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Der Begriff Dritter Ort engl third place oder seltener auch great good place umschreibt in der Soziologie Orte der Gemeinschaft die einen Ausgleich zu Familie und Beruf bieten sollen Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsverstandnis nach Ray Oldenburg 2 Kritik 3 Tatsachliche Dritte Orte 4 Virtuelle Dritte Orte 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBegriffsverstandnis nach Ray Oldenburg Bearbeiten1989 veroffentlichte der US amerikanische Soziologe Ray Oldenburg das Werk The Great Good Place in welchem er sein Konzept des Dritten Ortes erstmals umfassend vorstellte Seiner Auffassung nach dient der Erste Ort dem Familien der Zweite Ort dem Arbeitsleben Der Dritte Ort bietet zu beidem einen Ausgleich und ist ein Treffpunkt fur die nachbarschaftliche Gemeinschaft Oldenburg zufolge soll ein Dritter Ort acht Charakteristika aufweisen Erstens befindet er sich auf neutralem Boden jeder ausser den dort arbeitenden Menschen kann daher kommen und gehen wie es ihm beliebt Zweitens steht er grundsatzlich allen Bevolkerungsschichten offen und soziale Unterschiede werden abgeschwacht Drittens ist Konversation erwunscht Viertens sind Dritte Orte einfach zu erreichen Funftens verfugen sie uber Stammgaste Sechstens steht die Optik des Dritten Orts nicht uber seiner Funktion Oldenburg spricht von einem low profile Siebtens herrscht eine spielerische playful Stimmung allzu ernste Themen werden vor der Tur gelassen Achtens dient der Dritte Ort als zweite Heimat bzw Zweitfamilie Kritik BearbeitenDer Dritte Ort hat in seiner Rezeption schnell Anklang uber die Soziologie hinaus gefunden Allerdings ist er auch Kritik ausgesetzt So wird beispielsweise von Charles Soukup Oldenburgs Annahme widersprochen dass Dritte Orte in der Lage seien Hierarchien aufzuheben Ebenso fugt Soukup an dass es sich um ein rein westliches Konzept handle 1 Guido Zurstiege wiederum kritisiert Oldenburg lasse ausser Acht dass die von ihm genannten Dritten Orte immer auch dem Konsum dienen und es insofern nur Menschen mit entsprechenden finanziellen Mitteln moglich sei die Orte dauerhaft und regelmassig zu besuchen 2 Oldenburg selbst benennt zudem Dritte Orte die ausschliesslich erwachsenen Mannern zuganglich sind nbsp Starbucks in Doha Es ist umstritten ob die Kette Dritte Orte bietet Ohnehin handele es sich um ein sehr idealisiertes Konzept dem selbst viele von Oldenburg genannte Dritte Orte bei naherer Betrachtung nicht standhalten konnten Heute gelte das umso mehr Neue Arbeitskonzepte und Techniken die es den Menschen ermoglichen von jedem Ort aus zu arbeiten machten die Trennung in drei Orte schwierig Deutlich werde das insbesondere am Beispiel Starbucks Oft 3 4 wurden diese Cafes als moderne Dritte Orte bezeichnet dabei dienten sie vielen Menschen auch als Arbeitsort also als Second Place obwohl Starbucks nicht ihr Arbeitgeber sei Ein weiterer Kritikpunkt ist wie von Christian Schroter angefuhrt dass Einrichtungen durch die Selbstbezeichnung als Dritter Ort den elitaren Anschein erwecken mehr zu sein als sie eigentlich sind 5 Tatsachliche Dritte Orte BearbeitenTypische Dritte Orte sind laut Oldenburg beispielsweise deutsche Biergarten die Wiener Kaffeehauser oder britische Pubs Den Begriff verwenden auch Bibliotheken die nach raumlichen Umbauten uber die reine Ausgabe und Rucknahme von Buchern hinaus zu einem Treffpunkt ohne Konsumzwang oder einem Forum fur Lesungen oder Vortrage werden 6 Dagegen gibt es in den USA bedingt durch den zentralistischen Stadtebau und die ausgedehnten Vorstadte kaum solche Dritten Orte Die Folge sei laut