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Ein Gesamthafenbetrieb ist ein durch Vertrag gebildeter Zusammenschluss der Arbeitgeberverbande der Hafenumschlagsbetriebe eines Hafens mit den in dem Hafen vertretenen Gewerkschaften der Hafenarbeiter Der Gesamthafenbetrieb dient als virtueller Arbeitgeber fur die so genannten unstandigen Hafenarbeiter eines Hafens die deshalb auch Gesamthafenarbeiter heissen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Entwicklung 2 Heutige Lage 3 Literatur 4 Einzelnachweise 5 WeblinksGeschichte und Entwicklung BearbeitenDie Hafenarbeit fur die mit dem Umschlag im Hafen beschaftigten Betriebe und Hafenarbeiter war in fruheren Zeiten von erheblichen Schwankungen betroffen Die Auftragslage fur die im Hafen tatigen Einzelunternehmen war erheblich davon abhangig wann welche Schiffe mit welcher Art von Ladung beladen oder geloscht werden mussten Die Unregelmassigkeit mit der Schiffe einliefen und den Hafen wieder verliessen bedeutete fur die einzelnen Unternehmen eine erhebliche Schwankung der Auftragslage die nicht mit der allgemeinen langfristigen Konjunkturschwankung verglichen werden konnte sondern sich fur jedes Unternehmen tagesabhangig gestaltete Selbst wenn die allgemeine Auftragslage fur alle Unternehmen in einem Hafen nicht schwankte bedeutete dies nicht dass nicht einzelne Unternehmen zeitweise erheblich uberbeschaftigt waren und einen sehr kurzfristigen zusatzlichen Personalbedarf hatten andere Unternehmen hingegen keine Auftrage erhielten und ihr vorhandenes Personal nicht beschaftigen konnten Dies fuhrte dazu dass die Einzelunternehmen nur einen sehr kleinen Personalstamm als standige Arbeitnehmer beschaftigten die sie auch in Zeiten fehlender Auftrage noch finanzieren konnten Daneben entwickelte sich der Typ des so genannten unstandigen Hafenarbeiters Diese Hafenarbeiter kamen an jedem Morgen in den Hafen um fur die Dauer eines Tages bei einem Einzelunternehmen beschaftigt zu werden Diese Art der Personalgewinnung stellte sich als fur Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachteilig heraus Fur die unstandigen Hafenarbeiter bedeutete die Situation dass sie keinen dauerhaften Arbeitgeber hatten Die unstandigen Hafenarbeiter konnten keine Anwartschaften erwerben wie es die standigen Hafenarbeiter der Einzelunternehmen konnten Sie hatten keinen Urlaubsanspruch keinen Anspruch auf Feiertagsbezahlung und keinen Kundigungsschutz die allesamt eine langere standige Beschaftigung fur einen Arbeitgeber voraussetzten Fur die Arbeitgeber war die unstandige Beschaftigung von Arbeitern insofern nachteilig als kein fester Personalstamm vorhanden war auf den sie zuruckgreifen konnten Die besondere Leistungsfahigkeit einzelner Arbeiter konnte nicht gewurdigt werden da sich diese erst uber einen langeren Zeitraum zeigt Zudem hatten die unstandigen Arbeiter kein besonderes Interesse an einem Unternehmen denn sie wurden ohnehin nach kurzer Zeit wieder entlassen Um die Jahrhundertwende zum 20 Jahrhundert entstanden daher in einzelnen Hafen uberbetriebliche Vereinigungen der Hafenunternehmen beispielsweise 1892 1906 in Hamburg 1913 in Emden und 1914 in Bremen Diese Vereinigungen organisierten die unstandigen Hafenarbeiter und wiesen sie auf jeweilige Anforderung den Einzelunternehmen zu Diese Konstruktion war jedoch ausschliesslich vom freiwilligen Engagement der Unternehmen abhangig und diente in erster Linie den Interessen der Unternehmen Die soziale Lage der unstandigen Hafenarbeiter verbesserte sich nur gering In der Zeit des Nationalsozialismus wurde durch die 12 Verordnung zur Durchfuhrung des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit von 1935 eine gesetzliche Grundlage fur Gesamthafenbetriebe geschaffen Auf Anordnung eines Treuhanders der Arbeit konnten alle Einzelbetriebe eines Hafens zwangsweise zu einem Gesamthafenbetrieb vereinigt werden Diesem fiktiven Gesamthafenbetrieb waren alle unstandigen Arbeiter des Hafens als Gesamthafenarbeiter und damit als standige Arbeitnehmer zugewiesen Der Gesamthafenbetrieb diente in erster Linie dem Zweck die in einem Hafen beschaftigten unstandigen Arbeiter zu kontrollieren und die Arbeitskrafte planwirtschaftlich zu verteilen Gleichzeitig bewirkte diese Konstruktion aber fur die ehemals unstandigen Hafenarbeiter eine bedeutende soziale Verbesserung als sie nunmehr von konjunkturellen Schwankungen nicht mehr so stark betroffen waren und die bereits genannten Anwartschaften standiger Arbeitnehmer erwerben konnten Bis 1941 entstanden so in den bedeutendsten 19 Seehafen und 8 Binnenhafen Deutschlands Gesamthafenbetriebe Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit durch Gesetz des Alliierten Kontrollrats mitsamt seinen Durchfuhrungsverordnungen aufgehoben Dies betraf auch die 12 Durchfuhrungsverordnung und damit die rechtliche Grundlage der Gesamthafenbetriebe Die Konstruktion der Gesamthafenbetriebe hatte sich allerdings trotz oder unabhangig von ihrer von der