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Die falsche Munze unserer Traume englischer Originaltitel Toward an anthropological theory of value ist ein 2001 in englischer Sprache erschienenes 1 Buch des Ethnologen David Graeber das 2012 in einer deutschsprachigen Ubersetzung veroffentlicht wurde Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Rezeption 3 Ausgaben 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDas Werk mit dem Untertitel Wert Tausch und menschliches Handeln ist eine Auseinandersetzung mit dem Wertbegriff in Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften sowie mit der Handlungstheorie Graeber unterscheidet in seinem Werk drei Dimensionen des Wertbegriffes Wert im Sinn des als gut oder richtig Erwunschten Wert als okonomisches Mass dessen was man fur ein erwunschtes Gut herzugeben bereit ist Wert im linguistischen Verstandnis eines bedeutungsvollen Unterschieds zwischen zwei ElementenNach Graeber hatten die Sozial und Wirtschaftswissenschaften diese drei Aspekte des Wertbegriffes nicht uberzeugend analysiert 2 Die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive fuhre dazu dass soziale Werte als objektivierbarer Gegenstand betrachtet wurden und das soziale Gefuge theoretisch nicht genugend berucksichtigt und in der Praxis moglicherweise zerstort werde Graeber betont dass die Ethnologie umgekehrt Belege dafur gesammelt habe dass der Wert von Dingen nach den sozialen Beziehungen bemessen werde die in der Herstellung oder durch Tausch entstehen 2 Graeber selbst bestimmt Wert als eine Art und Weise wie Menschen die Bedeutsamkeit ihrer eigenen Handlungen fur die anderen darstellen 2 Aktuelle Stromungen in der Tauschtheorie 2 Kapitel S 49 83 Bis weit ins 20 Jahrhundert hinein gab es keine eigenstandige marxistische Ethnologie Der Marxismus orientierte sich am Evolutionismus Morgans und an Engels Abfolge von Entwicklungsstufen Zudem ging der Marxismus von den kulturellen Massstaben des Westens aus Das war auf Dauer unhaltbar In den 1960er Jahren entwickelte Louis Althusser eine flexiblere Begrifflichkeit um den Begriff Produktionsweise Ethnologen wie Meillassoux und Godelier schufen Grundlagen Das Problem der marxistischen Sicht ist dass sie fur Staaten Gesellschaften entwickelt wurde Unklar bleibt wie zentrale Begriffe wie u a Ausbeutung Fetischismus Aneignung und Reproduktion zu ubertragen sind In den einzelnen Jahrzehnten stehen unterschiedliche Themen im Vordergrund In den 1960er Jahren ist es der Tausch in den 1970ern die Produktion in den 1980ern der Konsum Reaktionen auf den Marxismus sind der okonomische Formalismus und der Neo Maussianismus Mit dem Poststrukturalismus kehrt der homo oeconomicus zuruck Der Poststrukturalismus will im Gegensatz zum Strukturalismus alle Totalitaten aufzulosen Er kennt keine koharente Struktur oder Hierarchie Er prasentiert ein Mosaik disparater Oberflachen Gesellschaft und Individuum sind beide fragmentiert Fur Graeber ist Pierre Bourdieu durch und durch formalistisch Fur Bourdieu liege der Unterschied zwischen Gabentausch und Warentausch ausschliesslich in der Verzogerung Auch der Gabentausch sei am Eigennutz orientiertes Kalkul Die Leute seien sich des okonomischen Kalkuls bewusst und lehnten es grundsatzlich ab Dennoch richte sich ihr Handeln danach Graeber meint dass die Poststrukturalisten besonders Foucault und Baudrillard Macht und Herrschaft so sehr ins Zentrum rucken dass die Vorstellung einer Welt ohne Macht und Herrschaft fur sie unmoglich wurde siehe Gegenuberstellung S 10 und 11 Arjun Appadurai bezieht sich auf Simmel und geht noch weiter als Bourdieu Der Wert entstehe im Tausch Fur Appadurai gelte in allen Gesellschaften Tausch im kapitalistischen Sinne Demnach konne