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Die Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz ist eine beim Deutschen Patent und Markenamt DPMA in Munchen angesiedelte Einrichtung die insbesondere bei Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften und den Nutzern urheber bzw leistungsschutzrechtlich geschutzter Inhalte vermittelt Daneben ist die Schiedsstelle in bestimmten Fallen fur die Vermittlung zwischen Sendeunternehmen und Kabelnetzbetreibern zustandig Bis zum Inkrafttreten des Verwertungsgesellschaftengesetzes VGG am 1 Juni 2016 1 fand die Schiedsstelle ihre gesetzliche Grundlage im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz vom 9 September 1965 2 WahrnG sowie der auf dessen Grundlage erlassenen Urheberrechtsschiedsstellenverordnung UrhSchiedsV vom 20 Dezember 1985 3 Inhaltsverzeichnis 1 Stellung 2 Funktion 2 1 Allgemeines 2 2 Sicherheitsleistung 3 Besetzung 4 Auslastung 5 Weblinks 6 Literatur 7 AnmerkungenStellung BearbeitenVerwertungsgesellschaften dienen dazu Anspruche aus dem Urheberrecht und den verwandten Schutzrechten effektiv wahrzunehmen Hierzu raumen die Berechtigten den Verwertungsgesellschaften zunachst Nutzungsrechte Einwilligungsrechte und Vergutungsanspruche treuhanderisch ein im Anschluss werten die Verwertungsgesellschaften diese fur Rechnung der einbringenden Rechteinhaber zu deren kollektivem Nutzen aus 4 Derzeit gibt es in Deutschland 13 solcher Verwertungsgesellschaften die sich um unterschiedliche Schutzgegenstande und Rechte kummern Stand August 2017 5 Die Verwertungsgesellschaften konnen mit den ihnen eingeraumten Rechten nicht beliebig verfahren In ihrer Binnenstruktur werden sie von ihren Mitgliedern bei Vereinen zum Beispiel der GEMA bzw Gesellschaftern bei GmbHs zum Beispiel der GVL getragen Mitglieder und einbringende Berechtigte sind an den Entscheidungen der Verwertungsgesellschaft stets angemessen und wirksam zu beteiligen 6 Zu den zentralen Entscheidungen einer Verwertungsgesellschaften zahlen wiederum die zwingend aufzustellenden Tarifplane in denen festgelegt wird welche Vergutungen fur bestimmte Arten der Nutzung anfallen sollen 7 Daneben sind Verwertungsgesellschaften auch Gegenstand wichtiger ausserer Zwange So unterliegen sie insbesondere einem Abschlusszwang der sie grundsatzlich zu einer Rechteeinraumung zu angemessenen Bedingungen verpflichtet 8 Mit Nutzervereinigungen mussen grundsatzlich Gesamtvertrage zu angemessenen Bedingungen abgeschlossen werden 9 Vor diesem Hintergrund liegt nahe dass zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzern Reibungspotenzial besteht Vor allem aussert sich dies wenn Nutzer bzw Nutzervereinigungen der Ansicht sind dass die ihnen angebotenen Konditionen objektiv unangemessen und die von ihnen geforderte Vergutung zu hoch ist Ein Streitpunkt kann zudem beispielsweise in der Frage bestehen ob eine begehrte Nutzung unter einen bestimmten Tarif fallt oder nicht Fur die Losung solcher Konflikte sieht der Gesetzgeber die Schiedsstelle vor Funktion BearbeitenAllgemeines Bearbeiten Nach 92 Abs 1 VGG kann die Schiedsstelle von jedem Beteiligten bei einem Streitfall angerufen werden an dem eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist und der eine der folgenden Angelegenheiten betrifft die Nutzung von Werken oder Leistungen die nach dem Urheberrechtsgesetz geschutzt sind die Vergutungspflicht fur Gerate und Speichermedien 54 UrhG oder die Betreibervergutung 54c UrhG den Abschluss oder die Anderung eines Gesamtvertrags 92 Abs 2 VGG sieht eine weitere Zustandigkeit der Schiedsstelle fur Streitfalle vor an denen ein Sendeunternehmen und ein Kabelunternehmen beteiligt sind wenn der Streit die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages uber die Kabelweitersendung betrifft 10 Die Anrufung erfolgt durch schriftlichen Antrag 11 