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Das Olgemalde Die Gouvernante im Original The Governess gehort gemeinsam mit dem Gemalde Die Naherin The Sempstress zu den bekanntesten Gemalden des britischen Malers Richard Redgrave Redgrave sah es als Pflicht eines Kunstlers sich auch mit den sozialen Problemen seiner jeweiligen Zeit auseinanderzusetzen 1 Mit der Darstellung einer Gouvernante griff er die um 1840 einsetzende offentliche Diskussion um die eingeschrankten Erwerbsmoglichkeiten vermogensloser Frauen des Bildungsburgertums auf Das Gemalde hat sich zu der am haufigsten verwendeten bildlichen Darstellung des sogenannten Gouvernantenelends entwickelt Entsprechend wurde es fur Titelbilder von Ausgaben des zum Genre des Gouvernantenromans zahlenden Romans Agnes Grey von Anne Bronte verwendet 2 Die GouvernanteRichard Redgrave 1844Ol auf LeinwandVictoria and Albert Museum LondonVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Bildinhalt 2 Entstehungsgeschichte 3 Sozialer Hintergrund 4 Vergleichbare Darstellungen des Gouvernantenberufs 5 Literatur 6 EinzelbelegeBildinhalt BearbeitenDas Gemalde zeigt im Vordergrund eine junge Frau Ihre schlichte Kleidung ihre strenge Frisur und ihre Positionierung zwischen Klavier und Schreibtisch weisen darauf hin dass es sich bei ihr um eine Gouvernante handelt Mehrere Details des Gemaldes unterstreichen seine gedruckte fast trauernde Stimmung Der Blick der Gouvernante ist gesenkt Bei ihrer schwarzen Kleidung kann es sich um Trauerkleidung handeln allerdings weist der weisse Kragen darauf hin dass sie bestenfalls in Halbtrauer ist Hatte sie ein nahes Familienmitglied kurzlich verloren wurde sie vollstandig in schwarz gekleidet sein Es ist daher moglich dass die schwarze Kleidung primar ihren untergeordneten sozialen Status innerhalb des Haushalts ihres Arbeitgebers ausdruckt In ihrer rechten Hand halt sie jedoch einen schwarz umrahmten Brief der mit den Worten My dear Child beginnt Die Noten auf dem Klavier tragen die Uberschrift Home Sweet Home Die Stimmung eines schmerzlichen Verlustes die das Gemalde ausdruckt kann sich daher auch darauf beziehen dass sich die junge Frau von ihrer Familie trennen musste um nun einer bezahlten Erwerbstatigkeit nachzugehen Im Hintergrund des Gemaldes sind drei junge Frauen oder Madchen zu sehen die helle vornehme Kleidung tragen Zwei spielen miteinander ausserhalb des Raumes auf einer Terrasse Die dritte sitzt an der geoffneten Terrassentur halt ein aufgeschlagenes Buch auf ihrem Schoss und schaut den anderen zwei Madchen zu Es ist nicht sicher ob Richard Redgrave mit der Ernsthaftigkeit mit der er dieses Madchen abbildete ausdrucken wollte dass sie ebenfalls eines Tages auf den marginalisierten Beruf der Gouvernante zuruckgreifen musse Tatsachlich weiss man dass das Madchen das wahrscheinlich das Modell fur die dargestellte Person war spater in diesem Beruf arbeitete 3 Entstehungsgeschichte BearbeitenRichard Redgrave hatte 1843 ein Gemalde mit dem Titel The Poor Teacher ausgestellt das in der Offentlichkeit wegen seiner realistischen Darstellung des Gouvernantenelends gelobt wurde Das Original ist verloren gegangen aber zeitgenossische Darstellungen zeigen eine dunkel gekleidete Frau die allein an einem Tisch sitzt Auf dem Tisch stehen die Uberreste eines sparlichen Mahls und neben dem Teller liegt ein Papierhaufen bei dem es sich um noch zu korrigierende Hausaufgaben handeln konnte 1844 wurde Redgrave dann durch seinen Forderer John Sheepshanks damit beauftragt eine weitere Version dieses Gemaldes zu malen Diese zweite Version ist die hier diskutierte Sozialer Hintergrund BearbeitenFur Frauen der gebildeten Mittelschicht war die Tatigkeit einer Gouvernante uber zwei Jahrhunderte eine der wenigen Moglichkeiten einen standesgemassen Beruf auszuuben Er wurde fast ausschliesslich von Frauen ergriffen die an einem bestimmten Punkt ihrer Biografie keinen Vater Ehemann oder Bruder besassen der fur ihren Lebensunterhalt aufkam oder aufkommen konnte und die daher fur sich selbst sorgen mussten oder wollten In Grossbritannien sahen sich um die Mitte des 19 Jahrhunderts so viele Frauen gezwungen auf diese Weise ihren Broterwerb zu verdienen dass man vom Gouvernantenelend sprach Darunter verstand man materielle Notlage Krankung des Selbstwertgefuhls durch das geringe Ansehen dieses Berufes Missachtung ihrer individuellen Bedurfnisse und der