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Der grosse Andere ist ein Begriff der Lacan schen Psychoanalyse Der grosse Andere A ist im Unterschied zum kleinen anderen Objekt klein a ein Konzept der Alteritat und Andersheit Der grosse Andere ist das Andere des Subjekts das Nicht Ich das dieses Subjekt jedoch immer schon strukturiert und ausrichtet So muss der Andere als der Ort verstanden werden an dem das Ich das spricht sich konstituiert Lacan Seminar III S 322 Inhaltsverzeichnis 1 Sprache 2 Familie und Gesellschaft 3 Religion 4 Der Mangel im grossen Anderen 5 Der grosse Andere in der Postmoderne 6 Siehe auch 7 LiteraturSprache BearbeitenDer grosse Andere ist die symbolische Ordnung der Sprache die das Subjekt benutzt um selbst sprechen zu konnen und von der es sich seine Stimme leiht Was jedes Subjekt zuerst in seinem Leben antrifft sind Signifikanten Peter Widmer Subversion des Begehrens S 43 Das Modell das hinter dieser Konzeption von Sprache steht ist die strukturalistische Zeichentheorie Ferdinand de Saussures mit ihren Begriffen Signifikant und Signifikat Familie und Gesellschaft BearbeitenDie erste Verkorperung des grossen Anderen ist die Hauptbezugsperson des Kindes oft als Mutter renaturalisiert sie ist ein grosser anderer Wille der spricht und der das Kind in die Ordnung der Sprache und des Sozialen einfuhrt Noch mehr gilt dies fur den Vater der im Odipuskomplex die verbietende Rolle des Gesetzes einnimmt Inzesttabu Kastrationsdrohung das Kind aus dem odipalen Begehren herausdrangt und zur ausserfamiliaren sozialen Welt hin orientiert In der Gesellschaft gilt das Gesetz des Symbolischen d h das Gesetz der Sprache der sozialen Normen und des okonomischen Tauschs vgl auch Reziprozitat Gabentausch Der grosse Andere ist in diesem Sinne gleichzusetzen mit der Ordnung der Sprache des Diskurses der staatlichen Herrschaft und der Okonomie sowie dem Gesetz des Vaters Name des Vaters Sie bilden gleichermassen eine symbolische Herrschaftsordnung die das Subjekt unterwirft sub jectum Unterworfenes und strukturiert Religion BearbeitenEine weitere Bedeutung des Begriffs des grossen Anderen bei Lacan ist dass dieser Andere nicht nur das Symbolische selbst ist sondern zugleich ein Ort der dieses Symbolische erst legitimiert Er ist in diesem Sinne ein Herrensignifikant d h ein ubergeordneter Signifikant der am Ende jeder Signifikantenkette steht und der diese erst organisiert und strukturiert Als Herrensignifikant existiert der grosse Andere nur als sein eigener Effekt indem er das Symbolische strukturiert innerhalb eines Feldes in dem er selbst nicht beinhaltet ist als dessen Garant und Sinnstiftung er jedoch funktioniert die klassische Form eines grossen Anderen ist Gott Der Mangel im grossen Anderen BearbeitenWie jedes Subjekt hat auch der grosse Andere einen Mangel ist unvollstandig Der Sinn erweckt den Anschein als gehorten Signifikanten und Signifikat zusammen Es bleibt aber ein Rest der sich dem Sinn entzieht Diese fehlende vollstandige Zuordnung ermoglicht das Gleiten der Signifikate unter den Signifikanten was zu der Feststellung fuhrt dass der Sinn nie erschopft nie vollkommen ist Darum ist eine Rede eine Schrift nie fur immer abgeschlossen Darin zeigt sich ein grundsatzlicher Mangel Widmer Subversion des Begehrens S 47 Die symbolische Ordnung kann nicht das Reale als solches symbolisieren obwohl gerade das Reale der Ort ist auf den die Signifikanten verweisen Die symbolische Ordnung ist deshalb immer unvollstandig lochrig mit sich selber nicht identisch und deshalb gebarrt durchgestrichen Lacans Mathem fur diese Unvollstandigkeit des grossen Anderen ist S A Der grosse Andere existiert nicht bedeutet in diesem Sinne dass der grosse Andere nicht im Realen existiert sondern nur in unserer phantasmatischen Vorstellung Das Phantasma stellt einen Versuch dar den Mangel des grossen Anderen aufzufullen Der grosse Andere ist insofern wesentlich ideologisch Lacan sieht auch das religiose Opfer als Garant dafur dass es uberhaupt einen Anderen gibt der das Opfergeschenk annimmt das Opfer erfullt also nicht den Zweck etwas im Tausch zu bekommen sondern dient vielmehr dazu den Schein der Omnipotenz des grossen Anderen aufrechtzuerhalten Der grosse Andere in der Postmoderne BearbeitenSlavoj Zizek beschreibt den grossen Anderen als symbolische Substanz unseres Lebens das etwa durch soziale Normen und Klischees die ungeschriebenen Regeln konstituiert die effektiv unser Leben und Sprechen regulieren In Zeiten der Postmoderne und Post Politik sei jedoch das allgemeine Vertrauen in die Legitimitat des grossen Anderen unterminiert Die traditionellen Sicherheiten und Regeln die die Gemeinschaft und das Individuum strukturierten werden nicht mehr als allgemein gultig angesehen sondern werden zum Gegenstand von Reflexion und freier Entscheidung und Wahl vgl Individualisierung Doch woher weiss man was man wirklich will Das Begehren ist so Lacan immer das Begehren des grossen Anderen d h es gehort nicht mir selbst Vielmehr ist es sowohl das Begehren des Anderen im Sinne von ich begehre jemand Anderen als auch das Begehren des Anderen Ich will wissen was der Andere an mir begehrt Eine so Zizek paradoxe Situation Siehe auch BearbeitenPhallusLiteratur BearbeitenJacques Lacan Ecrits Paris 1966 dt Schriften I III Berlin Weinheim Quadriga 1986 1991 Jacques Lacan Seminar II Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse 1954 1955 Berlin Weinheim Quadriga 1978 Jacques Lacan Seminar III Die Psychosen 1955 1956 Berlin Weinheim Quadriga 1997 Jacques Lacan Seminar XI Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse 1964 Berlin Weinheim Quadriga 1996 Dylan Evans Worterbuch der Lacanschen Psychoanalyse Wien Turia Kant 2002 Peter Widmer Subversion des Begehrens Jacques Lacan oder Die zweite Revolution der Psychoanalyse Frankfurt a M Fischer 1990 Neuauflage Subversion des Begehrens Eine Einfuhrung in Jacques Lacans Werk Wien Turia Kant 1997 ISBN 3 85132 150 2 Slavoj Zizek Liebe Dein Symptom wie Dich selbst Berlin Merve 1991 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der grosse Andere amp oldid 212224709