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Der Begriff Lebenswissen entfaltet die Beziehung zwischen Leben und Wissen Er wurde von dem Potsdamer Romanisten Ottmar Ette neu gepragt und behandelt Grundfragen von Literatur und Lebenswissen sowie von Literaturwissenschaft und Lebenswissenschaft im Kontext einer philologischen Grundlagenforschung Inhaltsverzeichnis 1 Literatur und Lebenswissen 2 Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft 3 Historischer Ruckblick 4 Lebenswissen als Aufgabe der Philologie 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLiteratur und Lebenswissen BearbeitenDas innovative Potential des Begriffs liegt darin dass der Fragehorizont von Lebenswissen in erster Linie philologisch kulturtheoretisch sowie philosophisch ist Dies bedeutet fur die traditionelle two cultures Debatte C P Snow zwischen Geistes und Naturwissenschaften dass Lebenswissenschaften in einer komplementaren und zugleich kontrastiven Beziehung zur derzeit vorherrschenden Definition der Lebenswissenschaften als Life Sciences stehen Der Literatur kommt dabei das Vermogen zu normative Formen von Lebenspraxis nicht nur zu simulieren sondern auch performativ zur Disposition zu stellen insofern Literatur stets ein Wissen um die Grenzen der Gultigkeit von Wissensbestanden an einer gegebenen Kultur oder Gesellschaft enthalt Fur eine lebenswissenschaftlich orientierte Literaturwissenschaft die sich einer unreflektierten Ausblendung des Lebensbegriffes entgegenstellt ist daher der experimentelle Charakter von Literatur nicht zuletzt an der fundamental komplexen Prozesshaftigkeit des Lebens ausgerichtet Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft BearbeitenEroffnet wurde die Diskussion mit Ettes Schrift Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft 1 Lebenswissen wird hier verstanden als ein Horizontbegriff der die in der Produktion und Rezeption von Kunst und Literatur beobachtbaren Wissensbestande von Lebensvorgangen verstarkt in den Fokus literatur und kulturwissenschaftlicher Analysen ruckt Die Programmschrift loste eine Diskussion aus die weit uber geistes und kulturwissenschaftliche Kreise hinausging Auf ihre Veroffentlichung im Jahr 2007 folgten drei Dossiers in den Heften Lendemains Jg 32 H 126 127 amp 128 und Jg 33 H 129 2010 erschien die Debatte in Buchform wobei neben den bereits publizierten Aufsatzen mit zwei Texten der beiden Schriftsteller Amin Maalouf und Jorge Semprun zusatzliche Stellungnahmen abgedruckt wurden 2 Neben der Einrichtung des DFG Graduiertenkollegs lebensformen lebenswissen an der Universitat Potsdam und der Europa Universitat Viadrina an der Oder der Ringvorlesung der Mainzer Universitatsgesprache zum Themenschwerpunkt Lebenswissen Vom Umgang mit Wissenschaft im Jahr 2007 folgten zahlreiche Veranstaltungen Rezensionen u a in Die Zeit 3 Hiervon sind besonders erwahnenswert Vivre ensemble Zusammenleben Le savoir sur le vivre de la litterature et de la critique litteraire Maison Heinrich Heine Paris 27 Mai 2010 LifeLive im Tagungszentrum L Arc der Kulturstiftung Migros in Romainmotier 11 13 Juni 2010 Wissensformen und Wissensnormen des Zusammenlebens Freiburg Institute for Advanced Studies FRIAS 17 18 Juli 2010 Gemeinschaft in Literatur an der Universitat Osnabruck 29 30 Oktober 2010Diverse Publikationen und Ubersetzungen haben die Diskussion um den Begriff Lebenswissen seit 2009 weiter internationalisiert Auf Ottmar Ettes Monographie Del macrocosmos al microrrelato Literatura y creacion nuevas perspectivas transareales Guatemala F amp G Editores die den Begriff des Lebenswissen einbettet in eine Konzeption transarealer Philologie folgte 2010 das Buch Canon City des baskisch venezolanischen Philosophen und Literaturwissenschaftlers Josu Landa Mexico Afinita Editorial Im selben Jahr erschien auf Franzosisch das Dossier Vivre ensemble ZusammenLeben Le savoir sur la vie de la litterature et la tache de la critique litteraire in der RZLG Romanistische Zeitschrift fur Literaturgeschichte 4 sowie eine englische Fassung der Programmschrift in der Zeitschrift PMLA mit einem Vorwort von Vera M Kutzinski das besonders die wissenschaftspolitische Dimension in Ettes Konzeption betont und ausfuhrlich darstellt 5 Historischer Ruckblick BearbeitenOttmar Ette bezieht sich mit seiner Konzeption auf eine Tradition des Lebensbegriffes die wichtige Saulen in Hannah Arendt v a Vita activa oder Vom tatigen Leben 1960 und Giorgio Agamben Homo Sacer Il potere sovrano e la nuda vita 1995 hat Die Originalitat