Die Schiedsstelle ist selbst kein Gericht sondern ein Verwaltungsorgan 12 jedoch einem Gericht ahnlich besetzt und in prozessualer Hinsicht eng am Verfahren vor einem ordentlichen Gericht orientiert 13 Anders als ein Schiedsgericht erlasst die Schiedsstelle keine Entscheidung sondern unterbreitet den Beteiligten als Schlichterin einen begrundeten Einigungsvorschlag 14 Die dort vorgeschlagene Vereinbarung gilt als angenommen wenn ihr nicht widersprochen wird 15 Die Anrufung der Schiedsstelle ist in vielen Fallen zur Rechtsdurchsetzung erforderlich erst danach kann der betreffende Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden 16 Dies gilt fur die Falle unter 1 und 2 jedoch nur wenn die Anwendbarkeit oder Angemessenheit des Tarifs in Zweifel steht Zustandiges Gericht im ersten Rechtszug ist das am Sitz der Schiedsstelle zustandige Oberlandesgericht OLG 17 also das OLG Munchen Gegen dessen Endurteil kann nach Massgabe der Zivilprozessordnung Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden 18 Die Schiedsstelle ist gehalten auf eine gutliche Beilegung des Streitfalls hinzuwirken 19 Auch hierdurch wird das Gerichtswesen bei Einzelnutzungsstreitigkeiten entlastet 20 Sicherheitsleistung Bearbeiten Zwischen dem Inverkehrbringen von Geraten und Speichermedien und der Zahlung der Vergutung vergeht regelmassig erhebliche Zeit 21 Die zugehorigen Verfahren vor der Schiedsstelle gestalten sich ihrerseits auch aufgrund der nach 93 VGG unter Umstanden noch durchzufuhrenden empirischen Untersuchung zur Ermittlung des Nutzungsverhaltens als komplex hinzu kommt dass sich auch an einen Einigungsvorschlag moglicherweise noch ein Gerichtsverfahren uber zwei Instanzen anschliesst Der Gesetzgeber entschied sich bei Einfuhrung des VGG daher dafur der Schiedsstelle die Befugnis an die Hand zu geben auf Antrag eine Sicherheitsleistung zum Beispiel Bankburgschaft des Vergutungsschuldners anzuordnen 22 Diese muss dann etwa ein Importeur von Speichermedien auf Antrag der Zentralstelle fur private Uberspielungsrechte ZPU leisten um die erhebliche Gefahrdung der ZPU zu vermindern die infolge der langen Verfahrensdauer entsteht 23 Das OLG Munchen kann die Anordnung einer Sicherheitsleistung fur vollziehbar erklaren und damit die Voraussetzung fur ihre Durchsetzung schaffen Das OLG uberpruft dabei die Anordnung vollumfanglich und kann sie falls notig abweichend fassen 24 Gegen die Regelung zur Sicherheitsleistung werden in der Literatur von einigen Kommentatoren verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht 25 Besetzung BearbeitenDie Schiedsstelle besteht aus dem Vorsitzenden oder seinem Vertreter und zwei Beisitzern 26 Die Mitglieder mussen die Befahigung zum Richteramt besitzen und werden vom Bundesministerium der Justiz und fur Verbraucherschutz fur einen bestimmten Zeitraum der mindestens ein Jahr betragt berufen Wiederberufung ist zulassig 27 Zur effizienten Erledigung ihrer Aufgaben kann die Schiedsstelle auch Kammern bilden 28 Zwar ist die Schiedsstelle beim DPMA als oberster Aufsichtsbehorde uber die Verwertungsgesellschaften angesiedelt dessen Prasident des Weiteren auch die Dienstaufsicht uber die Schiedsstelle innehat 29 Die Spruchkorper der Schiedsstelle sind allerdings trotzdem eigenstandig die Mitglieder sind insbesondere nicht an Weisungen gebunden 30 Auslastung BearbeitenIm Jahr 2016 wurde die Schiedsstelle in 162 Streitigkeiten eingeschaltet Im gleichen Zeitraum wurden 90 Antrage erledigt Die Zahl der am Jahresende anhangigen Antrage stieg damit wie schon in den Vorjahren abermals an und betrug 455 2015 383 2014 329 2013 225 31 Die Neueingange betrafen zum uberwiegenden Teil Streitigkeiten zwischen Herstellern oder Importeuren teilweise auch Handlern von Vervielfaltigungsgeraten und Speichermedien einerseits und der ZPU andererseits 32 Weblinks