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Das Hamburger Notations System kurz HamNoSys ist eine Gebardenschrift Es wurde an der Universitat Hamburg in Tradition der Stokoe Notation entwickelt und ist im Unterschied zum SignWriting eher wissenschaftlich orientiert 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufbau 2 1 Version 1 2 2 Version 2 2 3 Version 3 2 4 Version 4 2 4 1 Version 4 1 3 Unterschied zu SignWriting 4 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten1984 entwarf Siegmund Prillwitz an der Forschungsstelle fur die Deutsche Gebardensprache an der Universitat Hamburg das Hamburger Notationssystem kurz HamNoSys Er veroffentlichte das HamNoSys aber erst 1987 am Zentrum fur Deutsche Gebardensprache und Kommunikation Gehorloser 2 Die 1 und 2 Version wurde mit 150 Symbolen fur den Apple Macintosh 1987 bzw 1989 veroffentlicht 3 4 1996 wurde eine 3 Version mit 200 Symbolen veroffentlicht 5 HamNoSys 4 0 folgte 2001 mit 200 Symbolen bzw mit Version 4 1 2010 mit 650 Symbolen 6 Aufbau BearbeitenVersion 1 Bearbeiten 1984 begann das Team um Prillwitz an der Ausarbeitung der Idee von HamNoSys und schloss dies mit der Veroffentlichung einer Anleitung zu HamNoSys 1987 ab Es soll der Transkription von Gebarden in der Forschung dienen und wurde fur den Apple Macintosh entwickelt HamNoSys soll als Gegenstuck zum IPA alle Gebarden der einzelnen Gebardensprachen beschreiben konnen Das soll durch eine Reduzierung der 150 Symbole erreicht werden Zudem wird versucht weitere Differenzierung Transparenz und Ikonizitat zu ermoglichen Dafur wurden fur den Apple Macintosh die Computerprogramme H A N D S SyncWriter und HamNoSys Editor konzipiert Eine spezielle Tastatur fur HamNoSys wurde ebenfalls entwickelt Die Notation erfolgt in der Reihenfolge Handform Handstellung Ausfuhrungsstelle und Bewegung Die Lexikalische Mimik wird noch nicht notiert Die Handformen werden in die Klassen Faust Flachhand Einzelfinger und Fingerverbindungen eingeteilt Die Grundsymbole sind dementsprechend Faust Flachhand und einzeln von der Hand abgestreckte Finger Davon werden die Symbole fur die 4 Gruppe Einzelfinger in geschlossener oder offener Form abgeleitet Aber auch alle weiteren Handformen konnen von diesen Grundsymbolen abgeleitet werden Die Daumenstellung ist auch wichtig zu beachten Eine Kennzeichnung erfolgt sobald die Normalstellung locker komplett nur am Zeigefinger liegend verlassen wird Zusatzzeichen gibt es auch fur die Grosse der Offnung zwischen Daumen und Finger Besonderheiten sind auch bei Kombination von Daumen und Einzelfinger Handformen zu beachten Eine weitere Ableitungsmoglichkeit ist die Beugung der Finger Dabei ist es wichtig ob die Abweichung von der Normalstellung als Winkel Bogen oder Krummung vom Spitzen Mittel oder Fingeransatzgelenk geschieht Ein Abwinkeln findet im rechten Winkel mit gestreckten Fingern zur Handflache statt Der Fingerbogen findet u a in der Klasse Flachhand mit einer Fingerbiegung aller drei Fingergelenke statt Von einer Krummung spricht man wenn das gebeugte Fingerspitzen und Mittelgelenk einen annahernd rechten Winkel zueinander haben Auch hier gibt es Sonderzeichen fur die Beschreibung von einzelnen Fingern bzw Fingerteilen komplexer Handformen Die Richtungsangabe fur die Handstellung ergibt sich aus der Handflachenorientierung und der Fingeransatzrichtung Dafur und fur das Verhaltnis zum Korper gibt es Symbole in 45 Abstufungen Die Fingeransatzrichtung hat hierbei Prioritat und bezieht sich auf die gerade Verlangerung der Linie Handrucken Fingeransatz der Bewegung der Finger Die Handflachenorientierung bekommt den ersten