nationalsozialistischen Ideologie gepragten Grundlage im Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit als adaquates Sozialmodell fur die unstandigen Hafenarbeiter erwiesen Daher wurden schon 1947 fur die stadtbremischen Hafen und den Gesamthafenbetrieb Bremerhaven bremische Verordnungen als rechtliche Grundlage geschaffen in Hamburg vereinbarten die im Hafen vertretenen Tarifvertragsparteien den Gesamthafenbetrieb auf freiwilliger tarifvertraglicher Basis fortzufuhren Heutige Lage BearbeitenUm den Gesamthafenbetrieben fur das gesamte Bundesgebiet eine rechtliche Grundlage zu schaffen die den Anforderungen der wieder hergestellten freiheitlich demokratischen Grundordnung gerecht wird wurde das Gesetz uber die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers fur Hafenarbeiter Gesamthafenbetrieb 1 vom 3 August 1950 geschaffen Geandert wurde dieses Gesetz seitdem nur redaktionell Dieses Gesetz bildet die Grundlage fur die noch bestehenden Gesamthafenbetriebe deren Zahl sich durch die technische und wirtschaftliche Entwicklung im Seeverkehr und im Hafenumschlag zwar erheblich reduziert hat Dennoch sind zum Beispiel der Gesamthafenbetrieb und die Gesamthafenbetriebs Gesellschaft GHBG in Hamburg mit immer noch uber 1 000 Arbeitnehmern sowie der GHBV Gesamthafenbetriebsverein im Lande Bremen e V mit ca 1 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Stand 2018 2 ein Beleg dafur dass das Konstrukt des Gesamthafens weiterhin von praktischer Bedeutung ist Weitere Gesamthafenbetriebe bestehen in Lubeck und Rostock Die gegenwartige Struktur eines Gesamthafenbetriebes basiert auf den folgenden Grundlagen Ein Gesamthafenbetrieb wird anders als unter der nationalsozialistischen Herrschaft durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eines Hafens jeweils vertreten durch ihre Verbande geschaffen Fur Hafen in denen eine solche tarifvertragsahnliche Vereinbarung nicht geschlossen wurde kann ein Gesamthafenbetrieb nicht durch staatlichen Einzelakt geschaffen werden Zunachst gehoren dem Gesamthafenbetrieb nur diejenigen Betriebe eines Hafens an deren Unternehmer selbst oder uber ihren Arbeitgeberverband an der vertraglichen Vereinbarung beteiligt sind Wenn diese Betriebe jedoch in den drei Monaten vor dem Abschluss der Vereinbarung uber die Bildung des Gesamthafenbetriebs mehr als die Halfte aller in den jeweiligen Hafen tatigen Hafenarbeiter beschaftigen und dies durch die zustandige Behorde bestatigt wird dann gehoren dem Gesamthafen zwangsweise auch alle anderen Hafenbetriebe des Hafens an Der Gesamthafenbetrieb ist der virtuelle Arbeitgeber in einem Hafen bei dem diejenigen Hafenarbeiter angestellt werden die nicht bei einem einzelnen Betrieb in einem Beschaftigungsverhaltnis stehen Der Gesamthafenbetrieb der nach der gesetzlichen Regelung selbst keiner erwerbswirtschaftliche Tatigkeit nachgehen darf vermittelt seine Gesamthafenarbeiter je nach Bedarf an die einzelnen Mitgliedsbetriebe Ansonsten dient er als standiger Arbeitgeber fur die Arbeiter die dadurch langjahrige soziale Anwartschaften erwerben konnen Zudem sorgt der Gesamthafenbetrieb fur einen garantierten Lohn der Gesamthafenarbeiter Zwar besteht u U ein Zwang fur in einem Hafen ansassige Betriebe dem Gesamthafenbetrieb anzugehoren anderseits halt der Gesamthafenbetrieb kein Monopol fur die von seinen Mitgliedsbetrieben angebotenen Dienstleistungen Ein Gesamthafenbetrieb kann die einen Hafen nutzenden Reedereien und Speditionen nicht zwingen Umschlagsarbeiten nur durch seine Mitgliedsbetriebe ausfuhren zu lassen Insofern unterscheidet sich der Gesamthafenbetrieb nach geltendem deutschen Recht grundlegend von einem vergleichbaren italienischen Modell dass ein Monopol fur Hafenunternehmen in ihrem jeweiligen Hafen vorsah und deswegen vom EuGH wegen Verstosses gegen europaisches Kartellrecht gegen die Freiheit des Warenverkehrs und gegen die Arbeitnehmerfreizugigkeit fur mit dem EG Vertrag unvereinbar erklart wurde 3 Literatur BearbeitenAssmann Jurgen Rechtsfragen zum Gesamthafenbetrieb Diss jur Koln 1965 Weinkopf Claudia Der Hamburger Gesamthafenbetrieb als Beispiel eines branchenbezogenen uberbetrieblichen Arbeitskraftepools Institut Arbeit und Technik Wissenschaftszentrum Nordrhein Westfalen Gelsenkirchen 1992 Geffken Rolf Arbeit und Arbeitskampf im Hafen Zur Geschichte der Hafenarbeit und der Hafenarbeitergewerkschaft Edition Falkenberg Rotenburg 2015Einzelnachweise Bearbeiten Text des Gesetzes uber die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers fur Hafenarbeiter Uber uns auf der Internetseite des GHBV Urteil des Europaischen Gerichtshofes vom 10 Dezember 1991 Merci Convenzionali Porto di Genova SpA gegen Siderurgica Gabrielli SpA Rechtssache C 179 90 Sammlung der Rechtsprechung 1991 Seite I 05889Weblinks BearbeitenGesamthafenbetriebsverein Bremen Gesamthafenbetriebsgesellschaft HamburgBitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesamthafenbetrieb amp oldid 226985593