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Dogma 20 13 ist der Titel des Manifests das 2013 im Rahmen der Inszenierung Das Fest vom Schauspiel Dortmund konzipiert und veroffentlicht wurde Es pladiert fur eine Weiterentwicklung des 1995 veroffentlichten Dogmas 95 mit theatralen Mitteln sowie fur eine engere Vernetzung zwischen Theater und Filmwelten Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Inhalt 3 Reaktion 4 Bisherige Dogma 20 13 Inszenierungen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenAnfang 1995 veroffentlichten die danischen Regisseure Lars von Trier Thomas Vinterberg und Soren Kragh Jacobsen in einem Pariser Theater ihr Manifest Dogma 95 das eine zunehmende Wirklichkeitsentfremdung des Kinos kritisierte Die Regisseure wollten sich mit ihrem Manifest einem strengen Keuschheitsgelubde unterwerfen So waren beispielsweise Spezialeffekte eigens hergestellte Kulissen Filmmusik kunstliche Beleuchtung oder Farbfilter untersagt Als Distanzierung vom bourgeoisen Autorenkino befahl zudem eine weitere Regel dass der Name des Regisseurs weder im Vor noch im Abspann auftauchen durfte 1 Drei Jahre nach dessen Veroffentlichung wurden auf den Filmfestspielen in Cannes mit grossem Medieninteresse die ersten Spielfilme im Geiste des Dogmas 95 prasentiert Idioten von Lars von Trier sowie Das Fest von Thomas Vinterberg Im Januar 2013 veroffentlichte das Schauspiel Dortmund im Zuge der Inszenierung ebenjenes Dogma 95 Films Das Fest ein eigenes Manifest Das sogenannte Dortmunder Manifest bzw Dogma 20 13 kritisierte die Errungenschaften des Dogmas 95 und erklarte zudem auch generell die Kunstform des Films fur tot DOGMA 95 wurde eine Marke auf dem Markt Die Beschrankung der Mittel erzeugte kurzfristige Freiheit die der zunehmenden Entfremdung im Kino aber nichts Nachhaltiges entgegenzusetzen wusste Das Ziel stimmte aber nicht die Mittel DOGMA 95 war der Aufbruch in eine Sackgasse weil Filmkonventionen wie Montage massenhafte Distribution und von Menschen bediente Kameras nicht radikal infrage gestellt wurden Heute ist der Film tot Die digitalen Medien haben ihn in eisiger Koalition mit dem Fernsehen erdolcht Heute erfahrt der Film seine Auferstehung im Theater Einst raubte der Film den Kunstwerken ihre Aura nun ist es an der Zeit dem Film selbst eine Aura im Hier und Jetzt zu verschaffen Das wahre Kino der Zukunft und das wahre Theater der Zukunft ist eins Dortmunder Manifest DOGMA 20 13 2 Das Manifest wurde vom Dramaturgen Alexander Kerlin verfasst und am Tag der Premiere von Das Fest veroffentlicht die Grundungsurkunde die von allen Darstellern und Beteiligten der Produktion unterzeichnet wurde hangt immer noch im Foyer des Theaters Der Regisseur Kay Voges ebenfalls Intendant des Schauspielhauses wurde fur die Inszenierung fur den Deutschen Theaterpreis Der Faust 2013 in der Kategorie Beste Regie nominiert 3 Die zweite Inszenierung unter dem DOGMA 20 13 Keuschheitsgelubde feierte am 14 September 2014 im Dortmunder Schauspielhaus Premiere Minority Report oder Morder der Zukunft nach Philip K Dick und Steven Spielberg hatte sich in der Regie von Klaus Gehre ebenfalls dem Dortmunder Manifest verschrieben 4 Inhalt BearbeitenDas Dortmunder Manifest erkennt das kunstlerische Potenzial des Films ausschliesslich als Live Format namlich in Form eines Buhnen Films also als ungeschnittenen Film der live vor den Zuschauern auf der Buhne produziert und ausgestrahlt wird Die Montage im Kopf des Zuschauers werten wir hoher als die Manipulation durch den Monteur Wir sind gegen die Hybris der Cutter die Schauspieler und Zuschauer bei ihrer Suche nach Erkenntnis und Gefuhl zu unterbrechen Filme sollen ausschliesslich im Moment ihrer Erschaffung gezeigt werden Es wird gefordert immer zu zeigen wie die filmische Illusion entsteht Zudem soll durch eine statische oder mechanische Kamera der wertende ideologische Blick des Kameramanns zerstort werden Das Auge der Kamera darf also nie von Menschen bedient werden stattdessen muss ihr subjektiver Blick eliminiert und durch die Objektivitat eines Roboters ersetzt werden 5 Inspiriert wurden die Theaterschaffenden vom Regisseur Francis Ford Coppola der 2012 bei einer Konferenz forderte dass Filme im digitalen Zeitalter live produziert werden konnten und sollten Er schlug vor mit Filmen auf Tourneen zu gehen so besser auf das Publikum reagieren zu konnen jeden Abend die Szenen neu zu arrangieren Technisch ist das bereits moglich In Hollywood hat das nur noch kaum jemand begriffen 6 Ebenso wie beim Ursprungs Manifest Dogma 95 verpflichten sich die Teilnehmer einer DOGMA 20 13 Produktion ebenfalls ein Keuschheitsgelubde mit verschiedenen