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Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist in 89b HGB geregelt und gehort rechtssystematisch zum Handelsvertreterrecht das wiederum dem Vertriebsrecht zuzuordnen ist Zum Ausgleichsanspruch wird haufig folgender Ausspruch dreier Kammervorsitzender des Landgerichts Munchen zitiert Das HGB bietet wohl keine unprazisere und regelmassig bezuglich Grund und Hohe streitigere Bestimmung als 89 b HGB mit oft sehr hohen Klageantragen und jahrelangen Prozessen Kainz Lieber und Puszkajler Betriebs Berater 1999 Seite 434 436 Inhaltsverzeichnis 1 Grundgedanke der gesetzlichen Regelung Rechtsquellen 2 Anspruchsberechtigung 3 Anspruchsvoraussetzungen 3 1 Vertragsbeendigung 3 2 Anspruchsausschluss 3 3 Geltendmachung des Anspruchs 3 4 Provisionsverluste 3 5 Unternehmervorteile 3 6 Billigkeit 3 7 Begrenzung der Hohe des Ausgleichsanspruchs 4 Unabdingbarkeit 5 Literatur 6 Siehe auch 7 BelegeGrundgedanke der gesetzlichen Regelung Rechtsquellen BearbeitenDer Ausgleichsanspruch soll dem Handelsvertreter fur einen auf seine Leistung zuruckzufuhrenden Vorteil des Unternehmers eine Gegenleistung verschaffen Der Vorteil des Unternehmers liegt dabei in der fortdauernden Nutzung des vom Handelsvertreter geschaffenen Kundenstammes auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages Diese zusatzliche Vergutung des Handelsvertreters wird dem Grunde und der Hohe nach auch durch Billigkeitsgesichtspunkte bestimmt Anspruchsgrundlage ist 89b HGB Diese Norm setzt formal Art 17 Absatz 2 der Richtlinie des Rates der EG vom 18 Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbstandigen Handelsvertreter 86 653 EWG um Vorbild der Richtlinie war allerdings das bereits zuvor geltende deutsche Handelsvertreterrecht inklusive der Regelung zum Ausgleichsanspruch Im Bereich der Versicherungsvertreter wird der Ausgleichsanspruch in der Praxis oft nach den so genannten Grundsatzen zur Errechnung der Hohe des Ausgleichsanspruchs abgewickelt deren Geltung im Vertretervertrag vereinbart wird und die fur verschiedene Versicherungssparten existieren Diese Grundsatze dienen der Vereinfachung der Anspruchsberechnung Sie haben keinen Rechtsnormcharakter Anspruchsberechtigung BearbeitenAnspruchsberechtigt sind unter anderem hauptberufliche Handelsvertreter im Sinne des 84 HGB hauptberufliche Versicherungsvertreter bzw Bausparkassenvertreter und Tankstellenhalter Unter gewissen Voraussetzungen kann Vertragshandlern Franchisenehmern und Kommissionsagenten ein Ausgleichsanspruch analog 89 b HGB zustehen Grundsatzlich keinen Anspruch auf Ausgleich haben Makler angestellte Reisende und Vertreter im Nebenberuf Anspruchsvoraussetzungen Bearbeiten 89 b HGB enthalt mehrere Anspruchsvoraussetzungen die kumulativ vorliegen mussen damit der Handelsvertreter eine Ausgleichszahlung erhalt Vertragsbeendigung Bearbeiten Der Ausgleichsanspruch entsteht erst mit Beendigung des Handelsvertretervertrages Der Beendigungsgrund unter anderem Kundigung Aufhebungsvertrag Ablauf der vereinbarten Befristung ist grundsatzlich gleichgultig es sei denn er fuhrt zu einem gesetzlich geregelten Anspruchsausschluss Bearbeiten Das Gesetz sieht vor dass in den Fallen in denen der Handelsvertreter das Vertragsverhaltnis kundigt grundsatzlich kein Ausgleichsanspruch entsteht Davon macht der Gesetzgeber allerdings wieder eine Ausnahme fur Falle in denen die Kundigung aus alters oder krankheitsbedingten Grunden erfolgt oder ein Verhalten des Unternehmers dem Handelsvertreter begrundeten Anlass fur den Ausspruch der Kundigung gegeben hat Greift diese Ausnahme besteht ein Ausgleichsanspruch dem Grunde nach Weiter ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen wenn der Unternehmer das Vertragsverhaltnis gekundigt hat und der Kundigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters zugrunde lag Dies kann beispielsweise