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Ein Sperrdifferential oder Selbstsperrdifferentialgetriebe ist ein bei Kraftfahrzeugen verwendetes Differentialgetriebe Beim Durchdrehen eines Rades ubertragt es das Drehmoment verstarkt zu dem anderen Rad damit die Antriebskraft nicht durch die geringe Bodenhaftung des durchdrehenden Rades begrenzt wird Differentialsperre an einem Differentialgetriebe von einem Traktor Wird der Ring mit den Bolzen nach innen gedruckt rasten sie in Bohrungen im Kegelrad ein Dadurch wird das Differentialgetriebe gesperrt Bereits in einem normalen Differential wirkt zwischen den beiden Radwellen ein geringes Reibmoment Dieses ist aber meist nicht ausreichend wenn eines der beiden Rader auf glatte Fahrbahn geraten ist und wenig Antriebskraft auf den Boden ubertragen kann Das andere Rad wird dann ausgleichend mit nahezu ebenso geringem Drehmoment angetrieben und kann zur Antriebskraft nicht so viel beitragen wie seine Bodenhaftung erlauben wurde Fur solche Falle kann eine Differentialsperre 1 verwendet werden deren beide Radwellen durch Schalten von Hand starr aneinander gekoppelt werden konnen Sie wird uberwiegend in Nutzfahrzeugen verwendet und wird nur temporar benutzt wenn schwieriges Gelande oder Acker zu befahren ist Der Nachteil ist dass beide Antriebsrader genau gleich schnell drehen was eine Kurvenfahrt erschwert Das in PKW haufig eingebaute Selbstsperrdifferential enthalt in der Regel zusatzlich eine lastunabhangige geringe Schwergangigkeit um bei einseitiger Glatte ein etwas erhohtes Drehmoment an das andere Rad zu ubertragen Diese Schwergangigkeit ist konstant und immer wirkend was beim Kurvenfahren schwach untersteuernd wirkt Inhaltsverzeichnis 1 Begriffe 2 Funktion 2 1 Festwertsperre 2 2 Lastabhangige Selbstsperrdifferentiale 2 3 Drehzahlabhangige Selbstsperrdifferentiale 3 Torque Bias Ratio Sperrwert und Wirkungsgrad 4 Abgrenzung zur Antriebsschlupfregelung 5 Nachteile einfacher mechanischer Sperrdifferentiale 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenBegriffe BearbeitenEin Differential oder Differentialgetriebe ist ein Planetengetriebe mit der Standubersetzung i0 1 Ein offenes Differential ist ein Differentialgetriebe ohne Sperreinrichtung Eine Differentialsperre ist ein Differentialgetriebe dessen ausgleichende Funktion aus und eingeschaltet werden kann Die Sperrwirkung betragt in gesperrtem Zustand 100 2 d h die Rader sind starr gekoppelt sie drehen immer mit gleicher Drehzahl Ein Selbstsperrdifferential ist ein Differentialgetriebe mit konstruktiv erhohtem Reibungswiderstand Dadurch ist die Ausgleichswirkung des Differentials eingeschrankt Die Aufteilung des Drehmoments ist bei Geradeausfahrt auf homogener Fahrbahn 50 50 Ein Achs oder Querdifferential ist ein Differentialgetriebe zum Drehzahlausgleich zwischen den beiden Radern einer angetriebenen Achse Eine Langs Zentral oder Mittensperre ist ein Differentialgetriebe zum Drehzahlausgleich zwischen zwei angetriebenen Achsen Neben den ublichen Achsdifferentialen kommen hier auch Planetengetriebe zum Einsatz die die Drehmomente zwischen den Achsen beispielsweise im Verhaltnis 40 60 oder 33 67 in Pkw ublicherweise als Verhaltnis vordere hintere Achse aufteilen Funktion BearbeitenDie Aufgabe eines Sperrdifferentials ist jedem Rad immer ein minimales Antriebsmoment zuzufuhren