Oldenburg Stress durch den fehlenden Ausgleich Virtuelle Dritte Orte BearbeitenInzwischen wurde das Konzept oft auch auf virtuelle Orte angewandt Die Ergebnisse sind dabei jedoch unterschiedlich Constance Steinkuehler sprach dem MMOG Lineage II alle Charakteristika eines Dritten Orts zu interpretierte diese jedoch eher frei 7 In ihrer Untersuchung einer virtuellen cantina also einer Kneipe im MMOG Star Wars Galaxies geben dagegen Nicolas Ducheneaut Robert J Moore und Eric Nickell an es fehle dieser an Stammgasten das funfte Charakteristikum sei also nicht erfullt 8 Jedoch betonen mehrere Autoren dass virtuelle Treffpunkte durch ihre Inklusivitat durchaus Funktionen Dritter Orte erfullen konnten So stunden sie allen Nutzern unabhangig von Alter Geschlecht oder sozialem Status offen Sie seien leicht zu erreichen und es herrsche eine spielerische Stimmung Allerdings machen wiederum Autoren wie Soukup oder Elizabeth Reid darauf aufmerksam dass virtuelle Dritte Orte technisches Equipment benotigen und insofern langst nicht jedem offenstehen Zudem konnen beispielsweise durch Game Level oder Forenrollen durchaus strenge Hierarchien bestehen Ebenso spiele die von Oldenburg in den Fokus gesetzte Kommunikation zwischen Nachbarn im virtuellen Raum meistens keine Rolle und Gesprachsthemen blieben auf bestimmte Interessensgebiete fokussiert 9 10 Insbesondere Soukup spricht sich daher dafur aus von Virtual Third Places als einem eigenstandigen Konzept zu sprechen 11 Literatur BearbeitenRay Oldenburg The Great Good Place Cafes Coffee Shops Bookstores Bars Hair Salons and other Hangouts at the Heart Community Marlowe amp Company New York 1999 Erstausgabe 1989 Christian Mikunda Marketing spuren Willkommen am dritten Ort Redline Taschenbuch Munchen 2015 Erstausgabe 2002 Einzelnachweise Bearbeiten Charles Soukup Computer mediated Communication as a Virtual Third Place Building Oldenburg s Great Good Places on the World Wide Web In New Media Society Nr 8 2006 S 430 431 Guido Zurstiege Der Konsum Dritter Orte In Guido Zurstiege Kai Uwe Hellmann Hrsg Raume des Konsums Uber den Funktionswandel von Raumlichkeit im Zeitalter des Konsumismus VS Verlag Wiesbaden 2008 S 139 Dan Ritter 3 reasons it s hard to hate Starbucks In USA Today 7 Juni 2014 abgerufen am 21 Juli 2019 englisch Starbucks ungefiltert In ZDFInfo Doku 14 Marz 2019 archiviert vom Original am 15 April 2021 abgerufen am 4 Mai 2022 Christian Schroter Der Dritte Ort Third Place Great Good Place In Gutsel Online 7 Dezember 2021 abgerufen am 7 Dezember 2021 Jan Sting Unerwarteter Geldsegen fur die Burscheider Stadtbucherei Kolner Stadt Anzeiger 9 November 2019 abgerufen am 12 November 2019 Constance A Steinkuehler The New Third Place Massively Multiplayer Online Gaming in American Youth Culture In Journal of Research in Teacher Education Band 3 2005 2005 S 16 32 Nicolas Duchenaut Robert J Moore Eric Nickell Virtual Third Places A Case Study of Sociability in Massively Multiplayer Games In Computer Supported Cooperative Work 16 Nr 16 April 2007 S 129 166 Elizabeth Reid Hierarchy and Power Social Control in Cyberspace In Peter Kollock Marc A Smith Hrsg Communities in Cyberspace Routledge London New York 1999 S 109 120 Charles Soukup Computer mediated Communication as a Virtual Third Place Building Oldenburg s Great Good Places on the World Wide Web In New Media Society Band 8 Nr 8 2006 S 424 429 Charles Soukup Computer mediated Communication as a Virtual Third Place Building Oldenburg s Great Good Places on the World Wide Web In New Media Society Nr 8 2006 S 432 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dritter Ort amp oldid 237823441