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Am Strand Der Strand ist der Titel eines Romans des italienischen Schriftstellers Cesare Pavese Er handelt von einem Sommerurlaub des Erzahlers mit seinem Freund Doro und dessen Frau Clelia an der Riviera bei Genua Das Original La spiaggia wurde 1941 kapitelweise in Zeitschriften und 1942 in Buchform publiziert die deutsche Ubersetzung von Arianna Giachi erschien 1970 zusammen mit zwei weiteren Romanen unter dem Buchtitel Der Genosse Eine Neuubersetzung von Helmut Moysich unter dem Titel Der Strand erschien 2021 in der Dieterich schen Verlagsbuchhandlung Mainz Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Inhalt 3 Rezeption 4 Deutsche Ausgaben 5 Literatur 6 EinzelnachweiseUberblick BearbeitenWie die meisten Romane des Autors hat auch die in zehn Abschnitte unterteilte Sommergeschichte keinen stringenten Aufbau sondern setzt sich wie bei einer Stationensequenz aus locker aneinandergereihten Feriensituationen z B Unterhaltungen am Strand im Restaurant bei Abendgeselligkeiten oder Ausflugen und Beobachtungen des Ich Erzahlers zusammen Im Mittelpunkt der Handlung steht das junge Ehepaar Doro und Clelia Der Erzahler spurt dass sich in der Beziehung seines Freundes und dessen Frau eine Veranderung vollzieht und mochte den Grund herausfinden aber beide entziehen sich immer wieder seinen Fragen und er erfahrt erst am pointierten Schluss den Zusammenhang Inhalt BearbeitenIn der Einleitung gibt der Erzahler ein Lehrer und Schriftsteller aus Turin einen kurzen Ruckblick auf die Geschichte seiner Freundschaft mit Doro Sie waren in ihrer Jugend eng miteinander verbunden und verbrachten viel Zeit zusammen Diese Phase ging zu Ende als Doro die reizende Clelia heiratete seine Villa verkaufte und nach Genua umzog wo die Schwiegereltern ein Geschaft betrieben Doro konzentrierte jetzt sein Leben auf sich und seine Frau Sie fuhrten eine gluckliche Ehe und unternahmen viele Reisen Der Erzahler reagierte auf die Trennung des Freundes von ihm mit einer Mischung aus Enttauschung und Neid und nahm nicht an der Hochzeit teil Nach einer Zeit der Entfremdung kam es wieder zu einer Annaherung Er besuchte das Paar in Genua verstand sich gut mit Clelia und wurde mehrmals zu gemeinsamen Ferien in ihre kleine Villa an der Riviera eingeladen Zwei Jahre vergehen bis er schliesslich das Angebot annimmt Die Haupthandlung beginnt mit Doros uberraschendem Besuch bei ihm in Turin und seiner Bitte ihn vor ihrem Sommerurlaub am Meer auf einer kurzen Reise in die Heimat seiner Kindheit zu begleiten Er widerspricht der Vermutung des Erzahlers zu seinen Ursprungen zuruckzukehren und beteuert er wolle nur ein bisschen heimatlichen Wein trinken und wieder einmal mit alten Freunden zusammen lustig singen Er suche nur Abwechslung So kehren die inzwischen uber Dreissigjahrigen in ihre Knabenjahre zuruck als sie das Hugelland bei Turin durchwanderten und in der alten Villa von Doros Familie ubernachteten dunkle bewaldete Berge deren lange morgendliche Schatten auf die gelben Hugel mit ihren Bauernhofen fielen Sie durchstreifen die Gegend um Doros Geburtsort und treffen abends im Hotel einige Altersgenossen u a den Maurer Ginio spielen Billard betrinken sich und kommen auf die Idee im Mondschein den Schwestern Rosina und Marina Murette ein Standchen zu bringen Sie schmettern vor dem Haus laut ihre Lieder und storen die nachtliche Ruhe der Nachbarn Es kommt zu Rangeleien und sie werden aus den Fenstern mit Gegenstanden beworfen und durch einen Schuss vertrieben Am nachsten Morgen machen sie sich aus dem Staub um nicht verprugelt zu werden und reisen ans Meer Mit diesem Schwank erheitert der Erzahler in der folgenden Haupthandlung die bezaubernde Clelia bei einem Spaziergang am Meer Er bemerkt dass i hre Augen in ihrem braungebrannten Gesicht entschiedener und harter als fruher wirkten 