Dieser Artikel beschreibt die Ekklesiologie der Quäker.
Verständnis der Mitgliedschaft Bearbeiten
Anfänge Bearbeiten
Über die Frage, wer ein Mitglied ist oder was jemanden dazu macht, wird z. T. kontrovers diskutiert. Historisch lassen sich die folgenden Formen und Verständnisse der Mitgliedschaft antreffen. Am Anfang stand die Mitgliedschaft by convincement, da sich das Quäkertum erst in einem Prozess aus anderen Seekerbewegungen herausgebildet und ausdifferenziert hat. So war man Quäker, weil man sich zu einer bestimmten Überzeugung bekannte (und sie auch lebte). Mit den Gründungen der Monats-, Vierteljahres- und Jahresversammlungen gegen Ende der Verfolgungszeit bildete sich auch eine konstitutionelle Auffassung von Mitgliedschaft.
Bis dato war das Quäkertum eine Erweckungsbewegung unter vielen, die – wie andere auch – für sich in Anspruch nahm, das wahre Christentum wiederentdeckt zu haben. Quäker sein oder nicht sein, war gleichbedeutend mit Christ sein oder nicht Christ sein. Das wird zum Beispiel in den Schriften von William Penn deutlich, wenn er schreibt:
Das heißt: nicht das Bekenntnis oder die äußerliche rituelle Taufe lassen einen Menschen zum Mitglied der Kirche werden, sondern sein Lebenswandel und Überzeugung. Und so kommt er zu dem Schluss:
In der etablierten Gemeinschaft Bearbeiten
Mit der Konstituierung der Strukturen der Quäkergemeinschaft wurde es dann üblich, dass Mitglieder durch eine Monatsversammlung aufgenommen wurden. Das Prozedere dazu wurde in der "Ordnung des Zusammenlebens" (engl. "THE BOOK OF DISCIPLINE") festgelegt. Dabei ging es aber nicht um das Abfragen von Glaubensbekenntnissen, sondern es wurde in erster Linie nachgeforscht, ob der Lebenswandel einer – in ihrem Verständnis – christlichen Überzeugung entsprach. Hier bei mussten die vier Quäkerzeugnisse (Friedenszeugnis, Einfachheit, Integrität, Gleichheit) eingehalten werden, aber auch sittliches Verhalten (kein Alkohol, kein Tabak, kein Vergnügen, kein außerehelicher Geschlechtsverkehr etc.) musste gezeigt werden. Das Tragen eines Bartes konnte im 18. Jahrhundert schon ein Hindernis für die Mitgliedschaft darstellen. Den Grund für dieses neue Verfahren nennt unter anderem J.B. Bevan in einer Schrift von 1792:
So wie die Jahresversammlungen weltweit unterschiedliche "Ordnungen des Zusammenlebens" haben, so kann sich im Detail das Aufnahmeverfahren anders gestalten. Nach wie vor ist aber in keinem Flügel der Quäkertums eine (Glaubens-)Taufe üblich, ein Priester oder Pastor nötig oder das Sprechen eines bestimmten Glaubensbekenntnisses. Die Deutsche Jahresversammlung hat zum Beispiel die Besonderheit, dass die Mitglieder nicht von der Monatsversammlung aufgenommen werden, sondern von der Vierteljahresversammlung (im Deutschen "Bezirksversammlung") und von der Jahresversammlung als Mitglieder geführt werden. Das hängt unter anderem damit zusammen, das viele keine Monatsversammlung regelmäßig besuchen können. Im deutschsprachigen Raum gibt es zudem noch eine weit verbreitete Doppelmitgliedschaft.
Besondere Formen der Mitgliedschaft Bearbeiten
Irgendwann bürgerte sich die Birthright Membership ein, also die Mitgliedschaft durch die Geburt in einer Quäkerfamilie. Auch hierüber wurde und wird z. T. noch gestritten. In den meisten Quäkergemeinschaften in Nordamerika und Europa gibt es diesen Status der Mitgliedschaft nicht.
Mit dem Begriff „Freund der Freunde“ werden Personen benannt, die der Quäkergemeinschaft sehr nahestehen, aber nicht formal Mitglied einer Versammlung sind. In der Ordnung des Zusammenlebens zum Beispiel des Ohio Yearly Meeting gibt es noch weitere Begriffe der Mitgliedschaft: „Waiting Membership“, „Affiliate Membership“ und „Full and Active Membership“. Mit „Jungfreunde“ sind Jugendliche und junge Erwachsene gemeint, die in enger Verbindung zur Quäkergemeinschaft stehen, sei es durch Jugendgruppen oder Quäkereltern.
