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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Die unwurdige Greisin Begriffsklarung aufgefuhrt Die unwurdige Greisin ist eine Erzahlung des deutschen Dichters und Dramatikers Bertolt Brecht Sie entstand Ende 1939 im Exil Er nahm die Kurzgeschichte 1949 in seine Kalendergeschichten auf Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Inhalt 3 Form 4 Deutung 5 Wirkung Rezeption 6 Literatur 7 Verfilmungen 8 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDie unwurdige Greisin wurde erstmals 1949 im Rahmen der Kalendergeschichten publiziert zehn Jahre nachdem sie im Exil verfasst wurde Es wird vermutet dass diese Kalendergeschichte anlasslich des 100 Geburtstags von Brechts Grossmutter Karoline Brecht geb Wurzler entstand Das heisst sie hat hochstwahrscheinlich einen autobiografischen Hintergrund Laut neuen Forschungen hat die Handlung jedoch keine genaue Ubereinstimmungen mit dem Leben von Karoline Sie lebte von 1839 bis 1919 Brecht beeindruckte wie viel sie arbeitete und widmete ihr 1919 anlasslich ihres 80 Geburtstags ein Gedicht 1 Inhalt BearbeitenIn der Erzahlung geht es um zwei Lebensabschnitte einer nun greisen Frau Erzahler ist deren Enkel der die ganze Situation durch den Briefwechsel zwischen seinem Vater und seinem Onkel mitbekommt Die Rolle der Greisin ist bis zu ihrem 72 Lebensjahr auf die als Mutter ihrer funf Kinder und als Hausfrau festgelegt Mit dem Tod ihres Mannes andert sie ihr Leben schlagartig Sie beginnt die letzten Jahre ihres Lebens zu geniessen indem sie Kinos und Gasthofe besucht und neue Freundschaften schliesst Dass sie ein selbstbestimmtes Leben fuhrt und sich kaum noch an Konventionen orientiert emport besonders ihren jungsten Sohn einen Buchdrucker dessen Familie sehr bescheiden leben muss Er erwartet dass sich seine Mutter auch fur ihre Enkel aufopfert Dies fuhrt zu Unstimmigkeiten mit seinem Bruder dem Vater des Enkels Der nimmt die Lebenssituation seiner Mutter mit Humor bezeichnet sie als ganz munter Genau betrachtet lebte sie hintereinander zwei Leben Das eine erste als Tochter als Frau und als Mutter und das zweite einfach als Frau B Das erste Leben dauerte etwa sechs Jahrzehnte das zweite nicht mehr als zwei Jahre 2 Schliesslich stirbt die Greisin im Alter von 74 Jahren Der Enkel beendet die Geschichte mit einem zusammenfassenden Satz uber das Leben seiner Grossmutter Sie hatte die langen Jahre der Knechtschaft und die kurzen Jahre der Freiheit ausgekostet und das Brot des Lebens aufgezehrt bis auf den letzten Brosamen 3 Form BearbeitenWas diese Kalendergeschichte von den meisten anderen unterscheidet ist die Form Die Handlung besitzt keinen Spannungsaufbau und keinen Hohepunkt da die Geschichte lediglich eine Schilderung des Enkels ist Das macht die verschiedenen Szenen austauschbar Ein weiterer Kontrast zu anderen Kalendergeschichten bildet das Fehlen eines auktorialen Erzahlers Der Erzahler in Die unwurdige Greisin ist der Enkel der fiktiv also erfunden ist Er erzahlt aus den Berichten seines Vaters und aus Briefen seines Onkels ist in den Erzahlungen also nicht eingebunden Er erzahlt grundsatzlich neutral obwohl es Textstellen gibt die auf eine positive wie auch eine negative Sichtweise hindeuten Deutung BearbeitenDie