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In der Volkswirtschaftslehre versteht man unter Reswitching engl fur zuruck wechseln dass unter bestimmten Umstanden die Unternehmen zuerst bei steigenden Lohnen zu einer anderen Produktionstechnik wechseln und dann wenn die Lohne noch weiter steigen paradoxerweise wieder zur ursprunglichen Technik zuruck wechseln Die Diskussion um dieses Phanomen war auch Teil der sogenannten Kapitalkontroverse Die theoretische Moglichkeit von Reswitching wurde von Piero Sraffa entdeckt und als schwerwiegende Kritik an den Grundannahmen der neoklassischen Theorie verwendet Auf Grundlage einer neoklassischen Produktionsfunktion etwa einer Cobb Douglas Funktion die auch als Ein Gut Parabel kritisiert wird lasst sich Reswitching nicht darstellen Dort bedeuten steigende Lohne dass immer in eine Richtung Arbeit durch Kapital ersetzt substituiert wird dass also immer andere Produktionstechniken gewahlt werden die immer weniger arbeitsintensiv sind dafur immer mehr kapital intensiv Die Tatsache dass es theoretisch zu einem Reswitching kommen kann wird von Kritikern dementsprechend als Widerlegung der neoklassischen Theorie gewertet Inhaltsverzeichnis 1 Das Wachstumsmodell 2 Das Reswitching 3 Reswitching als Aggregationsproblem 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDas Wachstumsmodell BearbeitenDie Volkswirtschaft soll aus zwei Abteilungen I und II bestehen wobei I die Investitionsguter und II die Konsumguter fur die Arbeiter herstellt Die Produktionskoeffizienten geben an wie viel von den verschiedenen Inputs notwendig ist um eine Einheit eines bestimmten Outputs zu produzieren Im hiesigen einfachen Fall gibt es nur zwei Outputs x 1 displaystyle x 1 nbsp die Menge der Investitionsguter und x 2 displaystyle x 2 nbsp die Menge der Konsumguter Die Produktionskoeffizienten a 11 displaystyle a 11 nbsp Anzahl der Investitionsguter um ein Investitionsgut herzustellen a 21 displaystyle a 21 nbsp Anzahl an Arbeitsstunden um ein Investitionsgut herzustellen a 12 displaystyle a 12 nbsp Anzahl an Investitionsgutern um ein Konsumgut herzustellen a 22 displaystyle a 22 nbsp Anzahl an Arbeitsstunden um ein Konsumgut herzustellen Die Arbeiter bekommen einen bestimmten Lohn zum Lohnsatz l je Einheit Arbeit der in Konsumgutern ausgedruckt ist l a 21 displaystyle l cdot a 21 nbsp Anzahl der Konsumguter die notwendig ist um ein Investitionsgut herzustellen l a 22 displaystyle l cdot a 22 nbsp Anzahl der Konsumguter die notwendig ist um ein Konsumgut herzustellen Schematisch kann die Volkswirtschaft so dargestellt werden Input x 1 displaystyle x 1 nbsp Input x 2 displaystyle x 2 nbsp OutputAbteilung I a 11 x 1 displaystyle a 11 cdot x 1 nbsp a 21 l x 1 displaystyle a 21 cdot l cdot x 1 nbsp x 1 displaystyle x 1 nbsp Abteilung II a 12 x 2 displaystyle a 12 cdot x 2 nbsp a 22 l x 2 displaystyle a 22 cdot l cdot x 2 nbsp x 2 displaystyle x 2 nbsp Die Outputmengen durfen nicht kleiner sein als die Inputmengen Soll die Wirtschaft insgesamt und die beiden Abteilungen I und II gleichmassig mit derselben Rate r wachsen dann lassen sich zwischen Inputmengen und Outputmengen folgende Gleichungen aufstellen fur die beiden Guter der Volkswirtschaft x 1 displaystyle x 1 nbsp und x 2 displaystyle x 2 nbsp a 11 x 1 a 12 x 2 1 r x 1 displaystyle a 11 cdot x 1 a 12 cdot x 2 cdot 1 r x 1 nbsp a 21 l x 1 a 22 l x 2 1 r x 2 displaystyle a 21 cdot l cdot x 1 a 22 cdot l cdot x 2 cdot 1 r x 2 nbsp Man hat also zwei Gleichungen mit x 1 displaystyle x 1 nbsp und x 2 displaystyle x 2 nbsp Aus beiden Gleichungen kann x 1 displaystyle x 1 nbsp als Produkt aus x 2 displaystyle x 2 nbsp und jeweils einem Ausdruck der von r und l abhangt ausgedruckt werden Sollen beide Gleichungen gelten gibt es zunachst die triviale Losung x 1 x 2 0 displaystyle x 1 x 2 0 nbsp Um fur x 1 displaystyle x 1 nbsp und x 2 displaystyle x 2 nbsp nicht nur diese triviale Losung sondern unendlich viel mehr Losungen zu bekommen mussen die beiden Ausdrucke in r