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Die Firma H C Meyer jr war die erste Fabrik Hamburgs in der 1839 eine Dampfmaschine industriell zum Einsatz kam Ihr Grunder Heinrich Christian Meyer den alle nur Stockmeyer genannt hatten kam aus bescheidenen Verhaltnissen und hatte in seiner Kindheit nicht die Moglichkeit gehabt eine Schule in geregelter Form und uber langere Zeit hinweg zu besuchen Dennoch gilt er als der erste Grossindustrielle der Hansestadt Inhaltsverzeichnis 1 Die Zeit des Unternehmensgrunders 2 Die Zeit der Nachfolger 3 Die Zeit des Enkels 4 Literatur 5 WeblinksDie Zeit des Unternehmensgrunders BearbeitenMeyer war zunachst Mitarbeiter in der kleinen Stockwerkstatt seines Vaters gewesen Nachdem es jedoch zu grosseren Reibereien zwischen ihnen gekommen war ergriff er die ihm gerade gebotene Moglichkeit Werkmeister in einer Bremer Fischbeinfabrik zu werden beim Schopfe und zog an die Weser Nach nur einem Jahr meldete das kleine Unternehmen allerdings Konkurs an und der junge Stockmeyer kam 1817 mit seiner ein Jahr zuvor geheirateten Frau und einem Tochterchen zuruck nach Hamburg Hier grundete er mit geliehenem Geld in der Strasse Hinter St Peter der heutigen Bergstrasse eine Werkstatt fur Spazierstocke in der ausser ihm zunachst nur ein Mitarbeiter beschaftigt war Wahrend er mit diesem Gesellen die Produktion ubernahm verkaufte die im Haus lebende Schwagerin die erzeugten Produkte in einem der Werkstatt angegliederten Laden Nach nur zwei Jahren hatte sich das Geschaft so gut entwickelt dass nicht nur ein grosseres Haus angeschafft werden konnte sondern auch vier neue Mitarbeiter eingestellt werden mussten Meyer erkannte schon fruhzeitig dass nicht nur neue Arbeiter fur die Produktion wichtig waren sondern auch ein Buchhalter benotigt wurde der die schriftlichen Aufzeichnungen des Chefs sorgfaltig in die Geschaftsbucher einzutragen hatte Wenige Jahre spater erwies sich auch das neue Haus als zu klein Aus diesem Grunde musste bereits 1823 erneut an einen Umzug gedacht werden Nicht weit vom alten Standort entfernt in der Strasse Neuenburg fand sich ein geeignetes Objekt das allerdings 28 000 Mark Banco kosten sollte Zu dieser Zeit hatte der junge Unternehmer noch nicht so viel Kapital erwirtschaftet um den geforderten Kaufpreis aus eigener Kraft bewaltigen zu konnen Da aber ein in der Stadt ansassiger Kaufmann namens Assur Isaac bereit war ihm hilfreich unter die Arme zu greifen konnte das Haus dennoch erworben werden In der Folgezeit dehnte sich das junge Unternehmen weiterhin zugig aus So wurde bereits 1830 der 60 Mitarbeiter eingestellt Fur seine Belegschaft hatte Stockmeyer schon 1828 eine Krankenkasse ins Leben gerufen die noch ganz in der Tradition der alten patriarchalisch gefuhrten Innungskassen stand Gelegentlich wird in der Literatur zwar behauptet Meyer habe seine Mitarbeiter schon an der Verwaltung dieser Einrichtung beteiligt doch das stimmt so nicht In den Statuten legte er namlich explizit fest dass die Fuhrung der Kasse einzig und allein nach seinem Gutdunken zu geschehen habe Erst seine Nachfolger fuhrten 20 Jahre spater eine Beteiligung der Arbeiter an der Kassenverwaltung ein In den engen Hamburger Strassen war die weitere Ausdehnung des Unternehmens