Freiheitsgrad Symbol mit einem Oval sowie Verdickung in der Ausrichtungsrichtung und die Fingeransatzrichtung hat die Wahl zwischen 2 Freiheitsgrade zur Ausrichtung der Finger im Verhaltnis zum Korper mit der Pfeilspitze und einem Senkrechtstrich zur Ausrichtungsrichtung Durch die systematische Staffelung dieser beiden Komponenten im 45 Raster ergibt sich eine raumliche Ausrichtung der Hand Es wird aber immer aus der Sicht des Gebardenden notiert Die so bestehende Rangfolge bestimmt aus welcher Sicht das Symbol erzeugt wird Die Bedeutung der Symbole ergibt sich nach der Betrachtung der Fingeransatzrichtung dann eher aus der Rotation daraus Eine veranderte Stellung des Handgelenks wird an 1 Stelle nach der Handform angegeben solange sie sich nicht aus der naturlichen Armhaltung ergibt Die Ausfuhrungsstelle mit ihren insgesamt 41 Symbolen bezieht sich fast immer auf spezielle Korperteile oder den Gebardenraum an den sie gebunden ist Fur zweihandige Gebarden beziehen sich die Angaben auf die nichtdominante Hand und kennzeichnen so die Beziehung der Hande zueinander Die Dreidimensionalitat des Gebardenraums wird durch die Kombination von vertikal und horizontal wiedergegeben Hier werden genauer die Bereiche Raum hinter dem Korper neben dem Korper dicht vor dem Korper vor dem Korper weit weg vom Korper und Kontakt mit dem Korper unterschieden Die Bewegung kann wird grundsatzlich in Typ Art und Wiederholung unterschieden Die Typen teilen sich in geradlinig gewolbt sowie Kreisbewegung ein und werden durch entsprechende Symbole angegeben Eine Art definiert Grosse Tempo und Intensitat der Bewegung Dabei werden die Grossenordnungen gross ausladende Bewegungen normale Standardbewegung und kleine Bewegung unterschieden Die Wiederholungsangaben fur genaue Mengenangaben mehrfache Wiederholungen und mehrfach fortlaufende Wiederholungen werden stets nach Typ und Art angegeben Daraus ergibt sich dann die Abfolge Kreisbewegung Bewegungsrichtung Bewegungstyp Ausfuhrungsart Bewegungswiederholung und Kennzeichen fur Alternativbewegung bei Zweihandgebarden Neben den normaleren Bewegungen fur Oberarme Unterarme und Handgelenk konnen auch Bewegungen aus nur einem Gelenk mit Gelenksymbol und Bewegungsrichtung in runden Klammern angegeben werden Zweihandgebarden werden grundsatzlich in symmetrisch und nichtsymmetrisch unterschieden Fur symmetrische Zweihandgebarden wird einfach eine 2 hochgestellt vor der Handform angegeben Sollte die Gebarde nicht die Annahme rechts oberhalb oder vor der nichtdominanten Hand erfullen muss nach der 2 noch eine Symbol gleichgestellt dahinter erfolgen Bei nichtsymmetrischen Zweihandgebarden mussen dagegen stets beide Hande und der Bezug zueinander angegeben werden 7 Version 2 Bearbeiten Die 2 Version entwickelt sich im Vergleich zur 1 Version nicht so stark weiter Es wurde an der Beschreibung von nonmanuellen Parameter ohne neue Symbole gearbeitet Bekannt ist dass hier 150 Zeichen zur formalen Beschreibung von Gebardensprachen auf phonetischer Ebene vorhanden sind Diese 150 Zeichen wurden fur die 4 Parameter genutzt Zuerst werden die Handformen in die 4 Klassen Faust Flachhand Einzelfinger Daumenverbindung eingeteilt wodurch eine Festlegung von Symbolen zur Entwicklung bzw Ableitung von Handformen leichter moglich ist Pfeile wurden fur die Handstellung mit genauer Anzeige von Unterschieden in der Stellung von Fingern Handflache und Handgelenk entwickelt Zur raumlichen Verortung der Ausfuhrungsstelle von Gebarden wurden Symbole fur die einzelnen Korperteile von Kopf bis Fuss inklusive fur Beruhrungspunkte an Fingern und Handen geschaffen Bei dem letzten benotigten