teils auch durchaus selbstironischen Regeln einzuhalten Die Dreharbeiten durfen nur dort stattfinden wo die Zuschauer anwesend sind Niemals verwenden wir vorproduziertes Bildmaterial Alle Bilder werden im Augenblick hergestellt Es darf keine Schnitte und kein Kameraauge mehr geben Die Schauspieler erhalten die Macht uber die Bilder zuruck die sie vor undenklichen Zeiten an die Monteure verloren haben Das Kameraauge darf niemals von Menschen bedient werden Das Kameraauge halt niemals still Niemals Die Erde friert ja auch nicht plotzlich ein Die Kulissen durfen ausschliesslich durch die Schauspieler bewegt werden und niemals den Eindruck von Naturalismus erzeugen Das Leben ist hart die Kulissen sind weich Technische Manipulationen der Bildgestaltung sind absolut unzulassig Die Vertonung muss live geschehen Die Musik durchweht Kulissen und Robotik transzendiert sie und hebt das Kunstwerk auf eine hohere Wirklichkeitsstufe Morde Waffen Gewalt und explizite Sexualitat sind zulassig wenn sie der Veranschaulichung makrokosmischer Zusammenhange dienen Kinder gehoren nicht auf die Buhne Gutes Schauspiel ist auch immer Kinderspiel Es darf kein Tageslicht verwendet werden Der Name des Regisseurs darf niemals in Vergessenheit geraten Dortmunder Manifest DOGMA 20 13 7 In einem Interview prazisierte der Regisseur Kay Voges nochmal das Grundbestreben seiner Fest Inszenierung die dem neuen Dogma verhaftet war Wir haben ein neues Dogma kreiert das Dogma 20 13 Bei uns lauft nicht die Kamera dem Schauspieler hinterher Wir haben eine Konstruktion gebaut auf der sich eine Kamera permanent im Kreis dreht Nicht die Freiheit des Schauspielers steht im Vordergrund sondern die Herausforderung die Illusion des Films aufrecht zu erhalten Durch die Leinwand hindurch sehen wir wie die Schauspieler standig der Kamera hinterherlaufen 8 Reaktion BearbeitenCornelia Fiedler von der Suddeutschen Zeitung betont in ihrer Rezension zu Minority Report den Einfluss der Theaterarbeiten von Katie Mitchell die Live Verfilmungen bereits 2008 in Wunschkonzert Schauspielhaus Koln erprobt habe Dennoch lobt sie das ironisch strenge Regelwerk des Dogmas als ganz eigene Live Film Methode In ihrer Rezension zum Fest schreibt sie am 28 Februar 2013 Selbstironisch und mit sichtlich viel Spass an der Provokation erinnert das Team um den Schauspiel Intendanten Kay Voges daran dass ein direktes greifbares Live Medium wie ein Live Film bereits existiert Eine Offensive die sich zuletzt nicht an Filmkollegen sondern an die kulturpolitischen Spar Apologeten hierzulande richtet Sie bezeichnet das Manifest eine mitreissende Offensive fur das Theater als lebendige Kunst 9 Die Auseinandersetzung mit digitalen Inhalten ist pragend fur die Intendanz von Kay Voges Erlaubt ist inhaltlich und formal alles was verstehen hilft Mal wird auf der Buhne in Echtzeit programmiert Live Code 2013 mal lebt Hamlet in Voges aktueller Inszenierung wie in einem Uberwachungsstaat mal rauben uns Precogs alle Illusionen uber unsere Zukunft Cornelia Fiedler Bei Algorithmus Mord 10 Bisherige Dogma 20 13 Inszenierungen BearbeitenDas Fest 2013 Schauspiel Dortmund Regie Kay Voges Minority Report oder Morder der Zukunft 2014 Schauspiel Dortmund Regie Klaus Gehre Die Moglichkeit einer Insel 2015 Schauspiel Dortmund Regie sputnic RAMBO plusminus ZEMENT 2016 Schauspiel Dortmund Regie Klaus Gehre Die Borderline Prozession 2016 Schauspiel Dortmund Regie Kay Voges Der Futurologische Kongress 2017 Schauspiel Dortmund Regie sputnic Weblinks BearbeitenOffizieller Trailer fur Das Fest der die Buhnenbedingungen der Auffuhrung darstellt Kay Voges im Interview mit der Allgemeinen Zeitung Wie ein Uhrwerk miteinander spielen 5 Mai 2014 Einzelnachweise Bearbeiten Dogma 95 Manifest 13 Mai 1995 abgerufen am 26 September 2014 englisch DOGMA 2013 Theater Dortmund 15 Januar 2013 abgerufen am 26 September 2014 Deutscher Buhnenverein Der Faust 2013 12 September 2013 abgerufen am 26 September 2014 Minority Report oder Morder der Zukunft Abgerufen am 26 September 2014 vgl DOGMA 2013 Theater Dortmund 15 Januar 2013 abgerufen am 26 September 2014 vgl Produced By Francis Ford Coppola Sees A Live Future For Film The Deadline 8 Juni 2014 abgerufen am 26 September 2014 DOGMA 2013 Theater Dortmund 15 Januar 2013 abgerufen am 26 September 2014 Wie ein Uhrwerk miteinander spielen In Allgemeine Zeitung 5 September 2014 abgerufen am 26 September 2014 Cornelia Fiedler Und bald ist Schluss mit Polonaise Suddeutsche Zeitung 28 Februar 2013 Cornelia Fiedler Bei Algorithmus Mord Suddeutsche Zeitung 18 September 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dogma 20 13 amp oldid 223031302