nur in einem begrenzten Umfang moglich gewesen Aus diesem Grunde errichtete Meyer 1836 auf der Schanze Leopoldus ein Areal ausserhalb der eigentlichen Stadtbefestigung eine neue und fur damalige Verhaltnisse grosse Fabrik in der die erste industriell genutzte Dampfmaschine der Stadt zum Einsatz kam Diese Maschine wurde von Reisefuhrern als besichtigungswerte Attraktion den Besuchern Hamburgs ans Herz gelegt Nach mehr als einem Jahr Bauzeit konnten schon 1839 200 Arbeiter hier ihre Tatigkeit aufnehmen Doch Stockmeyers Expansionsdrang war damit noch keineswegs gestillt 1841 schickte er den gerade 19 jahrigen Sohn Heinrich Adolph mit dem Auftrag in die USA dort eine eigene Fischbeinfabrik ins Leben zu rufen In Jersey City unweit von New York errichtete der junge Meyer schon bald darauf ein Unternehmen das zunachst unter seinem Namen eingetragen wurde und den amerikanischen Markt mit Fischbeinprodukten beliefern sollte Nur wenige Jahre spater im Juli 1848 starb Heinrich Christian Meyer im Kreise seiner Familie im Alter von nur 51 Jahren an der Schwindsucht Er hinterliess eine grosse Fabrik mit 300 Arbeitern diverse Grundstucke und ein Vermogen in Hohe von 603 004 8 Bankomark Der eindeutige Produktionsschwerpunkt war zu dieser Zeit die Spazierstockfabrikation daneben gab es aber diverse andere Produktionszweige so z B die Elfenbeinverarbeitung die Fischbeinreisserei den Handel mit Stuhlrohr Rattan und ein grosses Sagewerk Zu den Nachfolgern in der Unternehmensleitung gehorten der alteste Sohn Heinrich Adolph der Schwiegersohn Friedrich Traun und wenige Jahre darauf der gleichnamige Sohn Heinrich Christian Die Zeit der Nachfolger BearbeitenDer Amerikaner Charles Goodyear hatte in den 40er Jahren des 19 Jahrhunderts ein Verfahren zur Herstellung von Hartgummi aus Kautschuk entwickelt und darauf ein Patent angemeldet Bei H C Meyer jr befurchtete man nun dass dieses neue Produkt in kurzester Zeit alle Fischbeinartikel vom Markt verdrangen konnte unter Fischbein versteht man die Barten der Bartenwale aus denen z B Korsettstabchen gewonnen wurden Aus diesem Grunde erwarb man das Goodyearsche Patent und stellte damit im eigenen Labor Experimente an Zwar erkannte man schon bald dass die Befurchtungen grundlos waren aber man sah auch dass sich aus Hartgummi hervorragend Kamme produzieren liessen Und so entstand in kurzer Zeit ein neues Produkt fur das man 1856 eine eigene Fabrik auf der anderen Elbseite in Harburg errichtete und den Namen Harburger Gummi Kamm Compagnie verlieh Die Stadt Harburg gehorte zum Konigreich Hannover Da hier die Arbeitskraft preiswerter als in Hamburg zu bekommen war und Hannover sich zudem dem Norddeutschen Zollverein angeschlossen hatte Hamburg hingegen blieb fur das ubrige Deutschland bis 1888 Zollausland erwarb das Unternehmen auf der sudlichen Elbseite grosse Landereien und verlagerte aus Kosten und Absatzgrunden zunachst die platzaufwendige Stuhlrohrpruktion dorthin In den 60er Jahren des 19 Jahrhunderts erlebte die Mobelproduktion im osterreichischen Raum einen gewaltigen Aufschwung Zu dieser Zeit waren Stuhle aus Buchenholz und Rattan z B der Wiener Cafehausstuhl des Unternehmens Thonet mit einer Sitzflache aus Stuhlrohr besonders beliebt Von dieser Entwicklung