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Die Siedlung Hessische Strasse im Dortmunder Stadtteil Eving wurde von 1949 bis 1951 durch die Bundesrepublik Deutschland vertreten durch das staatliche Finanzbauamt Dortmund fur Heimatlose Auslander errichtet Wegen des zeitlichen Zusammenfalls mit dem Koreakrieg wird sie umgangssprachlich auch Koreasiedlung oder Klein Korea genannt Als Finanzierung werden in verschiedenen Quellen Gelder aus dem Marshallplan dem Bundeshaushalt und des Hohen Fluchtlingskommissars der Vereinten Nationen genannt was aber kein Widerspruch sein muss In den baugleichen 28 Gebauden mit 56 Eingangen befinden sich nach umfangreicher Modernisierung in den 1980er Jahren 274 Wohnungen Als das Ministerium der Finanzen vertreten durch das Bundesvermogensamt Hagen und die Oberfinanzdirektion Munster die Siedlung 1988 meistbietend zum Kauf ausschrieb gelang es den Bewohnern und sie unterstutzende Verbande und Politiker durch Thematisierung der besonderen moralischen Verpflichtung und der immer noch lebendigen polnisch katholischen Kultur den Ankauf durch die landesbeteiligte Ruhr Lippe Wohnungsgesellschaft heute LEG NRW zu erreichen Seit 1961 werden die Wohnungen frei vermietet Heute wohnen darin auch Familienangehorige mit einem deutschen Pass und Deutsche ohne den besonderen geschichtlichen Hintergrund Im Jahr 2001 dem 50 jahrigen Bestehen waren von den 370 Bewohnern noch 60 Prozent polnischer Abstammung 1 Hessische Strasse 2012 Typische HauserzeileHessische Strasse 2012 Grune VerbindungswegeHessische Strasse 2012 Buroschild MieterratHessische Strasse 2012 Schaufenster Buro Mieterrat Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Siedlungsentwicklung 3 Kulturpflege 4 Mietermitbestimmung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDer Begriff Heimatlose Auslander ist die offizielle Adaption des von den Westalliierten noch vor Beendigung des Zweiten Weltkriegs geschaffenen Begriffs Displaced Persons DPs So wurden Menschen bezeichnet die in das Deutsche Reich verschleppt worden waren nach Kriegsende aber nicht in ihre vornehmlich ost und sudosteuropaischen Heimatlander zuruckkehren konnten und in DP Lagern untergebracht waren Nach Berechnungen der Westalliierten gab es auf dem Gebiet des Deutschen Reiches knapp neun Millionen DPs Bis 1949 war die vorrangige Ruckfuhrung in die Herkunftslander weitestgehend abgeschlossen und geklart dass etwa 411 000 Menschen aus verschiedenen Grunden als nicht repatriierbar anzusehen waren Bei den anfangs etwa 900 Heimatlosen Auslandern in Eving handelte es sich um Esten Letten Jugoslawen uberwiegend jedoch um Polen 2 Nach alliierten Verfugungen hatten sich die deutschen Behorden uneingeschrankt um diese Klientel zu kummern so dass nach Auflosung der DP Lager die Bundesrepublik Deutschland die Menschen als Heimatlose Auslander vollstandig in ihre Verantwortung ubernahm 3 Fur die Deutsche Demokratische Republik DDR bestand diese Thematik offiziell nicht Die Bundesregierung verabschiedete 1951 das Gesetz uber die Rechtsstellung heimatloser Auslander im Bundesgebiet HAuslG das den sozialpolitischen Umgang genau regelte 4 Ein spezielles Sozialamt fur Auslander ubernahm die Betreuung dieses Personenkreises Vorrangig waren dabei der Wohnungsbau und die seelische Betreuung Fur Nordrhein Westfalen war das Ministerium fur Arbeit Gesundheit und Soziales NRW Bereich Vertriebene Fluchtlinge Aussiedler zustandig Der Vorgang der staatlichen Sozialfursorge ist in Aktenbestanden des Landesarchivs NRW dokumentiert die eingesehen und auch als Kopien online bestellt werden konnen 5 Siedlungsentwicklung BearbeitenEs ist aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen ob die Wohnverhaltnisse zum Zeitpunkt der Errichtung der Siedlung angemessen waren Es wird in Quellen ein niedriger den seelischen Belastungen der Bewohner nicht angemessener Wohnstandard beklagt Dennoch versuchte