt man einen Gegenstand raus dann ist er danach nicht mehr in der Schublade Wird der Gegenstand y in einer Situationen s aus der Schublade x genommen so befindet sich der Gegenstand in der nachfolgenden Situation nicht mehr in der Schublade Poss n i m m A u s S c h u b l a d e x y s i s t I n S c h u b l a d e x y do n i m m A u s S c h u b l a d e x y s displaystyle textrm Poss mathit nimmAusSchublade x y s rightarrow neg mathit istInSchublade x y textrm do mathit nimmAusSchublade x y s nbsp Geoffnete Schubladen konnen geschlossen werden Die Schublade x lasst sich genau in den Situationen s schliessen in denen sie nicht geschlossen ist Poss s c h l i e s s e S c h u b l a d e x s i s t G e s c h l o s s e n x s displaystyle textrm Poss mathit schliesseSchublade x s equiv neg mathit istGeschlossen x s nbsp Wenn man eine Schublade schliesst dann ist sie danach geschlossen Wird die Schublade x in einer Situation s geschlossen so folgt daraus dass sie in der darauffolgenden Situation geschlossen ist Poss s c h l i e s s e S c h u b l a d e x s i s t G e s c h l o s s e n x do s c h l i e s s e S c h u b l a d e x s displaystyle textrm Poss mathit schliesseSchublade x s rightarrow mathit istGeschlossen x textrm do mathit schliesseSchublade x s nbsp Rahmenproblem Bearbeiten Hauptartikel Rahmenproblem Das vorangegangene Beispiel fuhrt direkt zum Rahmenproblem da die Klauseln noch nicht ausreichen um die Welt zu beschreiben Es fehlen noch triviale Klauseln die nur aussagen dass alle anderen Dinge durch die Aktionen nicht verandert werden Diese Klauseln werden schon bei kleinen Welten ausserordentlich zahlreich Bei 100 verschiedenen Aktionen mit 50 Fluenten sind schon zirka 10000 Klauseln zur Beschreibung notwendig Raymond Reiter 1 hat fur dieses Problem 1991 eine Losung gefunden die nur eine Klausel zur Darstellung eines Fluenten benotigt Wenn es moglich ist eine Aktion a in einer Situation s durchzufuhren dann folgt daraus dass die Schublade genau dann in der Nachfolgesituation geschlossen ist wenn entweder die Aktion a das Schliessen der Schublade war oder wenn die Schublade vorher schon geschlossen war und es sich bei der Aktion nicht um das Offnen der Schublade gehandelt hat Poss a s i s t G e s c h l o s s e n x do a s a s c h l i e s s e S c h u b l a d e x i s t G e s c h l o s s e n x s a o e f f n e S c h u b l a d e x displaystyle textrm Poss a s rightarrow mathit istGeschlossen x textrm do a s equiv a mathit schliesseSchublade x vee mathit istGeschlossen x s wedge a neq mathit oeffneSchublade x nbsp Dieser Losungsansatz ist unter dem Namen Successor State Axiom bekannt Axiome des Situationskalkuls BearbeitenDie Axiome sind folgende Klauseln die in jeder Welt gelten Es gibt genau eine Anfangssituation S 0 displaystyle S 0 nbsp keine Situation s displaystyle s nbsp liegt vor der Anfangssituation s S 0 displaystyle neg s sqsubset S 0 nbsp Jede Situation ist einmalig Wenn zwei Situationen gleich sind die durch die Aktion a 1 displaystyle a 1 nbsp in der Situation s 1 displaystyle s 1 nbsp und durch die Aktion a 2 displaystyle a 2 nbsp in der Situation s 2 displaystyle s 2 nbsp entstanden sind dann sind sowohl die Situationen s 1 displaystyle s 1 nbsp und s 2 displaystyle s 2 nbsp gleich als auch die Aktionen a 1 displaystyle a 1 nbsp und a 2 displaystyle a 2 nbsp do a 1 s 1 do a 2 s 2 a 1 a 2 s 1 s 2 displaystyle textrm do a 1 s 1 textrm do a 2 s 2 rightarrow a 1 a 2 wedge s 1 s 2 nbsp Eine Aussage ist in allen Situationen wahr wenn sie in der Anfangssituation wahr ist und die Aussage auch nach Durchfuhrung einer beliebigen Aktion in einer beliebigen Situation wahr bleibt P P S 0 a s P s P do a s s P s displaystyle forall textrm P quad textrm P S 0 wedge forall a forall s left textrm P s rightarrow textrm P textrm do a s right rightarrow forall s textrm P s nbsp Ein Teil der Situationen ist sortierbar Der Vergleichsoperator displaystyle sqsubset nbsp wird rekursiv definiert Eine Situation s 1 displaystyle s 1 nbsp die vor einer Situation do a s 2 displaystyle textrm do a s 2 nbsp liegt die sich durch Ausfuhrung der Aktion a displaystyle a nbsp in der Situation s 2 displaystyle s 2 nbsp ergibt ist entweder die Situation s 2 displaystyle s 2 nbsp oder eine Situation die vor s 2 displaystyle s 2 nbsp liegt s 1 do a s 2 s 1 s 2 s 1 s 2 s 1 s 2 displaystyle s 1 sqsubset textrm do a s 2 equiv s 1 s 2 vee s 1 sqsubset s 2 equiv s 1 sqsubseteq s 2 nbsp Bemerkung BearbeitenWenn man als Anfangsbedingung setzt dass sich ein Ball in der geschlossenen linken Schublade befindet und als Ziel dass der Ball sich dort nicht mehr befinden soll lasst sich unter Berucksichtigung aller Klauseln ein Plan berechnen der die linke Schublade offnet und den Ball aus der Schublade nimmt Siehe auch BearbeitenLogikkalkulLiteratur BearbeitenHermann Scheffler Der Situationskalkul Versuch einer arithmetischen Darstellung der niederen und hoheren Geometrie auf Grund einer abstrakten Auffassung der raumlichen Grossen Formen und Bewegungen Braunschweig Friedrich Vieweg 1851 Christoph Beierle Gabriele Kern Isberner Methoden wissensbasierter Systeme Grundlagen Algorithmen Anwendungen Teubner Verlag 2008 S 304 Raymond Reiter Knowledge in Action Logical Foundations for Specifying and Implementing Dynamical Systems 2001 ISBN 0 262 18218 1 Raymond Reiter The frame problem in the situation calculus a simple solution sometimes and a completeness result for goal regression In Vladimir Lifschitz Hrsg Artificial Intelligence and Mathematical Theory of Computation Papers in Honor of John McCarthy S 359 380 Academic Press New York 1991 ISBN 0 124 50010 2 Einzelnachweise Bearbeiten http prism cs umd edu papers Min02 reiter memoriam Min02 reiter memoriam html Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Situationskalkul amp oldid 202218796