und l einander gleichgesetzt werden Man erhalt dann eine in 1 r quadratische Gleichung Fur gegebene Produktionskoeffizienten erhalt man dann eine Beziehung zwischen r und l wobei r umso grosser ist je kleiner l ist Das Reswitching BearbeitenIn der neoklassischen Theorie fuhren steigende Lohne dazu dass die Unternehmen auf Techniken ausweichen die weniger Arbeit dafur mehr Kapital einsetzen sie weichen auf kapitalintensivere Techniken aus Dieser Prozess geht nur in eine Richtung Es gibt in der Neoklassik keinen Grund weshalb bei weiter steigenden Lohnen wieder eine Technik gewahlt werden sollte die einmal wegen zu hohen Lohnen verlassen worden ist Im Modell von Sraffa dagegen ist der Fall denkbar dass bei steigenden Lohnen zuerst eine Produktionstechnik verlassen wird und dann bei noch weiter steigenden Lohnen plotzlich wieder gewahlt wird Es wird also bei sehr hohem Lohn zu einer Technik zuruckgewechselt reswitching die fruher schon einmal bei steigenden Lohnen als diese allerdings noch niedriger waren verlassen worden ist Im Einzelnen erklart sich das so Eine Technik ist bei Sraffa definiert durch die Grosse der Produktionskoeffizienten Beispielsweise sei eine Technik Nr 1 gegeben mit a 11 0 3 displaystyle a 11 0 3 nbsp Anzahl der Investitionsguter um ein Investitionsgut herzustellen a 21 0 2 displaystyle a 21 0 2 nbsp Anzahl an Arbeitsstunden um ein Investitionsgut herzustellen a 12 0 1 displaystyle a 12 0 1 nbsp Anzahl an Investitionsgutern um ein Konsumgut herzustellen a 22 0 3 displaystyle a 22 0 3 nbsp Anzahl an Arbeitsstunden um ein Konsumgut herzustellen Eine Technik Nr 2 sei gegeben mit a 11 0 2 displaystyle a 11 0 2 nbsp Anzahl der Investitionsguter um ein Investitionsgut herzustellen a 21 0 2 displaystyle a 21 0 2 nbsp Anzahl an Arbeitsstunden um ein Investitionsgut herzustellen a 12 0 4 displaystyle a 12 0 4 nbsp Anzahl an Investitionsgutern um ein Konsumgut herzustellen a 22 0 2 displaystyle a 22 0 2 nbsp Anzahl an Arbeitsstunden um ein Konsumgut herzustellen nbsp Abbildung der Profitraten Lohnsatz Kurven zweier unterschiedlicher nach Sraffa definierten TechnikenFur die beiden Techniken erhalt man zwei Kurven Profitrate r in Abhangigkeit vom Lohnsatz l die in der Abbildung dargestellt sind Fur sehr niedrige Lohnsatze l wird die Volkswirtschaft sich fur Technik Nr 2 entscheiden weil sie die hohere Profitrate abwirft Bei steigendem Lohnsatz wird aber schliesslich ein Punkt erreicht wo zur Technik Nr 1 geswitcht also gewechselt wird weil 1 jetzt eine hohere Profitrate als 2 abwirft Steigt der Lohnsatz noch weiter wird schliesslich wieder zuruckgeswitcht es wird wieder die Technik Nr 2 gewahlt Dieses Reswitching dass also bei steigendem Lohnsatz plotzlich wieder eine Technik rentabel wird die schon einmal wegen steigendem Lohnsatz verlassen worden ist ist in einem neoklassischen Modell mit aggregierter z B Cobb Douglas Produktionsfunktion undenkbar Reswitching als Aggregationsproblem BearbeitenReswitching kann als Sonderfall des sogenannten Aggregationsproblems betrachtet werden Hiernach bleiben mikrookonomische Eigenschaften nach Aggregation nicht notwendig auf der Makroebene erhalten siehe auch Sonnenschein Mantel Debreu Theorem 1 Aus dieser Sicht besteht die kritische Annahme des Neoklassischen Wachstumsmodells darin dass es nur ein homogenes Kapitalgut gibt Analoge Aggregationsprobleme konnen beim Faktor Arbeit auftreten der ebenfalls als homogen angenommen wird Literatur BearbeitenSraffa Piero Warenproduktion mittels Waren Nachworte von Bertram Schefold 1976 Erstveroffentlichung 1960 Suhrkamp Verlag Frankfurt MainWeblinks BearbeitenBertram Schefold Reswitching as a Cause of Instability of Intertemporal Equilibrium PDF 504 kB Metroeconomica 2005 56 4 S 438 476 Einzelnachweise Bearbeiten Andreu Mas Colell Capital Theory Paradoxes Anything Goes in Joan Robinson and Modern Economic Theory ed by G R Feiwel New York University Press 1989 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reswitching amp oldid 217707980