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Die Hilfsfrist ist das wichtigste Planungs und Qualitatsmerkmal fur die Einsatze von Feuerwehr und Rettungsdienst In den Gesetzen der Lander zum Rettungsdienst 1 und Brandschutz sowie kommunalen Brandschutzbedarfsplanen werden Hochstwerte fur die Hilfsfrist bzw zusatzlich Schutzziele Hilfsfrist und Personalstarke beim Brandschutz festgelegt Danach richtet sich die Dichte des Netzes an Rettungswachen und Feuerwehrstandorten sowie deren Personal und Sachmittelausstattung Die Einhaltung der Hilfsfrist kann durch die Einsatzdokumentationen der Leitstellen uberpruft werden Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Kritik 3 Politische und institutionelle Vorgaben 4 Hintergrund 5 Hilfsfrist der Rettungsdienste verschiedener Bundeslander 6 Hilfsfrist als Qualitatsmass 7 Anmerkungen 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseDefinition Bearbeiten nbsp Zeitabschnitte der HilfsfristEs gibt unterschiedliche Definitionen zur Hilfsfrist Meist wird sie nicht ab dem Eintreten eines Notfalles Brandes sondern erst vom Beginn der Notrufabfrage in der Leitstelle an bis zum Eintreffen adaquater Hilfe am Einsatzort definiert 1 Dieses Zeitintervall ist planbar Die Zeit bis zum Notrufeingang in der Leitstelle auch Meldefrist genannt hangt dagegen von Zufallen ab und ist nicht planbar Rauchmelder in Privathaushalten und Brandmeldeanlagen in besonders gefahrdeten Gebauden sowie ein dichtes Netz an Notrufeinrichtungen konnen diese Zeit entscheidend verkurzen Die Hilfsfrist endet mit dem Eintreffen der Einsatzkrafte am Einsatzort und der Einleitung effektiver Hilfsmassnahmen Die Hilfsfrist lasst sich in drei wesentliche Zeitabschnitte unterteilen die Gesprachs und Dispositionszeit in der Leitstelle die Ausruckzeit der Einsatzkrafte und die Anfahrtszeit bis zum Einsatzort Gesprachs und Dispositionszeit Nach Eingang des Notrufes in einer Leitstelle nimmt der Disponent den Schadensfall auf entscheidet nach den Informationen des Anrufers und unter Berucksichtigung der entsprechenden Alarmplane welche Einsatzkrafte alarmiert werden mussen und alarmiert diese Die planerische Durchschnittszeit fur die Gesprachs und Dispositionszeit liegt bei etwa einer Minute im Rettungsdienst und 1 5 Minuten beim Brandschutz Sollwert nach AGBF Ausruckzeit Die Ausruckzeit beginnt mit der Alarmierung der Einsatzkrafte uber automatisierte Alarmierungssysteme im Rettungsdienst und bei hauptamtlich besetzten Feuerwachen beziehungsweise durch das Anlaufen der Sirene oder des Funkmeldeempfangers bei Freiwilligen Feuerwehren Sie enthalt den Weg vom Aufenthaltsbereich zur Fahrzeughalle im Rettungsdienst und bei hauptamtlich besetzten Feuerwachen bzw die Anfahrt der ehrenamtlichen Helfer zum Feuerwehrhaus sowie das Anlegen der personlichen Ausrustung bei Brandeinsatzen Mit der Abfahrt des besetzten Fahrzeuges endet die Ausruckzeit Die planerische Durchschnittszeit schwankt von etwa einer Minute im Rettungsdienst und bei der Berufsfeuerwehr und bis zu vier Minuten bei Freiwilligen Feuerwehren Sollwert nach AGBF Anfahrtszeit Die Anfahrtszeit vom Fahrzeugstandort zum Einsatzort stellt in der Praxis eine Planungsvariable in der Hilfsfrist dar Sie soll zu 95 innerhalb der gesetzlichen Regelungen fur die Hilfsfrist bleiben Die Abweichung von 100 ergibt sich durch besondere Ereignisse wie extreme Wetterlagen Unfall auf dem Einsatzweg Duplizitatsfalle Der planerische Sollwert fur Freiwillige Feuerwehren liegt bei vier Minuten nach AGBF Einsatzgrundzeit ist ein in Rheinland Pfalz gebrauchlicher Begriff der die Ausruckzeit und die Anfahrtszeit zusammenfasst 2 Kritik BearbeitenUm die Genesung eines Notfallpatienten zu gewahrleisten mussen lebensrettende Sofortmassnahmen moglichst zeitnah durchgefuhrt werden Die Erfolgschancen bei einer Reanimation nach drei Minuten liegen bei 75 nach zehn Minuten bei 5 Beim standardisierten Schadensereignis kritischer Wohnungsbrand Anm 1 nach AGBF muss 18 bis 20 Minuten nach Brandausbruch mit einem Flashover gerechnet werden Des Weiteren liegt die Ertraglichkeitsgrenze fur eine Person im Brandrauch laut ORBIT Studie bei ca 13 Minuten Die Reanimationsgrenze fur eine Person im Brandrauch betragt laut