profitierte auch das Unternehmen H C Meyer jr das nun im Laufe weniger Jahre zur grossten Stuhlrohrfabrik der Welt aufsteigen und Niederlassungen in Sud Ost Asien unterhalten sollte Neben der Fischbein und der Stuhlrohrproduktion verblieb auch die Spazierstockfabrikation in dem Mutterunternehmen Die Stockknaufe wurden in der Regel aus Elfenbein geschnitzt Daraus liessen sich aber auch Artikel wie Billardkugeln Messerhefte und vieles andere mehr herstellen Und so verwundert es nicht dass die Angebotspalette sich immer weiter ausdehnte und das Unternehmen in der zweiten Jahrhunderthalfte schon den 1 000 Mitarbeiter einstellen konnte Im Jahre 1864 loste sich Heinrich Adolph Meyer der alteste Sohn des Grunders aus der gemeinsam mit dem Bruder und dem Schwager betriebenem Unternehmen und machte sich mit der Elfenbein und der sogenannten Rohproduktenbranche unter seinem eigenen Namen in Barmbeck b Hamburg selbstandig Nur wenige Jahre spater 1873 kam es zu einer weiteren Trennung Die Sohne des alten Traun Dr Heinrich Traun und Friedrich Traun ubernahmen die Harburger Gummi Kamm Compagnie und schieden ebenfalls aus dem Unternehmen aus Der alte Traun hingegen trat 1870 in den Ruhestand und uberliess die Leitung seinem Schwager Der alleinige Inhaber des Unternehmens war nun Heinrich Christian Meyer der die Losung der anderen Produktionszweige vor allem deshalb gut verkraften konnte weil die in dem Unternehmen verbliebenen Produkte wie z B die Spazierstock und die Fischbeinverarbeitung aber auch die Stuhlrohrbranche gerade einen enormen Aufschwung erlebten So wuchsen die Nettogewinne aus der Rohrverarbeitung im Zeitraum von 1864 bis 1873 von 4 677 Bankomark auf 245 667 Bancomark an Um dem weiterhin expandierenden Unternehmen ein kraftiges Fundament zu verleihen hatte Meyer 1882 ein finanzstarkes Konsortium in sein Unternehmen geholt das im gleichen Jahr die Leitung des Unternehmens ubernahm das nun fur eine kurze Zeit kein reiner Familienbetrieb mehr sein sollte Die Zeit des Enkels Bearbeiten nbsp Aktie uber 1000 Mark der H C Meyer jr KGaA vom 2 Juli 1898Nachdem der 1882 geschlossene Societatsvertrag 1891 ausgelaufen war ubernahm der erst 24 jahrige Heinrich Christian Meyer gemeinsam mit Otto Muhry bis 1906 die Leitung des Unternehmens Die beiden grundeten zunachst eine Kommanditgesellschaft die wenig spater in eine KG auf Actien umgewandelt wurde Ihr Grundkapital betrug 2 000 000 Mark und in ihrem Statut war vorgesehen dass den personlich haftenden Gesellschaftern ein Aufsichtsrat sowie Direktoren und Prokuristen zur Seite stehen sollten Nach der Abtrennung der Hartgummibranche von dem Mutterunternehmen bekam das Rohrgeschaft eine immer grossere Bedeutung fur H C Meyer jr Und da die Verarbeitungsweise immer raffinierter und aufwandiger wurde konnte man nun neue bisher ungenutzte Fabrikate produzieren fur die es schnell einen florierenden Absatzmarkt gab Man fand aber nicht nur im maschinellen Bereich raffinierte Verarbeitungsweisen sondern entwickelte auch neue chemische Verfahren so z B zur Entharzung des sogenannten schmierigen Rohres In den Jahren 1895 96 erwarb das Unternehmen ausgedehnte Grundstucke in Singapur und errichtete dort grosse Anlagen zum Waschen Schwefeln Sortieren und Bundeln