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bibliothek ist ein Gedicht des osterreichischen Lyrikers Ernst Jandl das am 20 September 1977 entstand und im Folgejahr in Jandls Gedichtsammlung die bearbeitung der mutze veroffentlicht wurde Das Gedicht beschreibt die Bibliothek als Gefangnis der Bucher Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt und Form 2 Interpretation 3 Stellung in Jandls Werk 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseInhalt und Form BearbeitenErnst JandlbibliothekLink zum Volltext des Gedichts Bitte Urheberrechte beachten Das Gedicht bibliothek besteht aus zwolf Zeilen die paarweise zu Abschnitten zusammengefasst sind Jandl verzichtet auf Reim Grossschreibung und Interpunktion Der Beginn des Gedichts lautet die vielen buchstaben die nicht aus ihren wortern konnen 1 In den folgenden sechs Zeilen wiederholt sich das Schema Die Worter konnen nicht aus Satzen heraus diese nicht aus Texten und jene nicht aus Buchern Laut Klaus Jeziorkowski provozieren die ersten acht Zeilen im Leser eine Fortsetzung des Schemas in immer weitere Zwiebelschalen bis ins Unendliche Diese Moglichkeit der Weiterdichtung ist typisch fur viele Gedichte von Ernst Jandl 2 Das Schema wird in der zehnten Zeile gebrochen Auf den Buchern befindet sich Staub und in der vorletzten Zeile taucht eine Person auf die gute putzfrau mit dem staubwedel 1 Die zwolf Zeilen stehen in einer aufs Notigste reduzierten Umgangssprache die durchgehend aus fragmentarischen Satzen besteht So findet man als einziges Verb das Modalverb konnen viermal in einem Nebensatz sonst wird ganzlich auf ein solches verzichtet 3 Interpretation BearbeitenTrotz der eher konventionellen Form ist bibliothek fur Klaus Jeziorkowski ein Beispiel konkreter Poesie das einen ungewohnlichen Blick auf die Bibliothek wirft die gemeinhin doch eher als Hort der Kultur und Information gilt bei Jandl aber als zwiebelschalkonzentrisches Gefangnis dargestellt werde in dessen Innersten die Buchstaben eingesperrt seien In diesem Bild wird die Putzfrau die brave Huterin des Grabmals die als eine Art Gefangnispatrouille uber den Friedhof Bibliothek wacht und keinen Bezug zu den eingesperrten Buchstaben Wortern Satzen Texten und Buchern hat sondern mit ihrem Wedel rein ausserlich hantiert 4 Typisch fur Jandls Poetik ist dabei die Kritik am geordneten Systems eines konventionellen und uberkommenen Sprachgebrauchs in dem er die Buchstaben gefangen sieht Jeziorkowski formuliert Die Buchstaben Worter Satze und Texte sind zu befreien und loszulassen aus der Diktatur Darum bemuhe sich Jandl mit der experimentellen Lyrik in seinem eigenen Werk Fur Jeziorkowski ist Jandl einer unserer weitreichendsten Buchstaben und Wortbefreier und ein ungeheuer weit wirkender Loslasser von Satzen und Texten der durch sein Werk den Menschen die Vielfalt der sprachlichen Moglichkeiten bewusst gemacht habe 5 Uber das Sprachsystem hinaus lasst sich die Bibliothek des Gedichts ganz allgemein als Paradigma fur jede Form von System und Ordnung interpretieren die keine Alternativen im Denken oder Leben zulassen Jandls Gedicht stelle deren Behauptung einer Alternativlosigkeit und Nichtveranderbarkeit in Frage die auf Dauer nur zu Staub auf den Systemen fuhre sowie zu Putzfrauen die zwar diesen Staub zu beseitigen versuchent ohne jedoch die zementierte Ordnung an sich aufzubrechen Jeziorkowski sieht in diesem Sinne Jandls Gedicht als eine Ermunterung den Stillstand zu uberwinden und die Verantwortung anzunehmen die Welt in Bewegung zu halten 6 Stellung in Jandls Werk BearbeitenErnst Jandl veroffentlichte bibliothek im Jahr 1978 in seiner Gedichtsammlung die bearbeitung der mutze Viele Gedichte in diesem Band sind in einem gebrochenen Deutsch sozusagen einer Art Gastarbeitersprache geschrieben Hier reiht sich auch die bewusst einfache fast schon hilflose Sprache von bibliothek ein wobei Jeziorkowski eine ungeheure Spannung zwischen der Form und dem mit Energie und Potenz aufgeladenen Inhalt wahrnimmt die fur ihn in erfreulichem Gegensatz zu mancher Tiefsinnspoesie steht bei der Form und Inhalt ein genau umgekehrtes Gewicht besassen Charakteristisch fur die Gedichte aus die bearbeitung der mutze und noch starker in der gelbe hund sei auch ein Tonfall von Mudigkeit Klage und Resignation Daher sieht Jeziorkowski auch bibliothek nicht bloss als jene sprachlich und inhaltlich harmlos freundliche Wortspielerei als die das Gedicht auf den ersten Blick erscheine Vielmehr sei die Klage uber eingesperrte Buchstaben und bloss oberflachlich abgestaubte Bucher Ausdruck einer tiefen Ernsthaftigkeit und Trauer Jandls fur den die Arbeit und das Spiel mit der Sprache in seinem Spatwerk eine zunehmend existenzielle Bedeutung gewonnen habe 7 Ausgaben BearbeitenErnst Jandl bibliothek In die bearbeitung der mutze Luchterhand Darmstadt 1978 ISBN 3 472 86465 6 S 137 Literatur BearbeitenKlaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek In Walter Hinck Hrsg Gedichte und Interpretationen Band 6 Gegenwart I Reclam Stuttgart 1982 ISBN 3 15 007895 4 S 188 197 Weblinks BearbeitenJandl Ernst Bibliothek Lesung von Lutz Gorner Die kreative Analyse Zugangswege nicht nur zu lyrischen Texten Vortrag von Reinhard Lindenhahn mit Volltext von bibliothek Einzelnachweise Bearbeiten a b Ernst Jandl bibliothek In die bearbeitung der mutze Luchterhand Darmstadt 1978 S 137 Klaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek S 189 Klaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek S 196 Klaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek S 190 191 196 Klaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek S 191 192 Klaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek S 194 195 Klaus Jeziorkowski Zu Ernst Jandls Gedicht bibliothek S 196 197 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bibliothek Gedicht amp oldid 207040095