Parameter Bewegung wurde zur raumlichen Abbildung zwischen geraden gewolbten und kreisformigen Bewegungen unterschieden Dies wird ebenfalls durch Pfeile angezeigt Zusatzliche Symbole wurden fur Geschwindigkeit Intensitat und Dauer geschaffen Zusammenfassend beginnt eine HamNoSys Gebarde hintereinander von links nach rechts geschrieben mit dem Handformsymbol danach folgt der Handstellungspfeil als nachstes kommt das Ausfuhrungssymbol als viertes folgt der Bewegungspfeil 8 Fur eine genauere Beschreibung in Version 1 schauen Version 3 Bearbeiten Die 200 Symbole der 3 Version sind in den meisten Fallen einer eindeutigen Klasse zugeordnet Es gibt einige Neuerungen bzw Modifizierungen In dieser Version kann man z B erstmals Zwischen und Ubergangsformen zweier notierbarer Handformen bezeichnen um graduelle Abstufungen abzubilden die z B in der Thailandischen Gebardensprache besonders verwendet werden Eine HamNoSys Notation fur eine Gebarde besteht grundsatzlich aus einem Symmetrie Operator bei Zweihandgebarden einer Anfangskonfiguration und Aktionen Bewegung Die Anfangskonfiguration wird nochmal in die Kategorien non manuelle Komponente Handform Handstellung und Lokation Ausfuhrungsstelle unterteilt Zu einer Einzelgebarde gehort immer die Anfangskonfiguration und die Aktion Die Aktion kann dabei durch ein zeitliches Nach bzw Nebeneinander die Parameter der Anfangskonfiguration verandern Durch den zusatzlichen Symmetrie Operator bei Zweihandgebarden ist ersichtlich wie die dominante und nichtdominante Hand gebarden Bei einer Standardgebarde konnen allerdings der Symmetrie Operator nicht jede Gebarde braucht 2 Hande die non manuellen Komponenten und die Lokation neutral in der Mitte vor dem Korper ausgefuhrt ist der Standard entfallen Die Notation der Handformen setzt sich aus den Symbolen der 6 spezifizierten internationalen Grundformen Faust Flachhand Zeigehand U Hand V Hand Vierfingerspreizhand und diakritischen Zeichen fur die Daumenstellung und der Beugung zusammen Es gibt in dieser Version 12 Basishandformen Darunter sind die 6 Klassen der internationalen Grundformen Zusatzlich gibt es hier 6 Klassen fur geschlossene und offene Daumenverbindungen kleine O Hand O Hand F Hand kleine C Hand C Hand offene F Hand Angaben von Abweichungen bezuglich der beteiligten Finger sowie Fingerteile ist moglich Die Handstellung ist uber die Kombination von den beiden Komponenten Fingeransatzrichtung und Handflachenorientierung festgelegt Es kommt zuerst die wichtige Fingeransatzrichtung mit der Wahl zwischen 2 Symbolklassen im Verhaltnis zum Korper und dann die Handflachenorientierung Die Lokation Ausfuhrungsort der Hand wird auf die zwei Komponenten der Frontal und Vertikalebene verteilt Die erste Komponente lokalisiert die Hand auf der Frontalebene Danach bestimmt die Vertikalebene die 2 Komponente Hier wird zwischen den Basisklassen Kopf und Korper Abstand vom Korper sowie Arm und Hand unterschieden Fehlt die Angabe der Vertikalebene geht man von einem normalen Handabstand zum Korper aus Sind beide Faktoren nicht vorhanden wird darunter eine neutrale Ausfuhrung im Gebardenraum verstanden Bei einer zweihandigen Gebarde kann die Lokation zusatzlich das Verhaltnis beider Hande zueinander beschreiben Bei den Aktionen Bewegung erfolgt keine Unterscheidung mehr zwischen normalen und spezielleren Bewegungen Es gibt Ansatze fur Symbole auf Satzebene bzw nonmanuellen Parametern Ansonsten wird auf die Erklarungen in Version 1 und 2 verwiesen 9 Version 4 Bearbeiten In Version 4 gab es so gut wie keine Anderungen Lediglich im Bereich Lokation wurden genauere Symbole fur die Ausfuhrung am Gesicht