1 und will dem Geheimnis der vermuteten Beziehungsstorung auf die Spur kommen aber beide weichen seinen Fragen aus und bestreiten die vom feinfuhligen Erzahler wahrgenommene Spannung Obwohl sie sich respektvoll behandeln und sich nicht streiten scheinen sich beide mit etwas Unausgesprochenem zu beschaftigen und der Erzahler fragt sich warum Doro die Reise in die Heimat mit ihm und nicht mit Clelia unternommen hat und warum sie noch kein Kind haben Er sucht sich ein Zimmer um nicht in die Privatsphare der Freunde einzudringen und auch seinen eigenen Bereich zu wahren Vom Fenster aus schaut er auf einen Olivenbaum der ihm das Gefuhl gibt auf dem Land zu sein in einer unbekannten Landschaft 1 Die meiste Zeit verbringt er jedoch mit Clelia oder mit Doro am Strand beim Schwimmen und Sonnenbaden beim Abendessen des Trios in der Villa bevor die Genueser Clique zum Kartenspiel erscheint oder bei der Fahrt mit Guidos Wagen z B zu einem Cafe oder Tanzlokal hoch uber dem Meer bei Unterhaltungen bei Ausflugen usw Dabei entsteht fur den Erzahler das Bild einer wohlhabenden Feriengesellschaft mit ihren oberflachlichen Plaudereien und ihrem Tratsch uber Beziehungen eventuelle Heiratsplane der lebhaften redseligen Ginetta und Umbertos und die nicht standesgemasse Amouren Guidos mit der Kassiererin Nina und des noch nicht achtzehnjahrigen Berti mit einer Prostituierten die ihn zu ihrem Urlaubsfreund auserwahlt hat Alles wirkt wie eine unverbindliche Spielerei um den Tag zu fullen Die Frauen beurteilen die Manner als Egoisten die sich nicht binden wollen und die Manner wollen ihre Freiheit nicht aufgeben und keine Verpflichtungen ubernehmen Clelia ist die Mittelpunktfigur des Romans sie liebt das Gesellschaftsleben tanzt gern und geniesst es umschwarmt zu werden gibt sich kaprizios unverbindlich und plaudert gerne lustig drauflos Neben ihrem Mann hat sie drei unterschiedliche Verehrer den vierzigjahrigen Lebemann und Mussigganger Guido ein Kollege ihres Mannes Er fuhrt ein Urlaubs Doppelleben einmal in der burgerlichen Genueser Clique die er mit seinem Wagen herumkutschiert zweitens mit seiner Geliebten Nina mit der er gemeinsam im Hotel wohnt und die er nicht zur feinen Gesellschaft mitnimmt den siebzehnjahrigen Berti einen ehemaligen Schuler des Erzahlers der die Schule abgebrochen hat zur Zeit ohne Perspektive ist und bei seinem zufallig getroffenen Lehrer Anschluss sucht Er ist in einer Phase der Orientierung und mochte sich mit dem Erzahler uber Literatur und das Leben unterhalten Er folgt ihm am Strand und kommt so in Clelias Freundeskreis Er wird von einer alteren Frau zu einem sexuellen Abenteuer verfuhrt schamt sich aber gemeinsam mit ihr gesehen zu werden Von Clelia ist er fasziniert Er stellt sich offenbar vor dass sie die ihn zum Tanzen aufgefordert hat sehr emanzipiert und freizugig lebt und macht sich unrealistische Hoffnungen auf naheren Kontakt Als er erfahrt dass sie verheiratet ist ist er enttauscht und uber ihre vermeintliche Leichtlebigkeit verwirrt Obwohl sie immer Distanz wahrt kann er sich nur schwer von seinen Hoffnungen losen Am Ende des Romans nimmt ihn der Erzahler mit nach Turin zuruck wo seine Eltern wohnen Der Erzahler gehort ebenfalls zu den Bewunderern Clelias Er plaudert gern mit ihr und unterhalt sie mit Geschichten und Anekdoten aus der Jugendzeit mit Neuigkeiten aus der Ferienkolonie die er von Guido oder Ginetta erfahren hat oder mit Bertis Annaherungsversuchen Aber seine Faszination ist eher geistiger Art Er spurt eine gewisse Seelenverwandtschaft wenn sie von ihrer Kindheit ihrer Heimat am Meer und ihrer Suche nach Einsamkeit beim Schwimmen erzahlt Wenn sie allein aus dem Wasser an den Strand geht sieht er sie als eine mythologische Gestalt 2 Sie erklart ihm ihre Ambivalenz M an darf sich nie an das erinnern was ich gesagt habe Ich rede und rede weil ich eine Zunge