man nicht zwischen Gaben und anderen Warenformen unterscheiden Die traditionelle Unterscheidung gelte nicht Gabe Verhaltnisse zwischen Menschen stehen im Vordergrund Warentausch Gleichwertigkeit zwischen ObjektenDarauf gibt es Gegenbewegungen Annette Weiner folgt in ihrem Ansatz Mauss Ihre Kernthese lautet es gibt unverausserliche Besitztumer Selbst nach ihrer Uberreichung wurden Gaben noch als zum Schenkenden gehorig empfunden immeuble Gaben akkumulieren Geschichte Die Erbstucke haben eigene Namen und Biographien Der Wert werde nach der Furcht vor dem Verlust dieses Abbilds der Ewigkeit bemessen Alle bemuhen sich die wertvollsten Erbstucke nicht zirkulieren zu lassen Wert ist bei Weiner ein Mass wie wenig man hergeben will Simmels Ansicht die Grundlage Appadurais dass Wert durch Tausch entsteht steht dem diametral entgegen Weiner folgt in ihrem Ansatz Marcel Mauss Marilyn Strathern geht Mauss zentraler Frage nach Was an einer Gabe lasst ihren Empfanger sich verpflichtet fuhlen sie mit einer Gegengabe von etwa gleichem Wert zu erwidern Bei der Gabe nehmen Objekte menschliche Eigenschaften an Die Warentausch Okonomie behandelt den Menschen als Objekt offensichtlichstes Beispiel ist menschliche Arbeit Gegenuberstellung von Christopher Gregory Geschenke Warentausch qualitative Beziehungen zwischen Personen quantitative Aquivalenz von Objekten Netz personlicher Beziehungen unpersonlicher Tausch Objekte haben menschliche Eigenschaften Menschen werden wie Objekte behandelt Beschenkter steht in der Schuld des Schenkers die Dinge selbst sind wichtig viel Reichtum hergeben moglichst viel Reichtum akkumulierenEs gibt aber weder reine Schenkokonomie noch reinen Warentausch Die westliche Gesellschaft geht vom gesunden Menschenverstand aus der allen gemeinsam sei und von der Annahme alle seien einzigartige Individuen Den Papua in Mount Hagen ist das vollig fremd Legt man das Hauptaugenmerk auf die Gabe so sehe man nur das was die Gesellschaft selbst ins Zentrum ruckt zwei grosse Manner Was ist das verborgene Andere Wer hat die Gaben hergestellt Auf verschwenderischen Feiern schenken sich grosse Manner wichtige Gaben vor allem Schweine Die Feldarbeit und Versorgung der Schweine leisten die Frauen Aber nur Manner konnen Schweine in Ruhm und Ansehen umwandeln Aus marxistischer Sicht ist das eine Fetischisierung weil der Anschein erweckt wird dass die Schweine durch Tauschhandlungen produziert werden statt durch menschliche Arbeit Dem widerspricht Strathern weil darin impliziert sei dass eine Person irgendein Recht auf das hat was sie produziert Wir glauben das aber es ist nicht universell gultig Man kann nicht schliessen dass der Tausch der Verschleierung der Realitat dient solange es keinen Anhaltspunkt dafur gibt dass die einheimische Bevolkerung das genauso sehen kann Westliches Denken schreibt jedem Individuum einen Wesenskern zu Die Melanesier kennen diesen einzigartigen Wesenskern nicht Melanesiern wurde nie einfallen zu behaupten jemand habe das Recht sich selbst uber das Produkt seiner Arbeit zu definieren Der Wert liegt vielmehr in der Wahrnehmung der anderen und Personen konnen nur durch soziale Beziehungen entstehen Der Wert einer Sache oder Person liegt in der Bedeutung die durch Einordnung in ein grosseres Kategoriensystem entsteht Bei den Mae Enga gibt es sechs Spharen In der hochsten sind lebende Schweine und Kasuare Die Objekte in den Spharen werden in Hinblick auf ihre Fahigkeit Geschichte zu bewahren eingestuft Nur je in den Spharen wird getauscht Jede ubermittelte Geschichte ist immer einzigartig und kann daher nicht Grundlage eines Wertsystems sein Eigentlich ist der Tausch von etwas gegen dasselbe unmoglich denn ein spezifisches Schwein sei am nachsten Tag