und dennoch unterschiedliche Drehzahlen an beiden Radern zuzulassen Sie kann mit rein mechanischen Mitteln beispielsweise mit Reibungskupplungen gelost werden Alternative Losungen beruhen auf mechanischer Reibung in Schragverzahnungen z B in Torsen Ausgleichsgetrieben oder zwischen Gleitsteinen und Kurvenscheiben oder beruhen auf Flussigkeitsreibung in Viscosekupplungen 3 Weitere Prinzipien basieren auf einem Freilauf 3 Beim No Spin Differential von EATON sind beide Antriebsachsen zu den Radern mit je einer Klauenkupplung fest mit dem mittleren Antriebsteil und untereinander fest verbunden Bei Kurvenfahrt lauft das aussere Rad schneller wodurch die aussere Kupplung geoffnet und das Rad wie von einem Freilauf frei gegeben schneller als das innere dreht 4 Festwertsperre Bearbeiten Die Festwertsperre ist eine Differentialsperre die die beiden Rader nicht fest aneinander koppelt sondern sie sich mit konstaner lastunabhangiger Schwergangigkeit gegeneinander drehen lasst Bei dieser einfachsten mechanischen Losung werden die beiden Abtriebswellen durch eine Reibungskupplung mit dem Differentialkorb verbunden Die i d R mit Federn erzeugte Anpresskraft ist konstant Wenn die Rader unterschiedlich schnell drehen etwa wenn eines durchdrehen sollte dann besteht eine konstante Drehmomentdifferenz zwischen den beiden Radern wobei das langsamere mehr Drehmoment erhalt Durch diese Momentdifferenz wird jedoch die Kurvenfahrt mehr oder weniger behindert Lastabhangige Selbstsperrdifferentiale Bearbeiten Die Sperrwirkung wird beispielsweise von Reibungskupplungen deren Anpresskraft der Last reprasentiert durch das ins Getriebe eingehende Drehmoment proportional ist automatisch erzeugt Zu dieser Gruppe gehoren auch die Torsen Sperrdifferentiale In normalen Differentialen mit Kegelradern wirken bereits die Reaktionskrafte aus der Verzahnung als Spreizkrafte die mit dem Differentialkorb zu Reibungskraften und damit zur Sperrwirkung fuhren Starkere Anpresskrafte erhalt man mit Druckringen die vom mit dem Differentialkorb umlaufenden Differentialbolzen Welle fur die Planeten Kegelrader auseinandergedruckt werden Der Bolzen gleitet auf in Umfangsrichtung schrage Flachen an den Druckringen auf und erzeugt dabei axiale Krafte auf die Ringe die mit Gegenflachen im Differentialkorb Reibungskupplungen bilden 5 Verschieden stark sperrende Varianten lassen sich mit verandertem Schragungswinkel der Kontaktflachen an den Druckringen herstellen Auf das Rad mit dem geringeren Schlupf also das langsamer drehende wird das x fache des am anderen Rad wirksamen Antriebsmoments ubertragen Das Verhaltnis x wird als TBR Torque Bias Ratio Wertebereich 1 siehe unten bezeichnet Damit das Rad auf festem Boden auch dann angetrieben wird wenn das andere frei durchdreht Antriebsmoment 0 werden lastabhangige Sperrdifferentiale von der Traktionskontrolle des ESP unterstutzt wobei die Verstarkungswirkung des TBR gegenuber einem offenen Differential Vorteile beim Vortrieb bringt Drehzahlabhangige Selbstsperrdifferentiale Bearbeiten Die Sperrwirkung ist von der Drehzahldifferenz zwischen den Radern abhangig Bei Viscokupplungen die zum Selbstsperren von Ausgleichsgetrieben eingesetzt werden entstehen Scherkrafte zwischen z B Kupplungslamellen und der Flussigkeit meistens Silikonol die im Getriebe bei Drehzahldifferenz zwischen den