dann der Fall sein wenn der Handelsvertreter wahrend des laufenden Vertragsverhaltnisses Konkurrenzprodukte vertreibt Schliesslich ist der Ausgleichsanspruch in einer dritten Fallgruppe ausgeschlossen wenn auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhaltnis eintritt In diesen Fallen geht der Gesetzgeber ohne dass dies Voraussetzung ware davon aus dass der ausscheidende Handelsvertreter von dem eintretenden Dritten einen finanziellen Ausgleich erhalt Geltendmachung des Anspruchs Bearbeiten Der Handelsvertreter muss den Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres sog materielle Ausschlussfrist nach Vertragsbeendigung geltend machen Tut er dies nicht verfallt der Anspruch unwiderruflich Zur Geltendmachung des Anspruchs genugt es dem Unternehmer deutlich zu verstehen zu geben dass ein Ausgleich beansprucht wird Zur Geltendmachung ist keine Bezifferung der Hohe des Anspruchs notwendig Aus Grunden der Beweiserleichterung sollte die Geltendmachung schriftlich und mit Zugangsnachweis erfolgen Provisionsverluste Bearbeiten Infolge der Vertragsbeendigung mussten dem Handelsvertreter nach der bis zum 5 August 2009 geltenden Gesetzesfassung fur einen Ausgleichsanspruch zukunftig Provisionsverluste aus bereits abgeschlossenen oder kunftig zustande kommenden Geschaften entstehen Nach der seit dem 5 August 2009 geltenden Fassung des 89b HGB 1 ist das Tatbestandsmerkmal der Provisionsverluste vom Wortsinn und als zwingendes Tatbestandsmerkmal entfallen und zum fakultativen Billigkeitsmerkmal der entgehenden Provisionen 89b Abs 1 Nr 2 HGB herabgestuft worden 2 Auch bei Gewahrung von Einmalprovision und damit auch bei Vertragsfortsetzung mangelnden Provisionsverlusten kann seither ein Ausgleich geschuldet sein 3 Das ist auch im Recht des Versicherungsvertreters zu beachten 4 Verluste aus bereits abgeschlossenen Geschaften konnen dem Handelsvertreter nur entstehen wenn im Handelsvertretervertrag vereinbart wurde dass dem Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung keine Provisionen mehr zustehen sollen sog Provisionsverzichtsklausel Verluste aus kunftig zustande kommenden Geschaften sind vor allem im Bereich des Warenvertriebs Grundlage fur die Ausgleichsberechnung Denn der Ausgleichsanspruch wird regelmassig auf der Basis der Provisionen des letzten Vertragsjahres mit neu geworbenen oder erweiterten Mehrfachkunden berechnet multipliziert mit der Zahl der Jahre des Prognosezeitraums abgezinst und dann durch die Hochstgrenze des 89b Abs 2 HGB begrenzt 5 Aber auch im Versicherungsvertreterrecht wird eine solche Berechnungsweise vertreten 6 Provisionsverluste sind nur insoweit zu berucksichtigen als sie Geschafte mit vom Handelsvertreter wahrend der Vertragslaufzeit neu geworbenen Kunden oder im Umsatz erheblich gesteigerte Bestandskunden betreffen Des Weiteren mussen diese Kunden Stammkunden sein das heisst sie mussen in der Vergangenheit mehr als ein Geschaft abgeschlossen haben oder von ihnen muss die Vermutung ausgehen dass sie zukunftig weitere Geschafte abschliessen werden Liegen diese Voraussetzungen nicht vor besteht auch kein Anspruch auf Ausgleich Fur die Berechnung des Ausgleichs des Versicherungsvertreters nach 89b Abs 5 HGB sind nicht die von ihm geworbenen Kunden sondern die von ihm geworbenen Versicherungsvertrage massgeblich Diese bilden allerdings als Dauerschuldverhaltnisse Geschaftsverbindungen nicht anders als bei 89b Abs 1 HGB 7 Sind Provisionsverluste vorhanden werden diese unter Berucksichtigung einer Abwanderungsquote auf einen uberschaubaren Zeitraum in der Zukunft beispielsweise vier Jahre prognostiziert Prognosegrundlage sind dabei grundsatzlich die Provisionen die der Handelsvertreter im letzten Vertragsjahr aus Geschaften mit von ihm geworbenen Kunden erhalten hat Unternehmervorteile Bearbeiten Regelmassig ist davon auszugehen dass die Hohe der Provisionsverluste des