Kampf um einen standesgemassen Beruf auf einem Arbeitsmarkt der Frauen im Vergleich zu Mannern nur sehr begrenzte Moglichkeiten bot Entsprechend breiten Raum nimmt die Gouvernante in der englischen Literatur dieser Zeit ein In anderen europaischen Landern bedingten andere gesellschaftliche Verhaltnisse und unterschiedliche Formen der Kindererziehung dass sich der Beruf der Gouvernante nicht zu einem vergleichsweise starken Symbol spezifischer weiblicher Benachteiligung entwickelte Die okonomischen Probleme vermogensloser Frauen die dem hoheren Burgertum zuzurechnen waren waren in Grossbritannien besonders ausgepragt Hier uberstieg nach 1830 die Zahl der Frauen die als Gouvernante arbeiteten wollten oder mussten bei weitem die verfugbaren Stellen 4 Dieses Uberangebot war einerseits Resultat einer Reihe wirtschaftlicher Krisen in der das Vermogen vieler Familien schwand Es lag andererseits aber auch an einem Ungleichgewicht zwischen heiratsfahigen und willigen Mannern und Frauen Bei einer Volkszahlung im Jahre 1851 bezeichneten sich 25 000 britische Frauen als Gouvernante wahrend 750 000 Frauen als Dienstboten arbeiteten 5 Die Zahl der Gouvernanten entsprach zwei Prozent aller unverheirateten Frauen in einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren 6 Da unverheiratete Frauen der Arbeiterschicht entweder in Fabriken oder als Dienstboten arbeiteten ist die Zahl von zwei Prozent hoch und lasst darauf schliessen dass nahezu jede Frau der Mittelschicht die ohne anderes Einkommen war diesen Beruf ergreifen musste 6 Wahrend jedoch die Erwerbssituation von Frauen der Unterschicht zu dieser Zeit kein offentlicher Diskussionspunkt war erregten die Probleme dieser im Vergleich dazu kleinen Gruppe das besondere Interesse und Mitgefuhl des burgerlichen Publikums 7 Sir George Stephen schreibt 1844 in einem Handbuch fur Gouvernanten 8 Wir mussen zugeben dass beim Beschreiben des Amtes der Gouvernante sich unser Herz ein wenig zusammenkrampft wie wir es bei keiner anderen Aufgabe aktiver Lebensfuhrung erlebt haben In jeder anderen Beschaftigung findet man die Ermutigung der Hoffnung Der Dienstbote kann Dienstherr werden der Arbeiter kann zum Arbeitgeber aufsteigen Die Gouvernante und die Gouvernante allein obwohl doch ein Mitglied der freien Berufen ist ohne Hoffnung und Erwartungen Richard Redgrave hatte selbst zwei Schwestern die als Gouvernanten arbeiteten Er war dadurch mit der Situation der Frauen die diesem Beruf nachgingen personlich vertraut 9 Vergleichbare Darstellungen des Gouvernantenberufs BearbeitenDie besondere Problematik der sich junge Frauen des Burgertums ausgesetzt waren die sich plotzlich gezwungen sahen eine Erwerbstatigkeit als Gouvernante aufzunehmen ist wiederholt in Gemalden dargestellt worden nbsp Emily Shanks Beim Einstellen einer Gouvernante nbsp Wassilij Grigorjewitsch Perow Ankunft der Gouvernante in einer Kaufmannsfamilie nbsp Rebecca Solomon The Governess nbsp Emily Mary Osborn The GovernessLiteratur BearbeitenCecilia Wadso Lecaros The Victorian Governess Novel Lund University Press Lund 2001 ISBN 91 7966 577 2 Einzelbelege Bearbeiten Lecaros The Victorian Governess Novel 2001 S 44 Lecaros The Victorian Governess Novel 2001 S 45 Lecaros The Victorian Governess Novel 2001 S 44 Irene Hardach Pinke Die Gouvernante Geschichte eines Frauenberufs Campus Verlag Frankfurt am Main u a 1993 S 15 Lecaros The Victorian Governess Novel 2001 S 20 a b Ruth Brandon Other People s Daughters The Life and Times of the Governess Phoenix London 2008 ISBN 978 0 7538 2576 1 S 1 Irene Hardach Pinke Die Gouvernante Geschichte eines Frauenberufs Campus Verlag Frankfurt am Main u a 1993 S 16 Zitiert nach Ruth Brandon Other People s Daughters The Life and Times of the Governess S 5 Im Original lautet das Zitat We must acknowledge that in describing the office of governess we have had a sickening feeling at heart such as we have not experienced in tracing any other department of active life In every other human pursuit there may be found the encouragement of expectation The servant may become master the labourer may rise into an employer but the governess and the governess alone though strictly a member of a liberal profession has neither hope nor prospect open in this world Lecaros The Victorian Governess Novel 2001 S 44 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Gouvernante Redgrave amp oldid 230103467