im Mund habe und weil ich nicht allein sein kann Auch Sie sollten mich nicht ernst nehmen das lohnt sich nicht wenn sie nicht die ware die sie nun einmal sei ein verzogenes kleines Madchen das nichts gelernt habe dann wurde sie das Meer malen das sie so liebe und das ganz ihr gehore 3 Sie geht immer allein schwimmen und lehnt das Angebot des Erzahlers ab sie zu begleiten Das Meer ist mir Gesellschaft genug Ich will niemanden dabei haben Im Leben habe ich nichts das mir allein gehort Lassen Sie mir wenigstens das Meer 4 Guido interpretiert das Bedurfnis Clelias dem Geplatscher des Wassers zwischen den Felsen zu lauschen als erotische Zweisamkeit es sei Clelias geheime Leidenschaft um derentwillen sie uns alle betroge Wer weiss was eine Frau wie Sie sich alles von den Wellen erzahlen lasst Ich kann mir nur zu gut vorstellen was ihr euch zuvor bei eurer Umarmung sagt 5 In den Gesprachen mit den Bekannten und in seinen personalen Beziehungen portratiert der Erzahler auch sich selbst seinen Heimatbezug zum Land der Hugel mit ihren Olivenbaumen seine Einsamkeit inmitten der Geselligkeiten an denen er teilnimmt und seine Bewertung der oberflachlichen Plauderer und Mussigganger Clelia hat diese geistige Orientierung bemerkt Beim Abschied nach der Offenbarung ihrer und Doros Situation lachelt sie ihm zu als wolle sie sich entschuldigen und hob ihr Taschentuch zum Mund Ekeln Sie sich nicht vor mir fragte sie Doro ist in seinem Gesellschaftsverhalten und seinem Interesse fur Kunst mit dem Erzahler verwandt Auch er sucht die Einsamkeit in der Natur und ist in der Gruppe oft schweigsam und nachdenklich Immer wieder malt er das Meer ist mit den Ergebnissen unzufrieden und gibt es schliesslich auf Am Ende lost sich die Spannung auf durch die Nachricht von Clelias Schwangerschaft Sie und Doro mussen die Ferien am Meer abbrechen und nach Genua zuruckkehren Beim Abschied vom Erzahler bedauert sie das Ende ihres Aufenthaltes am Meer und reagiert auf einen Vorschlag ihres Mannes zu einer arztlichen Untersuchung ironisch mit schon geht es los mit der Vaterschaft Zu befehlen hat jetzt nur noch er 6 Beide haben sich damit abgefunden dass fur sie ein Lebensabschnitt zu Ende geht Auch der Erzahler reist ab und nimmt den unglucklich verliebten Berti mit nach Turin Er versichert Clelia er sei glucklich daruber ihren letzten Madchensommer mit ihr verbracht zu haben 7 Rezeption BearbeitenDer Roman Am Strand wird im Gegensatz zu dem von der Kritik hoch geschatzten Spatwerk des Autors 8 meist als kleine Studie angesehen und in Verbindung mit einer L homme et l oeuvre Analyse des Gesamtwerks Paveses 9 interpretiert d h mit der Tendenz den autobiographischen Aspekt der Erinnerung an die Kindheit mit einem Mythos der Heimat zu fokussieren Bei der Vernachlassigung des Strandes in der Forschung spielt offenbar auch der Aspekt eine Rolle dass die zeitgenossische Kritik das Buch ziemlich gleichgultig aufnahm und dass Pavese sich selbst von seinem Roman distanzierte und keine Neuauflage zuliess Hosle 10 erklart in seiner Untersuchung die Aussage des Autors aus dem Jahr 1946 der Roman sei das Ergebnis einer Zerstreutheit auch in menschlicher Hinsicht und er wurde sich am liebsten seiner schamen in Verbindung mit der veranderten politischen Einstellung Paveses im Jahr des Genossen nach seinem Eintritt in die kommunistische Partei Offenbar passte die burgerliche Erzahlung in der die wohlhabende Gesellschaftsklasse in ihrer Daseinsberechtigung nicht infrage gestellt wird nicht mehr in seine neue Weltsicht In den spateren Romanen hat Pavese seine Kritik am reichen Mussiggang und der Substanzlosigkeit der Plaudereien sowie am burgerlichen Mann Frau Rollenbild starker akzentuiert Ist es im Strand nur eine Urlaubsphase des Ausspannens so wird das Dolcefarniente im Teufel auf den Hugeln oder in den einsamen Frauen zur Lebensform der