des Rohres Auch in New York besass sie ein Tochterunternehmen das die in Harburg produzierten Halbfabrikate endgultig weiterverarbeitete Aufgrund seiner internationalen Abhangigkeit wurde das Unternehmen durch den Handelsboykott wahrend des Ersten Weltkriegs schwer in Mitleidenschaft gezogen So musste es nun auf die Stuhlrohrlieferungen aus Asien verzichten Zunachst konnten zwar die vorhandenen Lagerbestande aufgearbeitet werden doch musste man sich schnell Gedanken uber ein moglichst gleichwertiges Ersatzprodukt machen Und dieses Produkt fand man im Weidenrohr Zugegeben die Weidenrohrflechterei war nichts neues doch zeigte es sich dass mit wenigen Modifikationen das heimische Rohr auf den alten Stuhlrohrmaschinen verarbeitet werden konnte Aus diesem Grunde wurden eigene Plantagen fur Weidenrohr in Schwinde an der Unterelbe errichtet Fur das Geschaft sollte sich diese Entscheidung schon bald lohnen da das Militar Geschosskorbe benotigte die aus geschaltem Weidenrohr hervorragend angefertigt werden konnten Obwohl nun die klassischen Produkte des Unternehmens also die Spazierstockproduktion ebenso wie die Fischbeinverarbeitung und wie dargestellt die Stuhlrohrfabrikation wahrend der Kriegsjahre ganzlich danieder lagen konnte das Unternehmen dennoch schwarze Zahlen schreiben Da viele Manner zu den Waffen gerufen wurden kam ein weiteres grosses Problem auf die Unternehmensleitung zu Bis 1901 folgte man dem Grundsatz des Unternehmensgrunders und verzichtete ganzlich auf Frauenarbeit Doch von dieser ehernen Regel musste man nun notgedrungen abweichen Immer mehr Frauen wurden eingestellt und verrichteten Arbeiten die bisher den Mannern oblagen Da sie aber erheblich schlechter als die Kollegen entlohnt wurden sank nun auch der Lohn der Manner die eine gleichwertige Arbeit verrichteten Es kam zum ersten Mal offentlich zu sozialen Problemen in einem Unternehmen das bisher von sich sagte dass soziale Konflikte zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung ausdiskutiert wurden Doch der Unternehmenschef Heinrich Christian Meyer der 15 Jahre zuvor noch angeregt hatte einen Arbeiterrat grunden zu lassen wollte jetzt mit den gewahlten Vertretern der Belegschaft keine Gesprache fuhren und bestimmte was zu tun sei Literatur BearbeitenH C Meyer jr in Historisch biographische Blatter Der Staat Hamburg 7 Band Berlin 1906 Dieter Rednak Die Geschichte der Firma H C Meyer jr Wirtschaftliche und soziale Entwicklung einer Firma im Zeitraum von 1818 bis 1980 Universitat Hamburg Diplom Arbeit Fachbereich 05 Hamburg 1980 Dieter Rednak Betriebliche Sozialpolitik im 19 und 20 Jahrhundert am Beispiel der Hamburger Firma H C Meyer jr In Arno Herzig u a Arbeiter in Hamburg Unterschichten Arbeiter und Arbeiterbewegung seit dem ausgehenden 18 Jahrhundert Hamburg 1983 S 299 308 H C Meyer jr Kommanditgesellschaft auf Aktien Hamburg Harburg Elbe 1818 1918 1918 Percy Ernst Schramm Hamburg Deutschland und die Welt Leistung und Grenzen hanseatischen Burgertums in der Zeit zwischen Napoleon I und Bismarck Munchen 1943 Weblinks BearbeitenFruhe Dokumente und Zeitungsartikel zur H C Meyer jr in den Historischen Pressearchiven der ZBW Abgerufen von https de wikipedia org w index php title H C Meyer jr amp oldid 227127154