ORBIT Studie etwa 17 Minuten Deshalb gibt die AGBF eine Hilfsfrist von 9 5 bzw 14 5 Minuten 3 5 min Meldezeit vor siehe Abb 3 nbsp Rauchgaskurve nach der Orbit StudieJungere Studien weisen der ORBIT Studie die grundsatzlich nicht zur Planung der Hilfsfrist sondern zur Beschaffungsplanung fur Feuerwehr Fahrzeuge erstellt wurde gravierende Mangel nach Im Gegensatz zu den Annahmen der Studie tritt nach jungeren franzosischen Studien die Mehrzahl der letalen Rauchgasvergiftungen nicht durch Kohlenmonoxid sondern durch Blausaurevergiftung Entstehung aus Kunststoffbrand ein Die statistische Brandentdeckungszeit lag bereits zum Zeitpunkt der Erstellung der ORBIT Studie oberhalb der von der ORBIT Studie postulierten Erstickungszeit so dass statistisch eine Rettung unter diesen Annahmen gar nicht moglich ware Die Anwendbarkeit der ORBIT Studie in der Flache d h im Bereich Freiwilliger Feuerwehren ist sehr fraglich da das statistische Basismaterial der Studie uberwiegend von Berufsfeuerwehren stammt Die Feuerwehren leisten nur zu einem geringen Prozentsatz ihrer Einsatze tatsachlich Brandhilfe uberwiegend handelt es sich um technische Hilfsleistungen Die Festlegung der Hilfsfristen auf Grundlage eines Einsatzszenarios das weniger als 20 des Einsatzspektrums ausmacht darf als fragwurdige Methodik angesehen werden 4 5 6 7 Daruber hinaus hat die Entwicklung im Gebaudebestand dazu gefuhrt dass der Flashover als Einsatzrisiko fur Feuerwehrleute deutlich an Gefahrlichkeit zugenommen hat Durch Warmedammung wird der Zeitpunkt des Flashovers fruher erreicht so dass kleine Einsatztrupps aus Grunden der Eigensicherung dem Loschangriff Vorrang vor der Personenrettung einraumen sollten Dies wiederum fuhrt zu einer Verlangerung der Frist zur Personenhilfe Die methodische Grundlage zur Definition der Hilfsfrist durch ORBIT und verwandte Studien wird daher kritisiert und teilweise als uberholt angesehen 8 Politische und institutionelle Vorgaben BearbeitenIn Deutschland sind die Bundeslander zustandig fur den Rettungsdienst Dementsprechend sind die gesetzlichen Vorgaben zur Hilfsfrist in 16 unterschiedlichen Rettungsdienstgesetzen geregelt Die Hilfsfrist beginnt nach diesen Regelungen uberwiegend mit dem Eingang des Notrufes mit der Einsatzentscheidung Niedersachsen der Einsatzeroffnung Bremen oder dem Beginn der Anfahrt Bayern Saarland Die Hilfsfrist selbst reicht von acht Minuten in dicht besiedelten Gebieten Nordrhein Westfalens bis hin zu maximal 17 Minuten in landlichen Gebieten Thuringens bei einer Versorgung von 95 der Bevolkerung im Rettungsdienstbereich bis 15 Minuten nbsp Zeitabschnitte der HilfsfristBrandschutz dagegen ist eine kommunale Aufgabe Gemeinden legen in Brandschutzbedarfsplanen entsprechend den ortlichen Gegebenheiten das anzustrebende Schutzziel und den dabei einzuhaltenden Zielerreichungsgrad fest Uberpruft werden diese Vorgaben von den Bundeslandern In einigen Bundeslandern sind Art und Anwendung eines Brandschutzbedarfsplans vorgeschrieben 9 Da es keine bundesweit einheitlichen gesetzlichen Regelungen und Richtlinien gibt haben die von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren AGBF entwickelten Schutzzieldefinitionen fur unterschiedliche Szenarien Schadenereignisse grosse Bedeutung als Richtschnur insbesondere das exakt definierte Schadensereignis kritischer Wohnungsbrand Neben rein zeitlichen Vorgaben zur Hilfsfrist werden dabei auch die erforderlichen Personalstarken fur einen effektiven Einsatz sowie die notige Eigensicherung festgelegt und der erforderliche Erreichungsgrad 95 definiert siehe Abb Die meisten Brandschutzbedarfsplane halten sich eng an diese Vorgaben Zusatzlich sollten besondere Gefahrdungsbereiche berucksichtigt werden Hintergrund BearbeitenAn der Hilfsfristvorgabe hat sich die konkrete Organisationsplanung Standorte der Rettungs und Feuerwachen personelle und materielle Ausstattung auszurichten was wiederum wesentlich die Vorhaltekosten der Gefahrenabwehr bestimmt Wo Standorte von Feuerwehr und Rettungsdienst historisch gewachsen sind sind diese haufig in zentralen Orten konzentriert z B mehrere Hilfsorganisationen in einer Kreisstadt wahrend in der Flache solche Standorte fehlen Eine Standort und