erganzt Fur alles andere wird auf Versionen 1 3 verwiesen 10 Version 4 1 Bearbeiten Die aktuelle 4 Version hat mehr als 100 Handformen und insgesamt mehr als 650 Symbole Dies ist durch Symbolerweiterung in der bestehenden Ordnung entstanden Hier gibt es 12 Handformklassen und 12 Basishandformen Es gibt in dieser Version 12 Basishandformen 11 Darunter sind die 6 schon aus Version 3 bekannten offenen Handformen Zusatzlich gibt es hier 6 Daumenverbindungen kleine C Hand C Hand offene F Hand kleine O Hand Mithand F Hand Des Weiteren wird in die 2 Oberklassen aktive Finger und Daumen Finger Oppositionen eingeteilt Es gibt danach die 12 Klassen Faust Ein Finger Zwei Finger geschlossen Zwei Finger gespreizt Flachhand vier Finger geschlossen Vier Finger gespreizt Ein Finger die anderen in Faustposition Zwei Finger geschlossen die anderen in Faustposition Vier Finger geschlossen Vier Finger gespreizt Ein Finger die anderen gestreckt und gespreizt Die Kategorien Aktive Finger gestreckt Aktive Finger abgewinkelt Aktive Finger gebogen Aktive Finger gekrummt Ableitungsbeispiele Opposition Fingerspitze Daumenspitze bei gerundeten Fingern Opposition Fingerspitze Daumenspitze bei abgewinkelten Fingern Opposition Fingerspitze Daumenspitze bei uberstreckten Fingerendgelenken Opposition Fingerspitze Daumenendgelenk Opposition Fingerspitze Daumengrundgelenk Ableitungsbeispiele sind ebenfalls vorhanden Es gibt ausserdem neue Moglichkeiten unregelmassige Fingerpositionen zu notieren Im Bereich Lokation und Aktion wurden viele neue Symbole geschaffen und neu klassifiziert Der Rest war schon in den Version 1 4 vorhanden 12 Unterschied zu SignWriting BearbeitenSignWriting und HamNoSys 13 sind sich in ihrem Grundkonzept zur Verschriftlichung mit Symbolen sehr ahnlich Fur beide Gebardenschriften haben sich aber fur die einzelnen Parameter unterschiedliche Symbole herausgebildet Das HamNoSys wird zu dem eher diakritisch hintereinander von links nach rechts geschrieben Es ist also nicht so kompakt holistisch wie SignWriting Ursprunglich ist das HamNoSys fur die internationale Linguistik gedacht gewesen SignWriting war dagegen schon immer fur die internationale Allgemeinheit gedacht Einzelnachweise Bearbeiten Uni Hamburg HamNoSys abgerufen am 10 Juli 2017 Thomas Hanke HamNoSys Representing Sign Language Data in Language Resources and Language Processing Contexts Hrsg University of Hamburg 2004 Signum Verlag HamNoSys Version 2 Englisch Abgerufen am 21 Juli 2021 Institut der deutschen Wirtschaft Koln REHADAT Suche REHADAT Abgerufen am 21 Juli 2021 1 HamNoSys im Ueberblick Abgerufen am 21 Juli 2021 HamNoSys DGS Korpus Abgerufen am 21 Juli 2021 Siegmund Prillwitz u a Hamburger Notations System fur Gebardensprache Eine Einfuhrung Hrsg Zentrum fur Deutsche Gebardensprache und Kommunikation Gehorloser Hamburg 1987 S 38 Prof Dr Siegmund Prillwitz u a Hamburger Notation System for Sign Languages An Introductory Guide In Zentrum fur Deutsche Gebardensprache und Kommunikation Gehorloser Hrsg International Studies on Sign Language and the Communication of the Deaf Volume 5 Signum Press Hamburg 1989 ISBN 3 927731 01 3 S 46 Screenshots von Angaben aus dem Web Archiv des IDGS zu Version 3 Screenshots von Angaben aus dem Web Archiv des IDGS zu Version 4 Thomas Hanke HamNoSys 4 Handshapes Chart Hrsg University of Hamburg Hamburg 10 Juni 2010 PDF Englisch HamNoSys Hamburg Notation System for Sign Languages von Thomas Hanke 2018 Writing the Same Signs in Different Transkription Systems Nr 15 Abgerufen am 23 Juni 2021 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hamburger Notations System amp oldid 238499727