alter und daher ein anderes Schwein Demnach so resumiert Graeber ist Wert1 ein zahlenmassiger Vergleich gleicher Geldwert 2 eine Position in der Rangordnung der Objekte 3 der Bezug eines Objekts zu seinem Ursprung Zumindest in Melanesien ist der Vergleich zwischen einem Ding und seinem Ursprung entscheidend Fur Strathern ist Wert ein bedeutsamer Unterschied Saussure und es geht darum den Gegenstand innerhalb eines Kategorienrahmens zu platzieren Damit verliert Wert aber viel von der Erklarungsmacht die ihn erst attraktiv gemacht hat Dieser Prozess des Vergleichens einzigartiger Geschichten ist theoretisch ausserst schwer zu erfassen Auf mediterrane Tauschtraditionen antikes Griechenland Algerien ist das nicht ubertragbar Dort geht es beim Schenken oft um die Vernichtung des politischen Gegners Nancy Munn hat den Kula in Melanesien untersucht Die klare Rangordnung der Halsketten und Armreife spiegelt deren Fahigkeit wider Geschichte zu bewahren Munn bezeichnet das was andere als Spharen benennen als Wertebenen Wer sich dort befindet erhalt mehr Kontrolle uber und grosseren Einfluss auf Zeit und Raum bzw die intersubjektive Raumzeit Munn Wahrend Strathern von einem Geflecht sozialer Beziehungen ausgeht stellt Munn das menschliche Handeln ins Zentrum Wert trete in Handlungen zutage und sei eine Weise wie Menschen sich die Bedeutsamkeit ihrer Handlungen hochste Form ist Ruhm vergegenwartigen Diese Bedeutsamkeit muss von jemand anderem erkannt wird Fur Nancy Munn ist Wert die Macht soziale Beziehungen zu schaffen Dieser Ansatz zeige in eine vollig andere Richtung als die bisher vorgestellten Werttheorien Graeber sieht dies als produktives Fazit seiner Untersuchung Demnach brechen Munns Vorstellungen die Dichotomie von Gabe und Ware auf Waren mussen produziert werden und soziale Beziehungen mussen geschaffen und unterhalten werden Beides gehe nur mit Zeit Energie Intelligenz und Sorge Damit kame man Annette Weiners Argument nahe der Wert von Dingen transzendenter Wert ware einfach eine Wirkung der Bemuhungen von Menschen diese Dinge zu bewahren zu schutzen und zu erhalten Rezeption BearbeitenMichael Adrian resumiert in der FAZ dass das Werk Graeber als linken Intellektuellen zeige der den Ruckzug progressiven Denkens in das Schneckenhaus desillusionierter Theoriebildung im Sturmschritt ruckgangig machen mochte 2 Ausgaben BearbeitenDavid Graeber Die falsche Munze unserer Traume Wert Tausch und menschliches Handeln Diaphanes Zurich 2012 ISBN 978 3 03734 242 8 englisch Toward an anthropological theory of value the false coin of our own dreams Ubersetzt von Michaela Grabinger Sven Koch Andrea Stumpf Gabriele Werbeck Literatur BearbeitenMelissa Demian Toward an Anthropological Theory of Value The False Coin of Our Own Dreams In American Ethnologist Volume 30 Issue 2 S 316 317 Mai 2003 doi 10 1525 ae 2003 30 2 316 A Review of David Graeber 2002 Toward An Anthropological Theory of Value The False Coin of Our Own Dreams New York Palgrave pp xiii 337 In Anthropological Theory September 2004 4 373 379 doi 10 1177 1463499604042818Weblinks BearbeitenLasst die Betelnusse kreisen Rezension von Michael Adrian in der FAZ 3 Oktober 2012 Appell an die Menschlichkeit Rezension von Rudolf Walther in der taz 20 Oktober 2012 Revolution noch ohne Megaphon Rezension von Felix Stephan in Zeit Online 1 November 2012 Mit Marx Mauss und den Maori Rezension von Sebastian Triesch in Der Freitag 17 November 2012Einzelnachweise Bearbeiten Eintrag bei der Library of Congress Abgerufen am 17 November 2012 a b c d Michael Adrian Lasst die Betelnusse kreisen In FAZ 3 Oktober 2012 abgerufen am 17 November 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die falsche Munze unserer Traume amp oldid 221282810