beiden angetriebenen Radern eine Sperrwirkung durch innere Reibung erzeugen 6 Torque Bias Ratio Sperrwert und Wirkungsgrad BearbeitenDie Sperrwirkung wird mit den Grossen Torque Bias Ratio TBR siehe oben und Sperrwert S quantifiziert Beide sind Funktionen der Drehmomente MR rechts und ML links an den beiden Radern Torque Bias Ratio T B R grosseres Moment M L oder M R kleineres Moment M R oder M L 1 displaystyle TBR frac text grosseres Moment M L text oder M R text kleineres Moment M R text oder M L 1 ldots infty nbsp Sperrwert S M L M R M L M R 0 1 oder 0 100 displaystyle S frac M L M R M L M R 0 ldots 1 qquad text oder 0 ldots 100 nbsp Umrechnungsformeln T B R 1 S 1 S S T B R 1 T B R 1 displaystyle TBR frac 1 S 1 S qquad S frac TBR 1 TBR 1 nbsp Der Sperrwert beschreibt den maximalen Unterschied der an die beiden Rader verteilten Drehmomente Haufig verwendete Werte fur S sind 25 bis 50 Bei 50 bedeuten dass das schnellere Rad mit 1 4 das langsamere mit 3 4 des Eingangsdrehmoments angetrieben wird 3 4 1 4 1 2 bzw 50 dies entspricht einem TBR von 3 3 4 1 4 3 Beim offenen Differential sind die Drehmomente rechts und links idealerweise gleich MR ML damit ergibt sich S 0 und TBR 1 Durch das auf die Reibungskupplungen wirkende Bremsmoment wird Antriebsleistung in Warme umgewandelt umso mehr je grosser die Drehzahlabweichung Dn bezogen auf die mittlere Drehzahl n ist Die Formel fur den Wirkungsgrad h ist 7 h 1 S D n n 1 S W 2 R displaystyle eta 1 S cdot frac Delta n n 1 S cdot frac W 2R nbsp Dn absolute Abweichung rechts und links von mittlerer Drehzahl W Spurweite R mittlerer KurvenradiusBeispiel S 0 5 W 1 5 m R 10 m h 0 955 95 5 Abgrenzung zur Antriebsschlupfregelung BearbeitenSperrdifferentiale sind nicht mit Antriebsschlupfregelungen zu verwechseln die ihrerseits als Traction Control Traktionskontrolle oder unter herstellerspezifischen Bezeichnungen wie ASC oder ASR bekannt sind Die Antriebsschlupfregelung ist inzwischen als reine Softwarefunktion des Elektronischen Stabilitatsprogrammes ESP in fast jedem Fahrzeug vorhanden Das ESP ahmt dabei teilweise den Effekt des Sperrdifferentials nach Da jedoch das ESP nur bremsen kann wird je nach Anwendungsfall bis zu 50 einachsiger Antrieb mit einem Rad auf vollig glatter Fahrbahn der Motorleistung weggebremst Damit bietet das ESP zwar eine kostengunstige Hilfe in Notfallen aber es erreicht bei weitem nicht die Performance von Sperrdifferentialen und ist insbesondere fur schweres Gelande und im sportlichen Einsatz ungeeignet In der Kombination von Antriebsschlupfregelungen profitieren beide Systeme voneinander allerdings erfordert das ESP bei einem stabilisierenden Eingriff die Verwendung von drehmomentfuhlenden Sperrdifferentialen Sperrdifferentiale deren Sperrwirkung von der Differenzdrehzahl abhangt koppeln die Rader einer Achse auch dann wenn kein Antriebsmoment anliegt was die Einzelrad Regelung des ESP behindert Nachteile einfacher mechanischer Sperrdifferentiale BearbeitenEinfache Sperrdifferentiale reagieren auf unterschiedliche Drehzahlen und Drehmomente ohne Rucksicht auf die Ursachen In manchen Situationen ergeben sich deshalb Nachteile Viele Bauarten insbesondere Varianten mit Reibscheiben unterliegen mechanischem Verschleiss sodass die Sperrwirkung mit zunehmender Laufleistung des Fahrzeugs abnehmen kann Bei einigen Bauarten ist