Wahrnehmung und Beurteilung der Umwelt Bearbeiten
In den Anfängen der Quäkerbewegung hatten Außenstehende oft große Probleme, Quäker von anderen – in ihren Augen – Sekten zu unterscheiden. In Kontinentaleuropa und vor allem in Deutschland gab es im 17. und 18. Jahrhundert eine Reihe von Hetzschriften gegen Quäker, in denen sie für ihnen wesensfremde Dinge angegriffen wurden, so zum Beispiel „Vielweiberei“, was unter Quäkern nie ein Thema war.
Oft wurden sie auch mit Mennoniten verwechselt oder diesen gleichgestellt. So gab es einen jahrelangen Streit unter Historikern, welcher Denomination die Auswanderer unter Franz Daniel Pastorius zuzurechnen seien.
„Über diese Auswanderung entzündete sich eine heftige Diskussion. Es ging dabei um die Frage, welcher Denomination die Auswanderer zuzurechnen seien. Die Diskussion ist wissenschaftshistorisch sowohl für Mennoniten- wie auch für Quäkerforscher von Interesse [...]. Die Diskussion eröffnete Christian Neff [...] mit dem Aufsatz 'Die Quäker in Kriegsheim bei Worms' (1911) [Dann folgte ein jahrelanger Schlagabtausch an dem sich beteiligen: W.Hubben mit drei Aufsätzen, (1926, 1928, 1938), W. Hull und S.W. Pennypacker (1927), F. Nieper und D. Cattepoel (1937), W. Fellmann, W.Niepoth (1953) und abschließend Boecken (1982)] Die damalige Auseinandersetzungen haben die wissenschaftlichen Beziehungen beider Kirchen, die in Deutschland nur wenige gegenseitige Kontakte pflegen, leider nachhaltig gestört. Wissenschaftshistorisch ist zu bemerken, daß der Irrtum Hulls nicht zu korrigieren ist, erst jüngst wurden von renommierter Seite die Krefelder Auswanderer irrtümlich wieder als Mennoniten bezeichnet.“
Bis heute sprechen einige – vor allem evangelikale – Gruppen dem Quäkertum ab, eine christliche Gemeinschaft zu sein. Kritisiert wird zum einen das fehlende Bekenntnis, die fehlende Taufe und das Verständnis von der Rechtfertigung. Da – wie oben schon geschildert – der Lebenswandel ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme von Mitgliedern ist, wird hier der Gedanke der Werkgerechtigkeit zum Vorwurf gemacht.
Glossar Bearbeiten
Für die im Artikel verwendeten Fachbegriffe siehe auch Artikel "Glossar Quäkertum".
Einzelnachweise Bearbeiten
- So zum Beispiel in dem Artikel
- "Quäker", Nr. 5 Sep./Okt. 2008 - 82. Jahrgang (Druckfehler: innen wird auf den Seiten 4/2008 gedruckt), ISSN 1619-0394, Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker) Deutsche Jahresversammlung e.V.
- "Widerrede betreffend eines Artikels über die Mitgliedschaft", Olaf Radicke, 13. Oktober 2008, www.the-independent-friend.de
- William Penn, „Ohne Kreuz keine Krone“, Engl. “No Kross No Krown”, 1825, Kapitel 2, § 10, wikisource.org
- §. 12. Sechstes Kapitel. "Ohne Kreuz keine Krone", William Penn wikisource.org
- vg. Claus Bernet, Forschung zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte", Neunte Folge, 18. Band, 2008, Heft 1, Seite 44
- Claus Bernet, 2007, "Deutsche Quäkerschriften. Band 2: Deutsche Quäkerschriften des 18. Jahrhunderts", ISBN 9783487134086, ISBN 348713408X, Seite: 30–31, "Abriss der Geschichte, der Lehre und der Zucht der Freunde", J.B. Bevan (1792)
- (Memento des vom 7. März 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Siehe hierzu auch Sünne Juterczenka: Über Gott und die Welt – Endzeitvisionen, Reformdebatten und die europäische Quäkermission in der Frühen Neuzeit. Vandenhoeck & Ruprecht, 2008, ISBN 978-3-525-35458-2.