der Etteschen Begriffsbildung liegt in der Verbindung des Lebens mit dem Wissensbegriff Diese Verbindung kann auf eine wissenschaftshistorische Dimension zuruckblicken sie wurde bereits wenn auch nur im Rahmen einer einmaligen Publikation am 12 Februar 1801 von Christoph Meiners in seinem Grundriss der Ethik oder Lebens Wissenschaft formuliert Lebenswissenschaft ist bei Meiners ein Wissen vom guten Leben fur den Einzelnen wie fur unterschiedliche Gemeinschaften Sie beleuchtet aus vergleichender Perspektive ein Wissen von den Lebensformen und Lebensarten kritisch Bei ihm fehlt jedoch eine globale Perspektive was angesichts der Zeit nicht verwunderlich zu einer eurozentristischen Haltung fuhrt die eine Affinitat zum Zivilisationsbegriff forciert Mit Ausnahme dieser einzelnen Schrift von Meiners konnen die Begriffe Lebenswissen und Lebenswissenschaft uber die letzten zwei Jahrhunderte bis zu den Arbeiten von Ottmar Ette 2007 auf keine begriffsgeschichtliche Entwicklung zuruckblicken Dennoch ist unbestreitbar und dies nicht zuletzt angesichts der Arbeiten von Michel Foucault dass der Lebensbegriff bereits an der Wende vom 18 zum 19 Jahrhundert zur Leitfrage zwischen den sich ausdifferenzierenden Wissensbereichen von Philosophie und Physiologie von anthropologischer Ethik und medizinisch naturwissenschaftlicher Forschung wurde Lebenswissen als Aufgabe der Philologie BearbeitenDas Konzept des Lebenswissens propagiert eine Rehabilitierung des Lebensbegriffs fur die Geisteswissenschaften Denn wenn ein interdisziplinar vernetztes und stark anwendungsorientiertes Ensemble biochemischer biophysikalischer biotechnologischer und humanmedizinischer Forschungsfelder den Lebensbegriff fur sich beanspruche gehe so Ette die ursprunglich breite kulturelle Auffacherung von Leben im Sinne von gr bios verloren Damit betont der Potsdamer Romanist ein als Aufgabe der Philologie verstandenes Konzept des Lebenswissens das sich als Beitrag zu einem breiten Verstandnis der Lebenswissenschaften weiss und das auf Ansatze der poststrukturalistischen Semiologie der philosophischen Anthropologie und einer biopolitisch ausgerichteten Kulturtheorie zuruckgreift Literatur BearbeitenOttmar Ette UberLebenswissen Die Aufgabe der Philologie Kulturverlag Kadmos Berlin 2004 Ottmar Ette ZwischenWeltenSchreiben Literaturen ohne festen Wohnsitz Reihe UberLebenswissen 2 Kadmos Berlin 2005 Ottmar Ette Lebenswissen und Lebenswissenschaft in Ansgar Nunning Hg Metzler Lexikon Literatur und Kulturtheorie 4 Auflage Stuttgart 2008 S 414f Ottmar Ette Uber Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft Perspektiven einer anhebenden Debatte In Wolfgang Asholt und Ette Hgg Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft Programm Projekte Perspektiven Gunter Narr Tubingen 2010 pp 137 144 Online PDF Datei 519 kB Ottmar Ette ZusammenLebensWissen List Last und Lust literarischer Konvivenz im globalen Massstab Reihe Uberlebenswissen 3 Kadmos Berlin 2010Weblinks BearbeitenForschungsschwerpunkt Lebenswissen Seite des Lehrstuhls Ette Graduiertenkolleg der DFG Lebensformen und Lebenswissen seit 2005Einzelnachweise Bearbeiten Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft Eine Programmschrift im Jahr der Geisteswissenschaften in Lendemains Etudes comparees sur la France Zs fur vergleichende Frankreichforschung H 125 Jg 32 Gunter Narr Tubingen 2007 ISSN 0170 3803 S 7 32 Asholt Wolfgang Ette Ottmar Hg Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft Programm Projekte Perspektiven Tubingen Narr Francke Attempto Reihe edition lendemains 20 Tubingen 2010 Archivierte Kopie Memento des Originals vom 25 Oktober 2011 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www uni potsdam de Thomas Assheuer Wer erklart den Menschen Zwei Kulturen Literaturwissenschaftler machen in einem Sammelband gegen die Life Sciences mobil In Die Zeit Nr 25 17 Juni 2010 1 Asholt Wolfgang Ette Ottmar Hg Dossier Vivre ensemble ZusammenLeben Le savoir sur la vie de la litterature et la tache de la critique litteraire In Romanistische Zeitschrift fur Literaturgeschichte Cahiers d Histoire des Litteratures Romanes Heidelberg XXXIV 3 4 2010 pp 443 507 Ottmar Ette Literature as Knowledge for Living Literary Studies as Science for Living Edited translated and with an introduction by Vera M Kutzinski In Special Topic Literary Criticism for the Twenty First Century in PMLA New York CXXV 4 october 2010 pp 977 993 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lebenswissen amp oldid 187890564