Handelsvertreters der Hohe der dem Unternehmer verbleibenden Vorteile entspricht Etwas anderes gilt aber dann wenn der Unternehmer mit der Vertragsbeendigung seinen Betrieb insgesamt stilllegt oder der vom Handelsvertreter geschaffene Kundenstamm dem Unternehmer aus sonstigen bei Vertragsende absehbaren Grunden keine Vorteile mehr bringt Billigkeit Bearbeiten Grundsatzlich entspricht der aus Provisionsverlusten und Unternehmervorteilen ermittelte Ausgleich der Billigkeit Anerkannt ist aber dass der ermittelte Betrag abzuzinsen ist da Verluste und Vorteile abgegolten werden sollen die erst in der Zukunft entstehen Fur die Abzinsung stehen die Hoffmann sche Formel oder die Abzinsungsmethode nach Gillardon zur Verfugung Im Rahmen der Billigkeit konnen des Weiteren alle Umstande des Einzelfalls berucksichtigt werden Hat der Unternehmer beispielsweise eine Altersversorgung des Handelsvertreters mit finanziert kann dies einen Billigkeitsabschlag rechtfertigen Begrenzung der Hohe des Ausgleichsanspruchs Bearbeiten Ubersteigt der anhand vorstehender Voraussetzungen ermittelte Ausgleichsbetrag den Jahresdurchschnitt der vom Handelsvertreter in den letzten funf Vertragsjahren vereinnahmten Provisionen und sonstigen Vergutungen ist der Ausgleichsanspruch auf diesen Jahresdurchschnitt begrenzt Fur Versicherungsvertreter gilt als Obergrenze das Dreifache der Jahresdurchschnittsprovision Unabdingbarkeit BearbeitenDer Ausgleichsanspruch kann nach 89b Abs 4 Satz 1 HGB vor Vertragsende weder beschrankt noch ausgeschlossen werden Eine Ausnahme gilt lediglich dann wenn der Handelsvertreter nur ausserhalb des Gebietes der Europaischen Gemeinschaft bzw des Europaischen Wirtschaftsraums tatig werden soll 92c Abs 1 HGB bzw mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschaften beauftragt wurde die die Befrachtung Abfertigung oder Ausrustung von Schiffen oder die Buchung von Passagen auf Schiffen zum Gegenstand haben 92c Abs 2 HGB Vertragliche Vereinbarungen die gegen dieses Verbot verstossen sind unwirksam So bindet beispielsweise die Vereinbarung der Anwendung der Grundsatze zur Errechnung der Hohe des Ausgleichsanspruchs vor Vertragsende den Versicherungsvertreter nicht 8 Er ist dadurch nicht gehindert einen hoheren nach den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen errechneten Ausgleich zu verlangen Literatur BearbeitenKustner Thume Handbuch des gesamten Aussendienstrechts Band II Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters 8 Auflage 2007 ISBN 3 8005 1459 1 Raimond Emde Vertriebsrecht Kommentierung zu 84 bis 92c HGB 2 Auflage 2011 89b ISBN 978 3 89949 801 1Siehe auch BearbeitenAusgleichsanspruch des VersicherungsvertretersBelege Bearbeiten Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhaltnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Anspruchen von Anlegern aus Falschberatung BGBl 16 2512 2519 zur Novellierung sowie dem ihr zugrundeliegenden EuGH Urteil Balke Evke de Groot NJOZ 2010 1551 Christoph NJW 2010 647 Raimond Emde DStR 2009 1478 ff ders WRP 2010 844 ders EWiR 2009 239 Eckhoff BB 2009 1609 Koch ZIP 2011 1752 Semler BB 2009 2327 Thume BB 2009 2490 ff ders IHR 2011 7 Steinhauer EuZW 2009 887 Westphal DB 2010 1333 Emde Vertriebsrecht 2 Aufl 2011 89b Rn 170 ff Emde DStR 2009 1478 1483 Thume BB 2009 2490 2494 OLG Dusseldorf Urt v 25 Juni 2010 I 16 U 191 09 BeckRS 2010 24310 Koch ZIP 2011 1752 1555 Emde EWiR 2009 239 240 Emde DStR 2009 1478 1482 Thume BB 2009 2490 2491 Westphal DB 2010 1333 1334 aA LG Munchen I Urt v 23 Februar 2011 10 HKO 3966 10 Raimond Emde BB 2011 2755 2765 Zur Berechnung Raimond Emde Vertriebsrecht 2 Aufl 2011 89b Rn 361 ff Raimond Emde BB 2011 2755 2765 Raimond Emde BB 2011 2755 2765 OLG Celle Urt v 16 Mai 2002 11 U 193 01 VersR 2002 976 977 Raimond Emde Vertriebsrecht 2 Aufl 2011 89b Rn 539Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters amp oldid 214814216