Erzahlung kritisiert die Geschlechterrollen und insbesondere die Rollenzuweisung an Mutter und Grossmutter von denen Verzicht Unterordnung und Aufopferung erwartet wird Selbstbestimmung bei Frauen insbesondere bei alteren Frauen wird von der gutburgerlichen Gesellschaft voller Misstrauen betrachtet und letztendlich als unwurdig angesehen Im Verlauf der Geschichte andert der Enkel sich und seine Grundeinstellung sodass er am Schluss gleich modern wie seine Grossmutter denkt Die positive Sichtweise des Erzahlers gegen Schluss der Geschichte stimmt nicht mehr mit dem Titel unwurdig uberein Auch der Buchdrucker der jungste Sohn der Greisin andert seine Einstellung Im Vergleich zum Enkel verlauft seine Entwicklung im Verlauf der Geschichte in die entgegengesetzte Richtung Der Enkel denkt immer positiver uber die Greisin wahrend der Buchdrucker sich in die Situation hineinsteigert Auch diese Geschichte zeigt Brechts sozialistische Denkweise und Einstellung Er zeigt in Die unwurdige Greisin dass er die Rolle der Frauen in der damaligen Gesellschaft als ungerecht empfand Wirkung Rezeption BearbeitenDie unwurdige Greisin ist eine der bekannteren der Kalendergeschichten Richtig erfolgreich wurde sie in den 1970er Jahren da in dieser Zeit die Frauenbewegung einen neuen Aufschwung durchlebte Aus diesem Grund wurde sie in dieser Zeit sehr gerne gelesen In den 1950er Jahren wollte die Gesellschaft von solchen emanzipierten Frauen jedoch noch nichts wissen deshalb wurde sie erst spater bekannt Heute wird sie in den meisten Zusammenfassungen der Kalendergeschichten und von Bertolt Brechts Werk erwahnt und gerne als Schullekture verwendet Dies hat wahrscheinlich den Grund dass sie einfach zu lesen ist und keine grossen Verstehensprobleme aufkommen Die unwurdige Greisin ist daruber hinaus eine der wenigen Kalendergeschichten die verfilmt wurden Literatur BearbeitenFranz Josef Payrhuber Literaturwissen fur Schule und Studium Bertolt Brecht Stuttgart Philipp Reclam jun 1995 ISBN 3 15 015207 0 Klaus Detlef Muller Brecht Kommentar zur erzahlenden Prosa Munchen Winkler Verlag 1980 ISBN 3 538 07029 6 Ingrid und Karlheinz Hasselbach Oldenbourg Interpretationen mit Unterrichtshilfen Bertolt Brecht Kalendergeschichten Munchen Oldenbourg Verlag ISBN 3 486 88631 2 Verfilmungen Bearbeiten1964 wurde der Stoff vom franzosischen Regisseur Rene Allio erfolgreich unter dem Titel Die unwurdige Greisin Originaltitel La vieille dame indigne mit Sylvie als Madame Bertini und Victor Lanoux als Pierre in den Hauptrollen verfilmt 1985 gab es eine Produktion des DDR Fernsehens 4 Regie Karin Hercher mit Hanne Hiob und Ekkehard Schall Einzelnachweise Bearbeiten Klaus Detlef Muller Brecht Kommentar zur erzahlenden Prosa Winkler Verlag Munchen 1980 S 336 337 ISBN 3 538 07029 6 Bertolt Brecht Grosse kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe Suhrkamp 1988 1999 Bd 18 S 431 ISBN 978 3 518 40937 4 Bertolt Brecht Kalendergeschichten Text und Kommentar Suhrkamp Basisbibliothek 2013 1 Auflage S 120 ISBN 978 3 518 18931 3 Ana Kugli Michael Opitz Hrsg Brecht Lexikon Stuttgart und Weimar 2006 S 92 ISBN 978 3 476 02091 8Normdaten Werk GND 4600713 1 lobid OGND AKS VIAF 209896873 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die unwurdige Greisin amp oldid 217937416