Ausstattungsplanung anhand der Hilfsfristvorgabe soll eine annahernd gleich gute Versorgung aller Menschen im Planungsgebiet ermoglichen Der geforderte reale Erreichungsgrad muss zwangslaufig geringer als 100 sein weil Vorkommnisse wie ungewohnlich viele gleichzeitige Einsatze in einem Gebiet Unfalle oder Defekte von Einsatzfahrzeugen auf der Anfahrt oder nicht passierbare Strassen nicht abschliessend planbar sind Hilfsfrist der Rettungsdienste verschiedener Bundeslander Bearbeiten Immer vom Eingang der Notfallmeldung in der Leitstelle bis zum Eintreffen am Notfallort Baden Wurttemberg 10 15 Minuten 1 Bayern max 12 Minuten kurzeste planerische Fahrtzeit zzgl nicht naher definierter Bearbeitungszeit in der ILST 10 Berlin bedarfsgerecht Brandenburg 15 Minuten bei elektronischen Einsatzleitsystemen ab dem Zeitpunkt der Erstalarmierung Bremen 95 in 10 Minuten Hamburg 8 10 Minuten DV der BF laut Gesetzestext Bedarfsgerecht und angemessen Hessen 90 in 10 Minuten 95 in 15 Minuten Rettungsdienst 15 Minuten theoretisch planerische Erreichbarkeit vom Standort aus Notarzt 11 Mecklenburg Vorpommern 10 Minuten Niedersachsen 95 in 15 Minuten 12 Nordrhein Westfalen 8 Minuten in landlichen Bereichen 12 Minuten Rheinland Pfalz 15 Minuten Saarland 95 in 12 Minuten Sachsen 95 in 12 Minuten Sachsen Anhalt 12 Minuten Schleswig Holstein 12 Minuten Thuringen 14 Minuten in landlichen Bereichen 17 Minuten Hilfsfrist als Qualitatsmass BearbeitenDer reale Erreichungsgrad der Hilfsfrist in einem Gebiet kann nachtraglich anhand von Einsatzstatistiken festgestellt werden Er dient dann als Qualitatsmass Weicht dieser Wert signifikant von der Hilfsfristvorgabe ab dann muss die Organisation des Brandschutzes bzw Rettungsdienstes uberpruft werden insbesondere die Anzahl und die Positionierung von Rettungsfahrzeugen Anmerkungen Bearbeiten Brand im Obergeschoss eines Wohnhauses mit verrauchtem unpassierbarem Treppenraum und Menschenleben in GefahrWeblinks BearbeitenDie B Steiger Stiftung zur Meldefrist Memento vom 23 August 2007 im Internet Archive Landesfeuerwehrverband Hessen Nassauischer Feuerwehrverband Hinweise und Empfehlungen zur Durchfuhrung einer Bedarfs und Entwicklungsplanung fur den Brandschutz und die Allgemeine Hilfe der Stadte und Gemeinden PDF 3 2 MB Einzelnachweise Bearbeiten a b c Rettungsdienstgesetz Baden Wurttemberg 3 Abs 2 www landesrecht bw de abgerufen am 13 Mai 2009 http www ff kell am see de willkommen nuetzliches einsatzgrundzeit html AGBF Bund Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren 16 September 1998 Fortschreibung vom 19 November 2015 Qualitatskriterien fur die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Stadten Memento vom 22 Januar 2017 im Internet Archive Methodische Ansatze zur datenbasiert analytischen Risikobeurteilung zur strategischen Planung von Feuerwehren Ing Adrian Ridder M Sc MIFireE Lehrstuhl Methoden der Sicherheitstechnik Unfallforschung Abteilung Sicherheitstechnik Bergische Universitat Wuppertal Forschungsbericht Nr 145 ENTWICKLUNG VON KOHLENMONOXID BEI BRANDEN IN RAUMEN Institut der Feuerwehr Sachsen Anhalt 2007 O R B I T 2010 Aktuelle Erkenntnisse zu medizinischen und rettungstechnischen Grundlagen der Planung im Feuerwehrwesen Guido Kaiser Universitatsmedizin Gottingen Giftinformationszentrum Nord der Lander Bremen Hamburg Niedersachsen und Schleswig Holstein GIZ Nord 37099 Gottingen Thomas Lindemann Hilfsfristen als Planungsparameter im Rettungswesen als Tabu Thema Feuerwehr Mythos 8 Minuten Hrsg Bundesinstitut fur Bau Stadt und Raumforschung im Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung Nr 02 2018 Bonn Februar 2018 S 68 ff Beispiel Empfehlung des Sachsischen Staatsministeriums des Innern zum Brandschutzbedarfsplan Memento vom 6 Februar 2011 im Internet Archive 2 Abs 1 Satz 3 AVBayRDG vom 30 November 2010 abgerufen am 30 Juli 2018 Rettungsdienstplan des Landes Hessen 2016 Hessisches Ministerium fur Soziales und Integration 6 September 2016 abgerufen am 26 Juli 2017 2 Abs 3 der Verordnung uber die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes BedarfVO RettD Gesetzestext im Nds Vorschrifteninformationssystem Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hilfsfrist amp oldid 237661095