eine Trennkupplung oder Freilauf erforderlich um es mit einem Antiblockiersystem ABS oder ESP kompatibel zu machen weil ansonsten die Ruckwirkung zwischen einzelnen Radern die Regelung erschwert oder unmoglich macht Sperren reagieren empfindlich auf Bereifung mit unterschiedlichem Abrollumfang zum Beispiel durch unterschiedlichen Luftdruck verschiedene Profiltiefe weil sie zu Differenzdrehzahlen fuhren und erhohten Verschleiss zur Folge haben So ist die Fahrgeschwindigkeit und Fahrstrecke mit Notradern eingeschrankt Bei Kurvenfahrt unterhalb des Grenzbereiches Alltagsbetrieb konnen sie zu einem verstarkten Untersteuern fuhren weil hier der erforderliche Drehzahlausgleich bei Kurvenfahrt behindert wird Bei offenen Achsdifferentialen ubertragen beide Rader gleich viel Drehmoment dadurch entsteht kein Giermoment um die Hochachse des Fahrzeugs Bei Sperrdifferentialen kann es auch zu einer asymmetrischen Aufteilung der Achsantriebskraft kommen Es entsteht ein Giermoment das der Fahrer gegebenenfalls mit Gegenlenken kompensieren muss Dadurch ergeben sich weitere nachteilige Effekte Bei einem Vorderachssperrdifferential kann der Zugkraftunterschied fur den Fahrer am Lenkrad spurbar werden Aus Komfortgrunden wird deshalb an der Vorderachse meist nur ein geringer Sperrwert gewahlt Bei Fahrzeugen mit Hinterachssperrdifferential kann einseitige Glatte zu einem Giermoment fuhren Ohne Gegenlenken bewirkt das Giermoment ein Eindrehen des Fahrzeuges hin zur glatteren Fahrbahnseite Literatur BearbeitenJohannes Loomann Selbstsperrdifferentiale in Kraftfahrzeugen VDI Zeitschrift 110 1968 Nr 6 S 209 216 Johannes Loomann Zahnradgetriebe Springer Verlag 1988 ISBN 3 540 18307 8 Siegfried Wetzel Technik in Versuchen Getriebe Phywe Schriftenreihe Industrie Druck GmbH Verlag Gottingen 1973 4 8 Selbstsperrdiffrentialgetriebe Festwertsperre Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sperrdifferential Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien www ArsTechnica de animierte Grafiken von Sperrdifferentialen und HintergrundinformationenAnmerkungen Bearbeiten Bild einer Differentialsperre offenes Kegelraddifferentialgetriebe dessen rechts gezeichnete Radantriebswelle mit einer Klauenkupplung an das Tellerrad am Getriebeeingang und damit an den Differentialkorb und an die andere Radantriebswelle drehfest angeschlossen werden kann 1 Harald Naunheimer Bernd Bertsche Gisbert Lechner Fahrzeuggetriebe Abschnitt 6 8 3 Differentialgetriebe Differentialsperren und Sperrdifferentiale Springer Verlag Berlin Heidelberg 2007 2 Auflage 2007 ISBN 978 3 540 30625 2 a b Loomann S 353 Liste von etwa 20 weiteren Konstruktionen vgl Loomann S 389 370 Bild eines lastabhangigen Kegelradselbstsperrdifferentialgetriebes Der Differentialbolzen druckt auf die ihm anliegenden schragen Flachen der Druckringe die wiederum die aussen liegenden Kupplungslamellen zusammendrucken Die ausserste Scheibe ist eine Tellerfeder die die Lamellen vorab zusammenpresst und einen Festwertsperr Anteil erzeugt 2 Bild eines drehzahlabhangigen Kegelradselbstsperrdifferentials mit eingebauter Viscokupplung die die rechts gezeichnete Radantriebswelle an den Differentialkorb und damit an die andere Radantriebswelle schwergangig anschliesst 3 Loomann S 365 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sperrdifferential amp oldid 239178771