BearbeitenDeutsches Patent und Markenamt Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz Literatur BearbeitenJorg Reinbothe Schlichtung im Urheberrecht Die Schiedsstelle nach dem Wahrnehmungsgesetz Funktion Rechtsnatur und kartellrechtliche Problematik 102a GWB Urheberrechtliche Abhandlungen des Max Planck Instituts fur auslandisches und internationales Patent Urheber und Wettbewerbsrecht Munchen Nr 16 Beck Munchen 1978 ISBN 3 406 07076 0 Gernot Schulze Das Schiedsstellenverfahren In Karl Riesenhuber u a Hrsg Recht und Praxis der GEMA Handbuch und Kommentar 2 Auflage De Gruyter Berlin 2008 ISBN 978 3 89949 460 0 S 709 742 doi 10 1515 9783899495782 4 677 Fedor Seifert Das Schiedsstellenverfahren als Prozessvoraussetzung im Urheberrechtsstreit In Jurgen Becker Peter Lerche Ernst Joachim Mestmacker Hrsg Wanderer zwischen Musik Politik und Recht Festschrift fur Reinhold Kreile zu seinem 65 Geburtstag Nomos Baden Baden 1994 ISBN 3 7890 3481 9 S 627 642 Angelika Strittmatter Tarife vor der urheberrechtlichen Schiedsstelle Angemessenheit Berechnungsgrundlagen Verfahrenspraxis Berliner Hochschulschriften zum gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Nr 17 Berlin Verlag Berlin 1994 ISBN 3 87061 442 0 Joachim von Ungern Sternberg Zur Durchfuhrung des Verfahrens vor der Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz als Prozessvoraussetzung In Ansgar Ohly u a Hrsg Perspektiven des Geistigen Eigentums und des Wettbewerbsrechts Festschrift fur Gerhard Schricker zum 70 Geburtstag Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 53501 1 S 567 580 Anmerkungen Bearbeiten BGBl 2016 I S 1190 BGBl 1965 I S 1294 BGBl 1985 I S 2543 Vgl 2 VGG Zum Ganzen einfuhrend Schack Urheber und Urhebervertragsrecht 8 Aufl 2017 Rn 1300 1304 ff DPMA Liste der Verwertungsgesellschaften die uber eine Erlaubnis nach 77 VGG verfugen Memento des Originals vom 19 August 2017 imInternet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www dpma de PDF Datei 0 1 MB abgerufen am 19 August 2017 16 Satz 1 VGG 38 VGG 34 VGG 35 VGG Vgl 87 Abs 5 UrhG 97 Abs 1 Satz 1 VGG Amtliche Begrundung BT Drs 10 837 S 24 Schulze Das Schiedsstellenverfahren 2008 op cit Rn 153 Schack Urheber und Urhebervertragsrecht 8 Aufl 2017 Rn 1364 105 VGG 105 Abs 3 VGG 92 VGG 129 Abs 1 VGG 129 Abs 3 VGG 102 Abs 2 VGG Von Ungern Sternberg Zur Durchfuhrung des Verfahrens vor der Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz als Prozessvoraussetzung 2005 op cit S 568 Amtliche Begrundung BT Drs 18 7223 S 101 Amtliche Begrundung BT Drs 18 7223 S 101 f Siehe 107 f VGG Vgl die amtliche Begrundung BT Drs 18 7223 S 101 107 Abs 4 VGG Etwa Alexander R Klett und Kathrin Schluter Das neue Verwertungsgesellschaftengesetz Was kommt Was geht Was bleibt in Kommunikation und Recht Bd 19 Nr 9 2016 S 567 572 hier S 571 Lea N Mackert und Fabian Niemann Bedeutung des neuen VGG fur den gerechten Ausgleich zwischen Verwertungsgesellschaften und der Gerate Industrie in Computer und Recht Bd 32 Nr 8 2016 doi 10 9785 cr 2016 0813 S 531 538 hier S 537 f Judith Steinbrecher und Markus Scheufele Der Regierungsentwurf fur ein Verwertungsgesellschaftengesetz und dessen Auswirkungen fur die digitale Wirtschaft in Zeitschrift fur Urheber und Medienrecht Bd 60 Nr 2 2016 S 91 98 hier S 95 124 Abs 1 Satz 2 VGG 124 Abs 2 VGG 124 Abs 3 VGG 124 Abs 1 Satz 1 VGG 125 Abs 2 VGG 125 Abs 1 VGG Zu alledem DPMA Jahresbericht 2016 Memento des Originals vom 19 August 2017 imInternet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www dpma de PDF Datei 7 1 MB abgerufen am 19 August 2017 S 47 DPMA Jahresbericht 2016 Memento des Originals vom 19 August 2017 imInternet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www dpma de PDF Datei 7 1 MB abgerufen am 19 August 2017 S 46 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz amp oldid 228826430