Bourgeoisie Unter dem Aspekt der Emanzipation kontrastiert die Clelia des Strandes mit der gleichnamigen Protagonistin der einsamen Frauen Hosle nimmt den Roman gegenuber seinem Autor in Schutz Er sei ahnlich als Stationensequenz komponiert wie die spateren Romane z B Der Teufel auf dem Berge Die einsamen Frauen und enthalte bereits deren Themen Motive und sogar einzelne personale Konflikte die sentimentale Liebe eines jungen Mannes zu einer schillernden Gesellschaftsdame die Frage der Lebensorientierung und Identitat der Abschied einer Frau aus einer ungebundenen Lebensphase und das Ende der sorglosen Existenz ohne Verpflichtungen und Verantwortung die Erinnerung an die Jugend und die Sehnsucht nach der Heimat die Flucht aus dem Leerlauf der Kommunikation in die Einsamkeit der Mythos der Hugel und des Meeres die Ruckkehr zu den Orten der Kindheit die dazu verhilft den Durst nach Mythos zu stillen Hosle zitiert in diesem Zusammenhang eine Tagebucheintragung Paveses vom 17 Sept 1943 Die Wiese der Wald der Strand der Kindheit sind keine realen Gegenstande unter vielen sondern die Wiese der Strand wie sie sich uns im Absoluten offenbarten und unserer transzendentalen Vorstellungskraft Form gaben 11 Ahnlich Hosle sieht Lienhard Bergel 12 die Bedeutung der spiaggia besonders darin dass es dem Autor gelungen ist das Grundproblem seines Daseins und seiner Gestalten die Uberwindung der Jugend und die Einordnung in das Leben der Erwachsenen zu einem positiven Ende zu fuhren doch Hosle relativiert dass diese Ruckkehr ins burgerliche Leben von Wehmut und sarkastischen Bemerkungen der Protagonisten begleitet ist Deutsche Ausgaben BearbeitenCesare Pavese Der Genosse Unter Bauern Am Strand Drei Romane Aus dem Italien von Arianna Giachi Claassen Hamburg u Dusseldorf 1970 ISBN 3 546 47391 4 Cesare Pavese Sommergewitter Unter Bauern Am Strand Die Lederjacke Erzahlungen Volk und Welt Berlin 1976 Cesare Pavese Am Strand Roman Aus dem Italien von Arianna Giachi Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1983 ISBN 978 3 596 25303 6 Cesare Pavese Der Strand Roman Neuubersetzung aus dem Italienischen von Helmut Moysich Dieterich sche Verlagsbuchhandlung Mainz 2021 ISBN 978 3 87162 109 3Literatur BearbeitenLienhard Bergel Spiaggia in Lo Spettatore italiano 10 Okt 1955 Johannes Hosle Cesare Pavese In Die italienische Literatur der Gegenwart von Cesare Pavese bis Dario Fo Beck Munchen 1999 S 23 ff Johannes Hosle Abschied von der Jugend La bella estate und Spiaggia In Cesare Pavese Gruyter Berlin 1964 S 63 ff Volltext Vorschau in der Google BuchsucheEinzelnachweise Bearbeiten a b Cesare Pavese Am Strand Fischer Frankfurt am Main 1983 S 25 Hosle vermutet Aphrodite als Vorbild Johannes Hosle Abschied von der Jugend La bella estate und La Spiaggia In Cesare Pavese Gruyter Berlin 1964 S 63 ff Volltext Vorschau in der Google Buchsuche Cesare Pavese Am Strand Fischer Frankfurt am Main 1983 S 61 Cesare Pavese Am Strand Fischer Frankfurt am Main 1983 S 55 Cesare Pavese Am Strand Fischer Frankfurt am Main 1983 S 38 Cesare Pavese Am Strand Fischer Frankfurt am Main 1983 S 90 Cesare Pavese Am Strand Fischer Frankfurt am Main 1983 S 91 Der schone Sommer Drei Romane Rezeption Klaus Dieter Ertler und Werner Helmich Hrsg Das Rezensionswerk von Ulrich Schulz Buschhaus eine Gesamtausgabe Gunter Narr Verlag Tubingen 2005 S 157 Johannes Hosle Abschied von der Jugend La bella estate und La Spiaggia In Cesare Pavese Gruyter Berlin 1964 S 63 ff Volltext Vorschau in der Google Buchsuche Johannes Hosle Cesare Pavese In Die italienische Literatur der Gegenwart von Cesare Pavese bis Dario Fo Beck Munchen 1999 S 23 ff Lienhard Bergel Spiaggia in Lo Spettatore italiano 10 Okt 1955 S 420 f Normdaten Werk GND 4467359 0 lobid OGND AKS VIAF 180595956 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Am Strand Pavese amp oldid 237683672