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Dieser Artikel behandelt die Verserzahlung von Jean de La Fontaine Zu weiteren Bedeutungen siehe Matrone von Ephesus Die Matrone von Ephesus franzosisch La Matrone d Ephese ist eine Verserzahlung des franzosischen Dichters Jean de La Fontaine Ursprunglich 1682 veroffentlicht entstand sie jedoch mindestens ein Jahr zuvor 1 Contes et nouvelles en vers La Matrone d EpheseAls Vorlage fur sein conte en vers verwendete er Petronius Die Witwe von Ephesus deren Motiv von der weiblichen Treulosigkeit bereits viele andere Autoren der Weltliteratur verwendet hatten Daher beginnt La Fontaine seine Version gleich mit der Frage ob es ihm wohl gelingen wurde diese breitgetretene Erzahlung noch einmal zu verjungen 2 Wie auch in seinen Verserzahlungen Belphegor und Die junge Witwe wird die Keuschheit der Protagonistinnen thematisiert die sie wirkungsvoll durch Lamentieren einzusetzen versuchen hier mit dem Vers Prudes vous vous devez defier de vos forces Ne vous vantez de rien was soviel bedeutet wie etwa Prude Ihr solltet euren Kraften nicht vertrauen widerstehen zu konnen 3 La Fontaine der haufig eindeutig didaktische Ziele vernachlassigte veroffentlichte 1693 seine Erzahlungen La Matrone d Ephese und Belphegor sowohl in seinen Contes et Nouvelles als auch in seinen Fables Damit hatte er ein Zeichen fur die literarische Praxis gesetzt die einen Uberschneidungsbereich von conte und fable ausdrucklich kennt Diese Annaherung von conte und fable setzt sich im 18 Jahrhundert fort 4 Inhalt BearbeitenEine besonders tugendhafte keusche Matrone aus Ephesus beweinte in der Gruft ihren gerade erst verstorbenen Ehemann und wollte ebenfalls sterben Bei ihr war ihre treuergebene Sklavin Diese versuchte nach einer Weile ihre Herrin von dem Gedanken des Todes abzubringen was ihr nicht gelang Ein Soldat der nachts in der Nahe Wache bei einigen gekreuzigten Dieben hielt horte das Wehklagen und kam in das hell erleuchtete Grabhaus Als er den Grund der Trauer erfuhr hielt er der Dame die Schonheit des Lebens im Diesseits vor Augen und sie horte ihm zu So kam er mehrere Tage des Nachts in die Gruft wahrend er tagsuber die Gekreuzigten bewachte Die trauernde Witwe fand Trost in seinen Armen und machte ihn zu ihrem Ehemann Elle ecoute un Amant elle en fait un Mari Dann stellte der Soldat eines Morgens fest dass einer der Gefangenen vom Kreuz befreit worden war was fur ihn als Wachter die Todesstrafe zur Folge haben sollte Er wollte sich daher lieber gleich selbst toten doch die Dienerin schlug vor ihren Leichnam auf das leere Kreuz zu nageln der Unterschied wurde den Passanten sicher nicht auffallen Die Matrone willigte ein Der Fabulist entrustete sich nur uber das falsche Klagen der Frauen nicht jedoch daruber dass sie den Toten schandeten da sie somit ein Menschenleben retteten O volages femelles La femme est toujours femme il en est qui sont belles Il en est qui ne le sont pas S il en etait d assez fideles elles auraient assez d appas 5 Analyse und Moral BearbeitenSeine Nacherzahlung schliesst La Fontaine zwar im Sinne Petronius mit der Lehre Ein lebendiger Trossknecht ist mehr wert als ein begrabener Kaiser 6 Doch er formt die alte Geschichte zu einer neuen Parabel mit der Mannermoral la femme est toujours femme also Frau bleibt Frau um 2 und biegt augenzwinkernd die misogyne Tendenz um Dass die Witwe ihren Entschluss andert stellt er als naturliche Reaktion und vernunftige Losung dar 7 ein Triumph des Lebens uber den Tod 8 Der Sieg kann als ein mehrfacher betrachtet werden durch Essen und Trinken besiegt die Matrone ihre dustere Verzweiflung die Liebe erzeugt neues Leben die Vereinigung der Witwe mit der Wache dann rettet sie dem Soldaten das Leben und verlasst mit ihm das Grab Seit La Fontaines Bearbeitung wird diese Interpretation als Enthullung veralteter Konventionen und als Zeugnis volkstumlicher Realistik genutzt Die Witwe und der Soldat kehren bei La Fontaine in das Leben zuruck wahrend sie bei Petron beide im Grab eingesperrt bleiben 8 Einzelnachweise Bearbeiten Norman R Shapiro The Complete Fables of Jean de La Fontaine University of Illinois Press 2010 ISBN 978 0 252 09167 4 S 437 a b Harald Weinrich Lethe Kunst und Kritik des Vergessens 1 Auflage C H Beck 2005 ISBN 978 3 406 44818 8 S 125 f Randolph Paul Ryon La Fontaine s Complete Tales in Verse An Illustrated and Annotated Translation McFarland 2009 ISBN 978 0 7864 5278 1 S 256 Reinhard Joachim Luthje Die franzosische Fabel im gesellschaftlichen Wandel Schauble Rheinfelden 1985 ISBN 978 3 87718 751 7 S 19 Fable Jean de La Fontaine La Matrone d Ephese Livre XII fable 26 Abgerufen am 10 April 2021 Carl Werner Muller Legende Novelle Roman dreizehn Kapitel zur erzahlenden Prosaliteratur der Antike Vandenhoeck amp Ruprecht 2006 ISBN 978 3 525 25756 2 S 350 Monika Fick Lessing Handbuch Leben Werk Wirkung Springer Verlag 2016 ISBN 978 3 476 03785 5 S 312 a b Reinhart Herzog Peter Habermehl Manfred Fuhrmann Spatantike Studien zur romischen und lateinisch christlichen Literatur Vandenhoeck amp Ruprecht 2002 ISBN 978 3 525 25270 3 S 93 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Matrone von Ephesus amp oldid 211046901