man die Hilfen nicht allzu luxurios ausfallen zu lassen So blieb die Wohnsituation dieser Menschen eher unbefriedigend Sie fanden sich in Siedlungen wieder deren Hauser im Schnellverfahren hochgezogen worden waren Rasch entstanden G h ettos und Slums mit deren Bewohnern die deutsche Bevolkerung moglichst wenig zu tun haben wollte 3 Ein zeitgemasser beziehungsweise der heutige Zustand wurde erst 1979 und 1983 durch umfassende Modernisierungen unter anderem Einbau von Badern Isolierverglasung und warmedammende Aussenfassade hergestellt Allerdings wurden Altbauten und Nachkriegs Sozialbauten in der Regel erst in den 1980er Jahren modernisiert Kulturpflege BearbeitenDas wichtigste Kapitel der Siedlungsgeschichte ist die Ausbildung und Pflege einer katholisch polnischen Kultur die obwohl sie auf der polnischen Sprache als Alltagssprache beruhte schon deshalb keine Ausgrenzung bedeutete weil die Ruhrpolen als industrielle Arbeitsimmigranten in der Region bereits vertraut waren Die Polnische katholische Mission hatte bis 2004 in Eving ihren Hauptsitz Ein deutsch polnisch katholisches Zentrum Tanz Trachten und Gesangsgruppen und Beratungseinrichtungen existieren teilweise noch Familiarer nachbarschaftlicher und Generationen ubergreifender Zusammenhalt sind kein Alleinstellungsmerkmal aber noch pragende Alltagserfahrungen Mietermitbestimmung BearbeitenAls Folgewirkung des Zusammenbruchs der gewerkschaftseigenen Wohnungsgesellschaft Neue Heimat 1988 entstand eine wohnungspolitische Initiative fur eine vertraglich gesicherte Beteiligung von Mietern an Unternehmensentscheidungen Zum Modellvorhaben Mietermitbestimmung das vom Wohnbund Verbund in Bochum dem Werkstatt e V in Eving und dem Deutschen Mieterbund NRW auf der einen Seite und der Landesentwicklungsgesellschaft NRW die den NRW Bestand der Neuen Heimat erworben hatte und der Landesregierung NRW auf der anderen Seite getragen wurde gehorte auch die Siedlung Hessische Strasse nach dem Kauf durch die Ruhr Lippe Wohnungsgesellschaft seit 2008 LEG NRW In einer schriftlichen Vereinbarung wurden einem gewahlten Mieterrat weit gehende Informationsrechte und Mit Entscheidungsbefugnisse auch bei der Belegung leer stehender Wohnungen eingeraumt die heute noch bestehen Literatur BearbeitenOliver Willnow Spurensuche Displaced Persons und heimatlose Auslander in Dortmund In Historischer Verein fur Dortmund und die Grafschaft Mark e V Hrsg Beitrage zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark Band 88 1997 ISSN 0405 2021 S 209 ff Joachim Boll Hrsg Mieter bestimmen mit Ein Modell der Mietermitbestimmung fur Siedlungen von Wohnungsunternehmen Verlag fur wissenschaftliche Publikationen Darmstadt 1993 ISBN 3 922981 76 3 Veroffentlichung des Modellvorhabens Mitbestimmung und Selbstverwaltung der Mieter Klein Korea Leben in Parallelgesellschaft Memento vom 8 August 2016 im Internet Archive In Westfalische Rundschau Lokalausgabe Dortmund Nord Ost 4 April 2008 Einzelnachweise Bearbeiten Westdeutsche Allgemeine Zeitung 8 September 2001 ZDB ID 973929 4 Hermann Ulrich Koehn Protestantismus und Offentlichkeit im Dortmunder Raum 1942 43 1955 56 Recklinghauser Forum zur Geschichte von Kirchenkreisen Band 4 Lit Berlin Munster 2008 ISBN 978 3 8258 0948 5 zugleich Dissertationsschrift an der Ruhr Universitat Bochum a b Hans Jorg Kuhne Was sind Heimatlose Auslander Eine kurze Begriffsgeschichte PDF 90 kB In Die Beckhofsiedlung Heimat fur Heimatlose Auslander Hauptarchiv Bethel abgerufen am 14 Januar 2013 Gesetz uber die Rechtsstellung heimatloser Auslander im Bundesgebiet 370 41 00 Ministerium fur Arbeit Gesundheit und Soziales NRW Vertriebene Fluchtlinge Aussiedler In Archive in Nordrhein Westfalen Landesarchiv Nordrhein Westfalen abgerufen am 14 Januar 2013 51 550258 7 476345 Koordinaten 51 33 0 9 N 7 28 34 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Siedlung Hessische Strasse amp oldid 217598458